Rückkehr nach Kenlyn
begegnet waren, und dieser Kai auf seine Mission geschickt hatte – zusammen mit dem einzigen Schlüssel, der ein Tor zwischen den Welten öffnen konnte.
Dann war Yelos von ihr gegangen, nur ein halbes Jahr, nachdem sie sich begegnet waren, und hatte ihr sein Amt vererbt. Liyen hatte sich – und ihm – geschworen, ihren Traum wahr zu machen. Aber erst, als sie selbst die schwarze Maske trug, hatte sie nach Kai Novus suchen lassen.
»Ich habe schreckliche Dinge getan«, hatte Yelos gesagt, zwei Tage vor seinem Tod. »Doch sie müssen getan werden. In einer perfekten Welt wäre nichts von alledem nötig. Wir könnten Widerstand leisten, ohne zu den Waffen zu greifen, ohne Leben zu nehmen. Aber die Welt ist nicht perfekt, Liyen. Wir können nicht einfach darauf warten, dass die Dinge sich ändern. Alles im Universum hat seinen Preis. Und der Preis, den der Kaiser zahlt, ist das Blut, das an seinen Händen klebt, damit unsere Kinder in einer besseren Welt leben können.«
Nun, zum ersten Mal, verstand sie, was er gemeint hatte.
» Bürger von Kenlyn «, ließ die Projektion Syl Ra Vans verlauten.
» Vor zwei Tagen hat der tragische Unfall in Xanata den gesamten Planeten erschüttert; viele von euch sind verwirrt und verängstigt. Doch obwohl die Lage bereits wenige Stunden später unter Kontrolle gebracht wurde, haben gewisse zersetzende Elemente in unserer Gesellschaft diese Unruhe ausgenutzt, um Zwietracht und Unfrieden zu säen.
Ihre Aggressionen richten sich dabei nicht nur gegen die Angehörigen des ehrenwerten Ordens der Friedenswächter, sondern vor allem gegen ihre eigenen Mitbürger. Chaos und Hass sind ihr einziges Ziel. Hunderte von Bürgern sind ihnen bereits zum Opfer gefallen.
Um dieser Gefahr Herr zu werden und den Frieden wieder herzustellen, verhängen Wir mit sofortiger Wirkung den planetaren Ausnahmezustand. Alle Nexus-Portale sind für Zivilisten gesperrt. Der zivile Drachenschiffverkehr ist eingestellt. Versammlungen von mehr als drei Personen sind verboten.
Wir betonen, dass diese Maßnahmen vorübergehend sind und allein dem Schutz der Bevölkerung dienen. Der Orden der Friedenswächter wird die Volksverhetzer in Kürze identifizieren und dingfest machen. Wir werden nicht eher ruhen, als bis der letzte von ihnen zur Strecke gebracht wurde und die Sicherheit Unserer Bürger wieder hergestellt ist. Friede sei mit euch. «
Der große Geisterkubus wurde wieder transparent; die Maske des Gouverneurs verblasste wie ein Gespenst in den ersten Sonnenstrahlen, und Liyen sah ihre eigene Reflektion in dem Kristall. Sie faltete die Hände und stützte die Ellenbogen auf die polierte Oberfläche des gewaltigen Tisches aus schwarzem Marmor, der in der Mitte dieses großen Raums aus schwarzem Marmor stand. Das »Kriegszimmer« wurde er genannt, obwohl ihr die Bezeichnung, die Yelos immer gebraucht hatte, besser gefiel: »Krisenkammer.« Ihre Leibwächter hatten sich ringsum verteilt; das Licht der umgebenden Geisterkuben und Planetenkarten schimmerte auf ihren Rüstungen. Stühle und Sitzkissen, mit weißem Leder bezogen, standen bereit, doch abgesehen von ihrer eigenen Sitzgelegenheit am Kopf der Tafel, gegenüber dem Eingang, waren nur zwei andere belegt.
»Die Aufzeichnung wurde per Nexus in sämtlichen Städten verteilt und um Mitternacht Teriam-Zeit abgespielt«, erklärte Minister Orda Ta-Gad, von seinem Platz auf der anderen Seite des Tisches. Der Leiter ihres Geheimdienstes war fast so massig wie die Darstellungen der Heiligen Prophetin, doch ihm fehlte die heitere Gelassenheit seiner weithin verehrten Artgenossin. Stattdessen klang jedes seiner Worte mürrisch, was zu seiner karmesinroten Haut passte, und auch wenn er schwieg, schien sein Schnabel zu einem ewigen Zähneknirschen zusammengepresst.
»Wie hat das Volk es aufgefasst?«, fragte Liyen. Sie fürchtete die Antwort.
Ta-Gads Augen waren zu schwarzen Strichen verzogen. »Die Verlautbarung hat neues Öl ins Feuer geschüttet. Es gab Straßenkämpfe und gewalttätige Auseinandersetzungen, schlimmer als je zuvor.«
»Syl Ra Vans Reaktion?«
»Die Übliche«, sagte Weron, der über seinem Sitzkissen flog. »Gewalt.« Der Kriegsminister flatterte neben seiner Gebieterin; seine tätowierten Flügel fächerten ihr kühlen Wind ins Gesicht. »Es gab Hunderte von Toten allein in Teriam. Häuser brannten, das Hauptquartier der Weißmäntel und die Akademie wurden vom Mob belagert. Er konnte allein durch Kraftfelder zurückgehalten
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