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Rückkehr nach Killybegs

Rückkehr nach Killybegs

Titel: Rückkehr nach Killybegs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sorj Chalandon
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trugen. Die IRA, das waren hier alle. Außer denen, die die Insignien ihres Ruhmes trugen.
    Erst habe ich ihn für einen Amerikaner gehalten, einen von denen, die in all ihren irischen Wurzeln erzittern und weinen, wenn sie zum ersten Mal den Fuß auf unsere Erde setzen, und gleich losrasen, um sich einen weißen Zopfpulli und eine Tweedmütze zu kaufen. Einen von denen, die ganz Irland lieben, vom Schlamm bis zum Regen, von der Armut bis zur Traurigkeit. Einen von denen, die sich nützlich machen wollen und ein Gewehr verlangen, aber zögern, uns ihren Reisepass zu geben, bevor sie ihn im amerikanischen Konsulat als verloren melden.
    Und dann sah ich seinen Mund, der so beweglich war und in dieser typisch französischen Art die Worte ordentlichkaute. Er sprach mit offenem Mund, wie jemand, der keine Geheimnisse hat.
    Am nächsten Tag sah ich ihn auf dem Ostermarsch wieder. Ich stellte gerade die Fianna in Reih und Glied auf der Straße auf, als ich seinem Blick begegnete. Er weinte. Weinend betrachtete er die Menge, unsere Frauen, Kinder und Männer. Er weinte nicht wie ein Kind oder ein Verwundeter, sondern stumm, und nutzte den Regen, um seine Tränen zu tarnen. Als sich die ehemaligen Gefangenen zu Hunderten in Dreierreihen aufstellten, darum herum die Witwen mit ihren Kränzen und die Kinder im Sonntagsstaat, drehte er sich zur Wand. Antoine war nicht wie die anderen Besucher. Er beobachtete unseren Schmerz nicht, er teilte ihn.
    Es war kalt. Wir marschierten los, und er folgte uns. Ein Verwandter in unserem Kielwasser. Kurz zuvor hatte ich ihn zum ersten Mal »Sohn« genannt. Ihn an die Ecke der Divis Road gestellt und ihm eine Überraschung versprochen. Die Überraschung war die IRA. Mehrere Dutzend Kämpfer in Paradeuniform mit schwarzen Mützen und weißen Schulterriemen. Ich betrachtete meine Männer mit seinen Augen. Und schauderte. Er war am Vorabend gekommen und stand schon mitten im Krieg. Hubschrauber, Panzerfahrzeuge, unsere Fahnen, unsere Pfeifen, unsere Trommeln. Was sah er? Soldaten im Schatten, Kinder ohne Väter, Frauen ohne alles. Traurige, erschöpfte Wesen, eine düstere Menge. Mit den Gefährten des Schweigens: Armut, Würde, Tod. Wie er streifte ich müde Mäntel und schlammige Schuhe. Regenhaare und übermüdete Gesichter. Und begegnete meinem mürrischen Schatten in einer spiegelnden Fensterscheibe. Ich konnte nichts an diesem Volk verleugnen. Es war aus mir gemacht,ich war von ihm durchdrungen. Dem kleinen Franzosen blieb der Mund offen stehen. Ich war bewegt und stolz. Weil es mein Land war, das ihm dieses Geschenk darbrachte.
    An diesem Aprilsonntag habe ich Antoine zum ersten und zum letzten Mal weinen gesehen. Sehr viel später, Jahre später, habe ich ihn nach dem Warum gefragt. Das sei seine Art, uns Beifall zu spenden, erklärte er schlicht.
    *
    Als ich aus Long Kesh herauskam, erfuhr ich, dass Antoine von der IRA benutzt worden war. Empört über meine Verhaftung, das Verfahren, die Verurteilung und entmutigt von den Hygienestreiks, hatte er Jim O’Leary angefleht, ihm eine Aufgabe zu geben, eine Rolle, irgendetwas, das uns helfen könnte.
    Doch der irische Krieg ist Sache der Iren. Ich war immer misstrauisch gegenüber Ausländern, die an unserer Seite kämpfen wollten. Besser in ihrem eigenen Land unsere Situation erläutern, Meetings organisieren, Pressekonferenzen abhalten, Demonstrationen organisieren. Aber ihnen auch nur eine einzige von unseren Kugeln anvertrauen? Niemals.
    »Das bringt uns noch um«, hatte Jim mir entgegnet. »Connolly hat uns Internationalismus gelehrt, nicht den Kult der Grenzen!«
    »Die IRA ist keine Söldnerarmee!«
    Jim musste lachen.
    »Söldner, Tyrone? Was denn für Söldner? Als dein Vater für die spanische Republik kämpfen wollte, war er da ein Söldner?«
    Er ging mir auf die Nerven. Er hatte recht oder unrecht, je nach meiner Laune. Ich wollte nur nicht, dass ein Ausländer in unserem Krieg fiel oder ins Gefängnis kam. Das war alles. Was wohl die britische Propaganda dazu sagen würde, die Presse, die Unionisten? Dass die IRA ein Sammelsurium von Franzosen, Amerikanern und Deutschen sei, die sich nach einer Revolution sehnten. Eine neue Attraktion für die westliche Linke. Macht die Augen auf, Iren! Seht, wer auf eurem Boden in eurem Namen kämpft!
    Jim spottete. Ich sei ein engstirniger Nationalist. Ob ich Irland je verlassen habe? Auf der anderen Seite des Atlantiks gewesen sei? Ob mir in meinem Leben ein einziges fremdes Wort, ein

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