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Rückkehr nach Killybegs

Rückkehr nach Killybegs

Titel: Rückkehr nach Killybegs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sorj Chalandon
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dass ich sie lachen gesehen hatte.
    »Sagen Sie ihr ruhig, wenn sie Ihnen auf die Nerven geht«, warf ihr rothaariger Mann ein, »ich mache das seit zwanzig Jahren so.«
    »Keineswegs, Ihre Frau ist hinreißend«, antwortete Sheila.
    Außerhalb unserer Straße fand sie alles wunderbar. Das Sandwich an Bord gehörte zu den besten ihres Lebens. Dabei war es ganz banal, Thunfisch mit Mayonnaise. Da die Reise nach Frankreich ging, trank sie Weißwein aus einer kleinen Plastikflasche. Und fand ihn so köstlich, dass sie die leere Flasche zur Erinnerung behalten wollte.
    »Nennen Sie mich Maggie«, bot unsere Reisegefährtin an.
    Es war Donnerstag, der 2. April 1981. Seit dreiunddreißig Tagen ließ Margaret Thatcher Bobby Sands krepieren.
    »Das wird mir etwas schwerfallen«, lächelte Sheila.
    Die andere nahm die Hände meiner Frau in ihre Hände.
    »Mein Gott, wo hatte ich meinen Kopf ? Bitte verzeihen Sie mir!«
    Ganz reizend. Wir hatten vereinbart, während der gesamten Reise nicht über Politik zu sprechen und auch nicht über Religion. Sie wollten sogar Notre-Dame mit uns besuchen. Margaret redete laut. Sie sollten sich einen Frauenabend gönnen, fand sie. Nur sie beide. Ob Sheila Opern möge? Sheila lächelte. Ja, vielleicht, sie wisse es nicht.
    Als sie vom Gewinn des Preisausschreibens erfahren habe, habe Margaret gleich ihre Tante angerufen, die in einem Vorort von Paris wohne. Was denn am 4. April in der Opéra Garnier gespielt würde? Arabella von Richard Strauss. Eine komische Oper, die sie auf ihrer Hochzeitsreise in Deutschland gesehen habe. Im letzten Akt bringe Arabella dem Mann, den sie liebe, ein Glas Wasser. So halte man in Kroatien um jemandes Hand an. Also habe Margaret Franckie, ihrem späteren Mann, wochenlang ein Glas Wasser gebracht, morgens, abends, das sei so ein Spiel zwischen ihnen gewesen.Und da nun ausgerechnet diese Oper in Paris laufe, habe sie ihre Tante gebeten, zwei Eintrittskarten zu kaufen, aber Franckie habe gemeint, er fliege doch nicht nach Paris, um sich irgendwas Komisches reinzuziehen. »Eine komische Oper«, habe sie berichtigt. Er habe nur etwas geknurrt. Das habe Nein geheißen. Wenn Tyrone es also erlaube und Sheila Lust habe, dann vielleicht sie beide zusammen? Die Herren könnten sich ja derweil am Pigalle verlustieren oder in einer Nachtbar. Sheila hob den Daumen. Klar! Musik hören, schöne Kostüme sehen, Bühnenbilder, Lichter, zwei Stunden lang die Backsteine und die Angst vergessen.
    Für Franckie ein Anlass zum Feiern. Er komme um die Oper herum, und wir hätten ein paar Stunden unter Männern. Er bestellte Bier für alle. Die Stewardess gab ihm das Wechselgeld in Francs zurück. Er betrachtete eine weiß glänzende Münze und reichte sie lächelnd Sheila.
    »Sie werden sich in Paris sicher heimisch fühlen.«
    Sheila begriff nicht gleich. Sie nahm die Münze.
    »République française« stand darauf.
    »Behalten Sie sie. Ein kleines Friedensgeschenk«, flüsterte der rothaarige Cop. Sheila löste ihren Gurt. Erhob sich und küsste ihn auf die Wange.
    »Dafür schenke ich Ihnen einen Zehn-Francs-Schein.«
    Er lachte, auch Margaret lachte und meine Frau.
    Mein Magen krampfte sich zusammen. Das große Gewinnspiel von »Sanderson« war ein einziger Schwindel, ein Kriegsplan, ein Köder. In unserem Ghetto würde nie ein großes Kaufhaus eröffnen. Hunderte falsche Coupons hatten die Briten gedruckt, aber nie ausgewertet. Nur Tyrone und Sheila Meehan sollten den ersten Preis gewinnen.
    An Bord des Flugzeugs nach Paris befanden sich ein nordirischer Polizist, eine Inspektorin der Special Branch, ein künftiger Verräter und seine tapfere Frau. Eine Idee des MI5. Und ich war damit einverstanden gewesen. Als ich nach Hause kam und den Gutschein neben das Telefon legte, habe ich Sheila zum ersten Mal verraten.
    An dem Samstag, an dem die beiden Frauen in die Oper gehen wollten, würde ich zum britischen Spion werden. Mir kam es so vor, als wäre das ganze Flugzeug vom Geheimdienst gechartert. Überall sah ich Spione, überall Soldaten und hinter jeder Zeitung einen Verräter.
    »Unser erster echter Kontakt wird in Paris stattfinden. Das ist sicherer, anonymer. Und Sie machen gleich ein bisschen Urlaub«, hatte der Agent des MI5 gesagt. Und dass ich gelegentlich wieder dorthin fliegen müsste.
    »Tyrone?«
    Meine Frau fasste mich am Arm. Sie zeigte auf die Wolkenlöcher, mit Tränen in den Augen. Das Flugzeug zog eine Schleife über Paris. Die Stadt vibrierte unter dem

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