Ruegen Ranen Rachedurst
Hauptkommissar zweifelnd.
„ Sie haben doch noch mehr Möglichkeiten, an die Informationen von damals heranzukommen, Herr Jensen! Sie sollten da mal tätig werden.“
„ Mache ich … später!“
„ Warum später?“, widersprach Benecke heftig. „Warum nicht jetzt?! Wir sollten keine Zeit verlieren. Sagen Sie einem Ihrer Kollegen in Stralsund Bescheid, er soll sich gleich an den Computer und ans Telefon setzen! Ich bekomme nur die Informationen, die darüber im Internet stehen – und vor zehn Jahren war die Berichterstattung auch noch nicht so umfassend wie heute.“
Jensen wirkte etwas unwillig. Dennoch griff er zum Handy und telefonierte dann tatsächlich mit einem Kollegen in Stralsund. „Es kümmert sich jemand darum“, versicherte er dann.
„ Was ist eigentlich mit Gerlinde Grasmück?“, fragte George auf einmal. „Ich meine, Sie haben sie doch festgenommen und es müsste sich doch nun …“
Jensen atmete tief durch. „Erinnern Sie mich nicht an diese Frau!“, murmelte er und knirschte mit den Zähnen.
Sein Handy klingelte. Jensen ging ran und sagte dann zweimal kurz hintereinander: „Ja!“
Ein „Ja!“ war streng, das andere war einfach nur genervt. Er beendete das Gespräch schließlich und bemerkte, dass Benecke und George ihn interessiert anstarrten.
„ Tja, Sie haben sich ja nach Gerlinde Grasmück erkundigt. An dem Beil konnten keine Spuren gesichert werden, die auf eine Tat hindeuten. Das Blut stammte von Gerlinde Grasmück selbst.“
„ Sie sind aber schnell mit den DNA-Tests hier“, wunderte sich Benecke.
„ Der war gar nicht nötig“, sagte Jensen. „Eine Blutgruppenbestimmung reichte schon. Frau Grasmück hat eine sehr seltene. Die Blutgruppen der Vermissten – inzwischen ja Mordopfer – haben wir von den Angehörigen abgefragt. Das Beil hat nichts damit zu tun – und Frau Grasmück wohl auch nicht.“
Hauptkommissar Jensen und Susanne Hawer brachten Benecke und George zum zweiten Fundort am so genannten Sagenstein. Die grausige Szenerie glich jener am Opferstein – nur dass der Tote hier an den Stein gelehnt war. Der kopflose Rumpf mit dem schrecklich anzusehenden Halsstumpf wirkte in dieser halb sitzenden Stellung noch grotesker. Ein Arm war etwas abgedreht und wirkte verrenkt. Die Faust bohrte sich in den Boden – offenbar, um seine Lage zu stabilisieren.
Der Kriminalbiologe umrundete langsam den Kultstein.
Ihm fielen ein paar eigenartige Vertiefungen an dem Stein auf. Eine sah wie ein Fuß eines Erwachsenen aus, eine andere Stelle wie der eines Kindes. In dem kleineren „Fuß“ lag etwas.
Es sah auf den ersten Blick wie ein Stück Moos oder eine Flechte aus.
Benecke fotografierte zunächst die Stelle.
Dann, als Benecke mit der Pinzette die vermeintliche Pflanze emporhob, stellte es sich als etwas völlig anderes heraus.
„ Ich werd´ verrückt!“, stieß George hervor. „Ein falscher Bart!“
„ Unser Ziegenbart!“, sagte Benecke.
„ Es musste ihn ja geben! Die Joggerinnen haben ihn gesehen und die Steinmüllers auch!“, meinte George.
„ Ja, nur der Kerl dazu, der fehlt uns jetzt“, sagte Benecke, während er sein Fundstück den Kriminalbeamten zur Begutachtung hinhielt. „Was wir jetzt schon sagen können ist, dass der Täter offensichtlich keinen Bart trägt, denn sonst müsste er sich keinen ankleben!“
„ Eine bezwingende Logik!“, knurrte Jensen und kratzte sich am Kopf.
„ Wieso klebt sich ein erwachsener Mann einen Bart an?“, fragte George.
„ Ich nehme an, er wollte nicht erkannt werden. Und das hat ja auch geklappt. Die Personenbeschreibung der Joggerinnen und der Steinmüllers haben uns völlig in die Irre geführt“, betonte Benecke. Nachdem er den falschen Bart eingetütet hatte, drehte er sich suchend um. „Weiß jemand über die Bedeutung dieses Ortes Bescheid? Wer wurde hier früher geopfert?“
„ Warum sollte das von Bedeutung sein, was hier vor Hunderten von Jahren passiert ist“, murrte Hauptkommissar Jensen vor sich hin.
Aber der Kriminalbiologe blieb trotz der zur Schau gestellten Ignoranz weiterhin freundlich und erklärte: „Hier ist alles arrangiert worden. Der Täter weiß genau, was er tut. Er platziert die Käfer mit Bedacht, und ich bin überzeugt davon, dass auch der Bart nicht zufällig hier abgelegt wurde. Und das Ganze könnte etwas mit diesem Ort zu tun haben oder mit einer alten Geschichte, die sich darum rankt … Keine Ahnung! Ich bin ja nicht von hier.“
Susanne Hawer, die die
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