Rückkehr nach Killybegs
Unsrigen zu beweinen. Er würde unser Spiegelbild sein, unser Gegenüber.
»Ich verspreche es.«
Er hatte verstanden.
Da beugte ich mich über den Tisch und nahm sein Gesicht in meine Hände.
»Kleiner Garnichtsoldat.«
*
Thomas McElwee starb am 8. August 1981, im Alter von vierundzwanzig Jahren, nach zweiundsechzig Tagen Hungerstreik. Micky Devine am 20. August, nach sechzig Tagen. Siebenundzwanzig Jahre alt.
Das war der Moment, in dem die Familie eines der Streikenden ein Ende dieses Martyriums verlangte. Vater und Mutter wärmten mit ihren Händen die Hände des Todgeweihten im Schmerzensbett. Ihr Sohn war ins Koma gefallen. Sie erlaubten die Zwangsernährung. Dann gab eine andere Mutter nach. Und noch eine. Und noch eine. Und weitere acht Mütter, die sich weigerten, ihr Kind zu verlieren.
Am 3. Oktober 1981 um fünfzehn Uhr dreißig wurde der Hungerstreik offiziell abgebrochen. Hunderte Freiwillige warteten noch darauf, sich dem Protest anzuschließen. Einige hatten sogar heimlich ihre Namen in der Liste nach vorn verschoben, um früher dranzukommen.
Ein paar Tage später wurde es den Gefangenen gestattet, Zivilkleidung zu tragen, nicht aber, sich als politische Häftlinge zu bezeichnen.
Margaret Thatcher hat nie nachgegeben.
Antoine hatte das Martyrium Schritt für Schritt verfolgt. Seine Ohnmacht machte ihn wütend. Er beobachtete unsere Bestürzung wie ein Zeuge, der auf Abstand gehalten wird.
»Glaubst du nicht, dass der Franzose uns nützlich sein könnte?«
Ich zögerte, sah Waldner an.
»Welcher Franzose?«, fragte ich schließlich.
Mitleidheischende Geste.
»Oh nein, Tenor! Nicht mit uns, bitte nicht.«
Ich schwieg. Ich wusste nicht, was er wusste.
»Antoine Chalons, sagt dir das nichts?«
Wir gingen unter einem großen Regenschirm die Straße entlang.
»Keiner will deinem Antoine etwas antun.« Er sah mich lächelnd an. »Ganz im Gegenteil, Meehan. Ganz im Gegenteil.«
Ich hatte die Hände in den Taschen. Und kniff mich mit Daumen und Zeigefinger so fest in den linken Schenkel, dass ich fast aufschrie.
»Es war ganz richtig, ihm zu raten, dass er mit seinem Schwachsinn aufhören soll, aber uns hilft das gar nicht.«
Ich blickte ihn an. »Er hat nichts mit alldem zu tun.«
Waldner blieb abrupt stehen. Ich sah auf.
»Nichts? Er hat Terroristen versteckt und Kohle verschoben, das nennst du nichts?«
»Du bluffst! Dafür hast du keinen Beweis!«
»Die französische Polizei hat alles, was sie braucht. Seine Werkstatt wird überwacht, und ich biete dir an, ihn unter Schutz zu stellen.«
Er ging wieder weiter. Meine Frage war idiotisch: »Was willst du?«
Waldner zündete sich eine Zigarette an und beobachtete die Straße.
»Die Franzosen überwachen ihn. Wir können sie beruhigen, indem wir ihnen sagen, dass wir den Kerl brauchen. Dass sie ihn uns nicht wegnehmen dürfen.«
An diesem Tag weigerte ich mich, den Friedhof zu betreten. Die vorgebliche Heldenehrung in Begleitung des Feindes schnürte mir den Hals zu. Waldner war höflich wie immer. Keine Befehle. Nur Vorschläge. Ich könnte das Ende des Hungerstreiks doch zum Vorwand nehmen, meine Haltung gegenüber Antoine zu ändern. Mich mit ihm zu treffen. Ihn in unsere Geheimrunde einzuladen. Und um seine Schlüssel zu bitten.
»Aber nur du wirst sie benutzen, Meehan. Keinesfalls darf er jemand anderen beherbergen oder irgendwas transportieren. Er wird dein Alibi sein.«
»Ich habe für die IRA nichts in Paris zu tun.«
»Du findest bestimmt was, Tyrone. Deine Vorstellungskraft ist doch schon legendär.«Zwei Tage später, am 11. Oktober 1981, kam Antoine nach Belfast.
Ich nahm ihn im Wagen mit hinauf in die Stadt.
»Bist du immer noch bereit, der irischen Republik zu dienen?«
Er sah mich an. Verblüfft. Seine Augen lachten. Natürlich! Selbstverständlich sei er bereit. Wann? Sofort! Was ich denn von ihm wolle. Ich holte ihn mit einem Blick herunter. Wir fuhren an Panzern vorbei. Er lächelte dem behelmten Soldaten zu, der mit dem Gewehrkolben an der Wange aus dem Drehturm schaute.
»Pan! Pan! Pan!«, amüsierte sich der kleine Geigenbauer. Eine gut gelaunte Lautmalerei, eine französische Salve durch die Frontscheibe.
Bei seiner nächsten Reise gab er mir seinen Schlüssel. Nein, er würde mich nichts fragen, niemals. Ja, er würde mich am Flughafen abholen und mich am Ende meines Aufenthalts wieder hinbringen. Versprochen, Tyrone.
»Das bleibt aber ein Geheimnis zwischen uns, ja, Antoine?«
»Nicht mal Jim darf
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