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Rütlischwur

Rütlischwur

Titel: Rütlischwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
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allgegenwärtig. Dabei hatte er kaum Aussetzer … Schon gar nicht, wenn man sein Alter bedenkt.« Seufzend hob sie ihre Schultern. »Immer öfter kam es vor, dass ihn die Schwermut überfiel … und die Angst, dass einmal der Tag kommen würde, an dem er nicht mehr frei denken kann.«
    »Ist das bei Parkinson überhaupt der Fall?«, fragte der Kommissar. Er wusste so gut wie nichts über diese Krankheit.
    »Typischerweise nicht«, sagte Chester. »Aber typischerweise – das interessierte Ernest nicht. Plan for the worst – hope for the best! Nach diesem Grundsatz hat er gelebt. Deshalb war er so auf diese Lewy-Körperchen-Sache fixiert. Wussten Sie, dass die Lewy-Körperchen-Erkrankung nach Morbus Alzheimer die zweithäufigste Demenzerkrankung ist?«
    »Da muss ich passen«, sagte Eschenbach.
    »Ernest wollte sich darauf testen lassen.«
    »Was er dann offenbar getan hat.«
    Chester nickte. »Er hat mir nie davon erzählt.«
    »Aber Sie merkten es.«
    »Natürlich.« Die alte Frau strich nachdenklich über den Rockschoß. »Wenn Sie lange mit einem Menschen zusammenleben, dann müssen Sie über solche Dinge nicht sprechen. Zudem diktierte er mir seine Briefe … Ich führte den Terminkalender. Auf einmal musste alles noch schneller gehen.«
    »Wissen Sie noch, wann es angefangen hat?«, fragte Eschenbach.
    »Das war vor ungefähr zwei Monaten. Er kam gerade zurück aus der Schweiz … Dort lässt er sich seit Jahren behandeln.«
    »Von wem?«
    »Als Ernest vor Jahren zum ersten Mal mit Parkinson konfrontiert wurde, da hat er sich die besten Leute gesucht, Spezialisten … und mit denen hat er später eine Privatklinik übernommen. Er wollte die Kuh besitzen, die ihm die Milch gab.«
    »Ich würde mir den Namen der Klinik gerne aufschreiben.« Der Kommissar nahm den Brief des Obersten zur Hand, faltete ihn und zog einen Kugelschreiber aus seinem Veston.
    »Klinik Rosen, in Rüschlikon.«
    »Klick-klack«, murmelte Eschenbach.
    »Rüschlikon ist bei Zürich.«
    »Ich weiß«, sagte der Kommissar. »Ich bin dort gewesen … Abteilung D – der geschlossene Trakt für Demente und geistig Verwirrte.«
    Ohne etwas notiert zu haben, verstaute Eschenbach das Stück Papier und den Kugelschreiber in seinem Jackett.

Kapitel 29
    Am Ende der Fahnenstange weht der Stolz
    J udith konnte sich noch nie für die Idee begeistern, Ernest im Verwaltungsrat bei Duprey einmal abzulösen. Sie wollte woandershin, ins operative Geschäft … Deshalb hat sie sich geziert und auf Zeit gespielt. Judith ließ sich vom Colonel nichts sagen, das müssen Sie wissen.«
    »Und plötzlich wurde die Zeit knapp«, fügte Eschenbach hinzu.
    »Ernest ist ungeduldig geworden … er konnte Judith nicht verstehen. Sie haben miteinander gestritten, immer öfter.«
    »Sie weigerte sich also.«
    Chester nickte. »Das hat die Sache verkompliziert.« Die alte Frau zuckte mit den Achseln. »Wenn Judith bockt, dann braucht es eine kreative Lösung … Das war schon so, als sie noch ein kleines Mädchen war.«
    Chester erzählte dem Kommissar von der Sitzung im Hotel St. Gotthard, wie Paul Zimmer vom Strategischen Nachrichtendienst vorgegangen war, um Judith für den Einstieg bei Duprey zu motivieren. Das letzte Gefecht eines verzweifelten Obersten hatte begonnen.
    »Sie wissen ja, welch Geistes Kind sie ist. Judith braucht die Freiheit … Es geht ihr nicht ums Geld. Hundert andere hätte man für diesen Job kaufen können. Aber bei ihr wusste er, dass er sie von Grund auf überzeugen musste.«
    »Von Grund auf«, murmelte Eschenbach. Er wusste nicht recht, was er von der Sache halten sollte: »Waffenhandel … und die armen Kinder vom Kongo.« Der Kommissar schüttelte den Kopf. »Das ist ziemlich weit hergeholt. Eine üble Inszenierung, finde ich.«
    Chester schüttelte energisch den Kopf.
    »Sie irren, Herr Kommissar. Die Geschichte ist nicht erfunden. Im Gegenteil. Ernest ahnte schon lange, dass Herr Banz in krumme Geschäfte verwickelt war. An der Bank vorbei, privat … für sich selbst gewissermaßen. Weil ihm Duprey ja nicht mehr gehörte … und weil er Schulden hatte.«
    »Sind Sie da wirklich sicher?«, fragte der Kommissar, er selbst war überrascht, wie bitter er plötzlich klang.
    »Aber natürlich!« Chester hob überrascht den Kopf. »Wir hatten zu diesem Zeitpunkt schon eine ganze Anzahl Indizien, die in diese Richtung gedeutet haben. Banz brauchte das Geld für seinen aufwendigen Lebensstil … Er steckte ziemlich tief in der

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