Rückkehr nach St. Elwine
Mädchen gut verstanden, beherrschte es jetzt, nach Jahren der Übung, jedoch bis zur letzten Perfektion.
Das ging ja einfacher, als sie gedacht hatte. Männer waren so leicht zu beeinflussen mit ein paar geschickt platzierten Tränen und bei diesem Exemplar hier, war es sogar das reinste Kinderspiel gewesen.
„ Aber falls nicht, gib mir bitte deine Handynummer, so dass ich dich erreichen kann!", legte sie bestimmend fest.
Sie stand auf und drehte sich noch einmal zu ihm um. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen.
„ Du hast sicher noch viel zu tun heute. Ich will dich auf keinen Fall länger stören. Du begreifst doch, dass ich unbedingt mit dir reden musste, als ich von meinem Zustand erfuhr. Ich war so durcheinander und ich wusste nicht, was ich tun oder wo ich dich finden sollte. Dann fiel mir ein, dass ich dich auf dem Campus wahrscheinlich am ehesten treffen konnte. Im Grunde meines Herzens wusste ich, dass du mich nicht hängen lassen würdest. Du hast so liebe dunkle Augen. Ich werde immer für dich da sein."
Josh nickte nur.
„ Du bist mir doch nicht böse, oder?“ Gloria schaute mit treuherzigem Blick zu ihm auf.
Sein Mund formte ein nein, doch er brachte es nicht über die Lippen.
Sie nahm es trotzdem als Bestätigung und küsste ihn kurz und kalt, bevor sie davon ging.
War es nur Einbildung oder hatte Josh tatsächlich das Gefühl, dass sie ihm bei diesem Kuss einen messerscharfen Eissplitter in seinen Mund geschleudert hatte. Ihm war, als hörte er Elizabeth leise, spöttisch lachen und wünschte sich beinah, sie wären wieder in St. Elwine und noch auf der Highschool. Dort, wo alles das reinste Kinderspiel gewesen war. Er schrak plötzlich vor dem Wort Kinderspiel zurück. Oh Gott, was kam da mit Riesenschritten auf ihn zu? Er stand kurz davor, die Kontrolle über sein eigenes Leben zu verlieren.
Den ganzen nächsten Tag über, tigerte Gloria Stevens nervös durch ihre kleine Wohnung. Warum zum Teufel rief er nicht an oder meldete sich sonst wie? Zum ersten Mal durchfuhr sie der Gedanke, dass er sie seinerseits nur getäuscht hatte. Dass er ihr einfach eine völlig falsche Telefonnummer gegeben hatte und sich auf nimmer Wiedersehen aus dem Staub machen würde. Doch nein, dazu war er nicht der Typ. Er verkörperte mehr so den gut erzogenen Jungen von nebenan, mit Ehre und Gewissen. Lächerlich in Zeiten wie diesen. Selber Schuld. Sie stieß ein nervöses Kichern aus.
Josh hatte inzwischen mehrmals versucht, seinen Vater zu erreichen. Endlich gelang es ihm. Es war bereits später Nachmittag. Er trommelte nervös mit den Fingern auf dem Fensterbrett herum.
„ Dad."
„ Josh, schön dass du dich mal wieder meldest. Kommst du gut voran?"
Sein Vater schien sehr erfreut und wirkte ausgeglichen, wie immer. Das machte es ihm nicht eben leichter, dem Mann Kummer zu bereiten. Es blieb ihm letztlich keine andere Alternative, als mit der Wahrheit heraus zu rücken. Egal, wie unangenehm ihm das auch war.
„ Ja ... ehm ... Dad ... ich ... ich habe ein Problem." Josh ärgerte sich, über sein Gestammel. Schließlich nahm er sich zusammen und versuchte es erneut. Er schilderte seinem Vater mit kurzen Worten, was geschehen war. Dabei bezog er sich lediglich auf die Fakten. Er ließ unerwähnt, dass er Gloria genau genommen, gar nicht kannte.
Peter schwieg am anderen Ende. Dies machte Josh nicht weiter nervös. Er wusste, dass sein Vater bevor er sprach, zunächst stets sorgfältig seine Worte abwog.
„ Joshua, ich habe dich dazu erzogen, dass du Verantwortung übernehmen kannst. Überlege genau! Liebst du das Mädchen?"
Um Himmelwillen - nein, schrie sein Hirn. Stattdessen antwortete er: „Ich kenne sie nicht wirklich, um das sagen zu können.“ Er gab jetzt kleinlaut zu: „Es ging alles viel zu schnell. Ich meine..."
„ Jedenfalls kannst du sie nicht mit diesem Problem allein lassen“, unterbrach ihn sein Vater mit einer gewissen Strenge in der Stimme. „Doch das weißt du ja sicher selbst. In einer Woche sind Semesterferien, wenn ich mich nicht irre. Bring sie einfach mit und dann sehen wir weiter!"
Das war alles? „Ja."
Er legte auf und fühlte sich zumindest ein wenig erleichtert, auch wenn trotzdem ein ungutes Gefühl in ihm nachwirkte. Josh war allerdings froh, dass sein Vater ihm zunächst keine Vorhaltungen gemacht hatte. Als er sich vom Fenster umwandte, stand ihm Marc gegenüber und starrte ihn mit offenem Mund an.
„ Ich kann nur hoffen, dass ich mich soeben verhört habe“,
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