Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)
Oder durch einen Schlauch, nehme ich an.«
Phin zog eine Augenbraue hoch. »Was für eine unpraktische Methode, Alkohol zu trinken. Hast du auch sicher keine Gehirnerschütterung?«
»Warum bist du hier, wenn du weder trinken noch kämpfen willst?«
»Um dich um Hilfe zu bitten. Aber ich muss feststellen, dass du heute Abend wild entschlossen bist, nutzlos zu sein.«
»Kein Wunder«, entgegnete James milde. »Obwohl ich gerade den Stolz Irlands auf die Bretter geschickt habe. Man könnte das als nationalen Sieg bezeichnen.« Erst jetzt fiel ihm auf, dass Phin in voller Abendgarderobe war. »Wo kommst du her?«
»Von den Stromonds.«
Ach ja, der alljährliche Ball. Die am meisten geschätzte Einladung jeder ehestiftenden Mama. »Mein Beileid«, spottete er. »Sie müssen an dir geklebt haben wie die Fliegen auf Honig.« Er ließ den Kopf kreisen und spürte, wie sich sein Nacken entspannte. Ihm wurde ein frischer Gin in die Hand gedrückt. »Gott schütze Sie, O’Malley.« Er holte tief Luft und kippte den ganzen Krug auf einmal herunter.
Als er ihn wieder sinken ließ, stand Phin immer noch da, dessen Miene zwar aufmerksam, aber undurchdringlich war. »Ich mache mir Sorgen um Elizabeth«, sagte er.
»Ach ja?«
»Ja. Das ist ein hübsches Arrangement, das Nelson da hat.«
James seufzte. Dieser prüde Zug an Phin war erstmals während ihres Studiums zutage getreten. Während seine Mitstudenten jeder Schürze im County nachjagten, hatte Phineas Gedichte gelesen und sich in keuscher Bewunderung nach der Frau eines dortigen Pfarrers verzehrt. »Sie ist eine erwachsene Frau und schadet nur sich selbst damit.« Mit einem plötzlichen Lachen fügte er hinzu: »Ich dachte, die Armee hätte dich von diesem Puritanismus geheilt.«
Phins Lächeln war das eines Mannes, der aus unerfindlichen Gründen mit sich selbst zufrieden ist. »Habe ich auch gedacht«, sagte er. »Aber du hast mich missverstanden, James. Ich mache das Nelson zum Vorwurf. Auch wenn ich zugeben muss – ich kann mich nicht erinnern, dass Liz je so … «
»Unberechenbar war?«
»Genau.«
»Dafür kannst du dich beim verstorbenen Mr Chudderley bedanken. Diese Jahre sind dir entgangen.« Als sich die Meute langsam an die Wände zurückzog, wehrte er Phins nächsten Kommentar mit einer Handbewegung ab. »Wenn du während des Julking-Wettbewerbs redest, wirst du blutüberströmter als ich sein.«
Mit einem Weidenkorb in der Hand trat ein Vogelliebhaber vor, um seinen deutschen Vogel auf den Tisch zu stellen. Er tippte leicht auf den Käfig und trat zurück.
Die Zuschauer holten hörbar Luft, als wollten sie die Lungen des Vogels mit Sauerstoff versorgen. Und dann, einfach so, fing der Kanarienvogel an zu tirilieren. Zum Glück mussten sie heute keine geschlagene Viertelstunde warten. Während der gefiederte Freund weitersang, schlugen diverse Zuhörer ergriffen die Hand vor den Mund und sahen dabei, wie James fand, so ehrfurchtsvoll aus, als vernähmen sie das Wort Gottes.
Schließlich verstummte der deutsche Kanarienvogel. Der Saal brach in Jubel aus.
»Neun ganze Triller«, sagte er zu Phin. »Ganz sicher ein Rekord.«
»Mag sein. Und zum Schluss noch einen tug whizzy . Nicht schlecht.«
»Zweifelsohne. Ich habe auch einen tollick erkannt.«
»Ja, habe ich auch rausgehört. Nun«, fuhr Phin milde fort, »wie ich dir gerade sagen wollte, von meinem Puritanismus mal abgesehen, Elizabeth stolpert mit der Anmut eines Elefantenbabys durch den Ballsaal der Stromonds. Sie wiegt zwar nicht viel, aber für das Porzellan der Stromonds könnte es sich als verhängnisvoll erweisen.«
»Herrgott. Und Nello?«
»Nirgends zu sehen. Sie ist allein gekommen und sagt, dass sie trinkt, um ihn zu vergessen.«
James erhob sich von seinem Schemel und schlüpfte in seinen Mantel. Das war in diesem Monat nun schon das dritte Mal, dass er losstürzen musste, um sie zu retten. »Und du konntest nicht allein damit fertig werden?«
Phin zuckte mit den Schultern. »Mit irrationalen Frauen werde ich nie gut fertig.«
»Das erklärt, warum du noch Junggeselle bist.«
»Und was ist dein Grund?«
»Moreland wünscht sich einen Enkel.« Er hatte große Lust, Nello mit vorgehaltener Waffe zum Altar zu zwingen. Vielleicht hätte er das sogar getan, wäre er der Meinung gewesen, dass die Ehe diesen Schweinehund läutern würde. Aber wie konnte man den unübersehbaren Mangel an Zuneigung eines Mannes für seine Bettpartnerin heilen? In nüchternem Zustand sah Lizzie das
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