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Rückkehr nach Kenlyn

Rückkehr nach Kenlyn

Titel: Rückkehr nach Kenlyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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Sherlis Stimme kaum über das Lachen der Menge. »Entschuldige, Ähmiko«, sagte sie, peinlich berührt. »Aber ich muss dann mal weiter ...«
    »Kein Problem«, antwortete Miko – oder hätte es geantwortet, wenn er nur ein Wort herausbekommen hätte. Kann ich jetzt sterben, bitte?
    Der Obsthändler, ein Mensch, so breit wie ein Fass, stand über ihm, die tätowierten Arme vor dem Brustkorb verschränkt. Sein Schuh stieß eine Kiwi an. »Dir ist hoffentlich klar, dass du jede einzelne davon bezahlen wirst?«
    »Ich bezahle sie«, hörten sie beide Xeahs Stimme sagen. Die Draxyll stand neben dem Händler, nur halb so groß wie er. Sie warf Miko einen mitfühlenden Blick aus schwarz glänzenden Augen zu. Ach Miko , sagte ihre Miene. Miko, Miko, Miko ...
    Sie gab dem Händler sein Geld und reichte dem Jungen eine graue, stummelige Hand.
    Sie fuhren mit einer Landbarke zurück. Abgeerntete Felder flogen zu beiden Seiten an ihnen vorbei, während die Maschine über die lehmige Straße sauste. Miko schwieg. Das letzte, was er herausgebracht hatte, war ein »Danke« für Xeahs Hilfe. Jetzt saß er im hinteren Teil der Barke, in seiner dicken Herbstjacke versunken. Es dauerte eine ganze Weile, bis er mit leiser Stimme fragte: »Xeah – schämst du dich für mich?«
    Sie saß ihm gegenüber, mit dem Rücken zum Piloten und hielt die Einkäufe fest. Sie zeigte ein Lächeln. »Ich wüsste nicht, was du tun könntest, dass ich mich jemals für dich schämen würde, Miko. Dafür schätze ich dich zu sehr.«
    Er zog den Kopf ein, sodass sein Kinn hinter dem Kragen der Jacke verschwand. »Ich wünschte, ich könnte das Gleiche von mir selbst behaupten.«
    »Ich weiß nicht, warum du es nicht tust.«
    »Sieh mich doch an!«
    Sie musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Das tue ich. Und?«
    »Ich bin so überflüssig wie ... wie ... irgendwas sehr Überflüssiges!« Er sprach leiser, als der Pilot sich über die Schulter zu ihm umsah. »Ich kann gar nichts! Was ich auch anfasse, es bricht zusammen!«
    Xeah blinzelte in gespieltem Erstaunen. »Ich nehme an, ich spreche gerade mit einem Miko aus einem alternativen Universum, und nicht mit unserem Miko, der Endriel vor ...« – sie warf einen Seitenblick zum Piloten – »... gewissen Leuten bewahrt hat.«
    »Das war doch nur ein einziges Mal!«
    »Ich weiß, du wirst es wieder tun, wenn es nötig ist.«
    Er sah weg. »Bist du dir da sicher?«
    »Sonst hätte ich es nicht gesagt, Miko.«
    Wieder Schweigen. Etwas brannte in seinen Augen.
    »Miko«, sagte Xeah. »Sieh mich an.«
    Er blickte auf.
    »Wichtig ist, dass du eines niemals vergisst«, sagte sie. »Leben heißt Veränderung. Alles ändert sich; aber nur du entscheidest, wer du sein willst. Das ist etwas, dass dir leider niemand abnehmen kann. Verstehst du?«
    »Nein«, gab er kleinlaut zu. »Aber ... ich denk drüber nach, versprochen.«
    Xeah lächelte.
    Er hörte Keramik zerspringen; Miko schrak aus seinen Erinnerungen und sah den heilen Teller in seinen Händen.
    Das Geräusch war aus einem anderen Zimmer gekommen.
    Miko legte den Teller auf den niedrigen, schon fast vollständig gedeckten Tisch, dann lief er los, über den mit Eschenholz verkleideten Flur, bis in die Küche.
    Das Essen brutzelte in dicken Töpfen auf dem Herd. Es roch nach kochendem Reis, geschmorten Zwiebeln und tausend Gewürzen.
    »Xeah!«
    Die alte Draxyll lag auf den Kacheln, mit dem Bauch nach unten. Ihr Schwanz, der hinten aus der Robe hervorsah, hing schlaff und leblos auf dem Boden. Die Splitter eines Tellers lagen vor ihrem Schnabel.
    Miko wurde kreidebleich – dann hörte er ein seufzendes Geräusch aus Xeahs Horn. Er hockte sich zu ihr und schüttelte ihren Arm. »Xeah! Hörst du mich?« Seine Stimme überschlug sich. Er wollte gerade nach Hilfe rufen, da öffneten sich ihre uralten Augen. Sie blinzelten unentwegt, als Xeah den langen Hals reckte. »Miko«, erkannte sie müde.
    »Warte, ich helfe dir!« Er biss die Zähne zusammen, strengte sich an, die gar nicht so leichte Draxyll wieder auf die Beine zu hieven, und hielt sie fest, als er merkte, dass sie noch nicht allein stehen konnte. Xeahs Hand legte sich auf ihren Brustkorb. Ihr Atem ging ganz langsam.
    »Xeah, was ist passiert?«
    »Ich ... ich bin hingefallen«, brachte sie hervor. »Es ist schon gut ... Ich habe nur kurz das Gleichgewicht verloren. Aber Miko ...« Xeah sah ihn ernst an, ihre Mundwinkel zeigten nach unten. Sie umklammerte fest den silbernen Anhänger um ihren Hals.

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