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Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Titel: Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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Sanburnes Hände strichen von ihren Handgelenken zu ihren Fingerspitzen und bewegten sich dann zu den Knöpfen ihres Mieders. Ganz leise, den Blick auf sein Tun gerichtet, sagte er: »Hör mir zu. Hörst du mir zu?«
    »Ja«, murmelte sie unwillig.
    »Ich will, dass du mir vertraust, Lydia.«
    Wie geschickt er die Knöpfe bewältigte. Er hatte das ohne Frage schon tausendmal gemacht. »Warum?« Sie zwang sich zu einem Lachen, doch es klang nicht überzeugend. »Du willst mir einen Rat geben?«
    »So großzügig bin ich nicht«, sagte er. »Nein, ich will dein Vertrauen, weil ich will, dass du ehrlich zu mir bist. Du musst inzwischen gemerkt haben, dass ich das schätze. Offenheit ist selten, und ich glaube … Ich glaube, ich könnte mich mit der Zeit daran gewöhnen.«
    Das war eine seltsame Antwort, die im Gegenzug etwas Seltsames in ihr auslöste. Ihre Skepsis brach in sich zusammen und verwandelte sich in eine sonderbare Schwermut, die ihre Stimme belegt klingen ließ, als sie wieder sprach. »Dann sei auch aufrichtig zu mir.«
    Als er mit den Knöpfen fertig war, half er ihr auf, zog sich einen Schritt zurück und verschränkte in einer seltsam förmlich anmutenden Bewegung die Hände hinter dem Rücken. »Was willst du wissen?«
    Ihr erster Impuls war aus einem alten Reflex geboren: Was willst du wirklich von mir? , hätte sie ihn fast gefragt. Doch im selben Moment, als ihr die Frage in den Sinn kam, war sie schon überflüssig. Sie konnte nicht länger anzweifeln, dass er etwas in ihr sah, das ihn anzog. Er fand sie … schön. Und sie glaubte ihm. Andernfalls wäre sie niemals mit ihm in das Bootshaus gegangen. Ihre innere Gewissheit, dass er aufrichtig zu ihr war, hatte diesen Vorfall erst möglich gemacht.
    Doch sie erinnerte sich auch an ihren Schlagabtausch im Treppenhaus vor Mrs Ogilvies Wohnung. Damals hatte er keine Ehrlichkeit gewollt. »Warum sollte dir meine Offenheit zusagen? Was willst du wirklich von mir hören?«
    »Was immer du möchtest.«
    Diese Antwort befriedigte sie nicht. Sie mutete zu ausweichend und zu simpel an. Sie hatte ihm die falsche Frage gestellt. »Was befürchtest du, von mir zu hören?«
    Er lächelte sie schief an. »Ich glaube, du hast es bereits gesagt, Lydia. Du hast ein Talent dafür.«
    »Dann bin ich für dich also so etwas wie dein Boxclub. Eine weitere Methode für dich, dir Schmerzen zuzufügen.« Sie lachte unglücklich. »Und eine weitere Methode, deinen Vater zu beschämen.«
    »Himmel, nein.« Er trat auf sie zu, doch sie wich einen Schritt zurück (sie traute sich selbst nicht, wenn er sie berührte), und er blieb sofort stehen. »Na schön«, seufzte er und raufte sich die Haare. »Nein. Das hat überhaupt nichts mit meinem Vater zu tun. Du siehst sehr klar, Lydia. Und ich kann das manchmal nicht. Ich … du erduldest alles mit Anmut. Ich nicht.« Er seufzte. »Es ist so leicht, nicht zu erdulden. Einfach darin … verloren zu gehen, in all diesen feudalen Pflichten. Und anzufangen, an sie zu glauben. Noch ein Jahr wie dieses, und ich werde auch einer von jenen hirnlosen Kuckucksvögeln sein, die katzbuckeln und sich fein machen, weil sie nichts Besseres zu tun haben.« Er lachte, doch es war kein freudiger Laut. »Ich werde noch wie mein gottverdammter Vater. Und wenn nicht? Wenn ich ausbrechen würde? Dann könnte ich feststellen, dass ich mich als genau so … so nutzlos erweise, wie du mich findest.«
    Ein Mann wie er war nicht zum Stammeln gemacht. Es zu hören, schmerzte sie. »Nein«, sagte sie und trat zu ihm, um ihn zu küssen. Als sie sich wieder zurückzog, hatte sich sein Gesichtsausdruck verändert. Er sah … fasziniert aus. »Ich kann dir da nicht helfen«, sagte sie leise. »Dein Schicksal hast nur du in der Hand, James. Du hast ja keine Ahnung, was für ein Glück du hast.«
    Er sprach jetzt so leise wie sie. »Na schön. Vergiss es. Du willst frei sein, nicht? Das verstehe ich. Kaum jemand weiß besser als ich, wie die Regeln der feinen Gesellschaft eine Frau einengen können. Vielleicht kann ich dir helfen.«
    Ich bin nicht deine Schwester, hätte sie fast gesagt. Doch ihr Feingefühl hielt sie davon ab. Er redete nicht ohne Grund um den heißen Brei herum. Und Gott schütze sie, auf einmal wusste sie, dass sie ihn nicht vertreiben wollte. »Mich zu retten ist nicht deine Aufgabe.«
    »Gewiss nicht. Aber im Leben geht es nicht immer gerecht zu. Wenn du eine Chance bräuchtest, könnte ich sie dir gewähren.«
    Sie wusste nicht mehr so recht,

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