Rueckkehr nach River's End
die Szene immer noch vor Augen. Wie er neben ihr kniet, meinen Namen ruft. Ich hatte sie schreien gehört. Ihren Schrei, das Klirren von Glas. Das war es, was mich aufgeweckt hatte. Ich spielte in ihrem Zimmer, als er sie umbrachte. Dann rannte ich weg und sah sie nie wieder. Ich durfte sie nie mehr ansehen!«
Es gab nichts, was er hätte sagen können. Deshalb hielt er sie nur fest, strich über ihr Haar, während die Sonne langsam hinter den Bäumen versank und die Dämmerung hereinbrach.
»Ich habe keinen von beiden je wiedergesehen. Zu Hause haben wir nie von ihnen gesprochen. Meine Großmutter hat sie in einer Truhe auf dem Dachboden verschlossen. Später habe ich heimlich mit Tante Jamie darüber geredet und fühlte mich wie eine Diebin, weil ich im verborgenen die Erinnerungen an meine Mutter sammelte, die Jamie mir geben konnte. Ich habe ihn dafür gehasst , daß ich meine Mutter in heimlichen Gesprächen suchen musste . Ich wollte, daß er allein und verlassen im Gefängnis stirbt. Aber er lebt noch, und die Gedanken sind immer noch da.«
Noah presste seine Lippen auf ihr Haar und wiegte sie. Olivia begann zu weinen. Die heißen Tränen auf seinem Hemd erleichterten ihn. Wieviel es sie auch kosten würde, diese Tränen zu vergießen - danach würde sie sich besser fühlen. Er zog sie auf seinen Schoß, schaukelte sie sacht hin und her, bis sie entspannt und ruhig in seinen Armen lag.
Ihr Kopf schmerzte wie eine offene Wunde, und ihre Augen brannten. Ihre Müdigkeit war plötzlich so überwältigend, daß sie sich zusammennehmen musste , um nicht einzuschlafen. Wenigstens hatten sich die Strudel in ihrem Magen beruhigt, und der unerträgliche Druck auf ihrer Brust war endlich fort.
Müde und etwas verlegen zog sie sich von ihm zurück. »Ich brauche Wasser.«
»Kein Problem.« Noah schob sie zur Seite und stand auf, um eine Flasche zu holen. Als er zurückkam, hockte er sich vor sie hin und strich mit seinem Daumen eine Träne von ihrer Wange. »Du siehst erschöpft aus.«
»Ich weine sonst nie. Das bringt einen nicht weiter.« Sie schraubte die Flasche auf und nahm einen tiefen Schluck. »Das letzte Mal habe ich wegen dir geweint.«
»Das tut mir leid.«
»Ich war so verletzt und wütend, als ich herausfand, warum du wirklich gekommen warst! Nachdem ich dich zur Abreise gezwungen hatte, weinte ich zum ersten Mal, seit ich ein kleines Mädchen gewesen war. Du hast keine Ahnung, was ich in jenen zwei Tagen für dich empfunden habe.«
»Habe ich doch«, murmelte er. »Und es hat mir angst gemacht, fast so viel Angst wie das, was ich für dich empfunden habe.«
Als sie aufstehen wollte, legte er seine Hände auf ihre Oberschenkel und sah ihr in die Augen. »Was ist los? Willst du nichts darüber hören?«
»Das ist schon so lange her.«
»Vielleicht gerade lange genug. Es war gut, daß du mich weggeschickt hast, Liv. Wir waren beide zu jung für das, was ich damals von dir wollte. Für das eine wie für das andere.«
»Jetzt schreibst du ja dein Buch«, erwiderte sie ruhig. »Und wir reagieren auf die Gefühle. Vermutlich sind wir beide endlich erwachsen geworden.«
Er bewegte sich schnell, zog sie auf die Füße, hob sie fast in die Luft. Seine Augen blickten sie scharf an. »Du glaubst, ich will von dir nur das Buch und Sex? Verdammt, denkst du das wirklich, oder willst du es dir nur einreden? Weil du auf diese Art nicht zu viel zurückzugeben oder gar ein wirkliches Risiko einzugehen brauchst?«
»Du findest, es ist kein Risiko, dir meine Erinnerungen an meine Eltern zu erzählen?« Sie stieß ihn unsanft zurück. »Du glaubst, die Tatsache, daß bald jeder, der Lust dazu hat, meine Erinnerungen kaufen kann, sei kein Risiko?«
»Warum tust du es dann?«
»Weil es an der Zeit ist.« Sie schob eine Strähne von ihrer feuchten Wange zurück. »In diesem einen Punkt hattest du recht. Bist du nun zufrieden? Du hattest recht. Ich musste es erzählen, es herauslassen, und vielleicht hilft mir dein verdammtes Buch zu verstehen, warum es passieren musste . Dann kann ich mich endlich von beiden verabschieden.«
»In Ordnung.« Er nickte. »Damit wäre dieser Punkt geklärt. Was ist mit dem Rest? Was ist mit dir und mir?«
»Was soll sein?« konterte sie. »Zwischen uns sind vor ein paar Jahren ein paar Funken übergesprungen, und jetzt haben wir beschlossen, sie zu entflammen.«
»Das ist alles? Ein paar Funken?«
Er machte einen Schritt auf sie zu, doch sie wich zurück.
»Das ist dein Problem,
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