Ruf der Dämmerung (German Edition)
Haar tragen sollten. »Die Farben des Sees im Frühling, an den verzauberten Tagen, wenn die Elfen tanzen. Heute müsstest du dich in Acht nehmen vor ihrem König!«
Viola lachte und hoffte, dass Ahi das nicht ernst meinte. Mit den Kelpies hatte sie sich langsam abgefunden, aber wenn sie die Welt auch noch mit Elfen und Feen teilen sollte, wurde ihr das entschieden zu viel. »Ich würde lieber mit dir tanzen!«, bemerkte sie. »Komm doch einfach ins Restaurant, wenn das Spiel vorbei ist. Bis dahin sind da alle so blau, da weiß keiner, wer eingeladen ist und wer nicht. Und mein Dad und Ainné mögen dich doch auch ganz gern. Bestimmt haben sie nichts dagegen.«
Ahi strahlte überirdisch. »Kann ich nicht gleich kommen? Muss ich …«
Viola wandte die Augen gen Himmel. »Ahi, wenn du zu diesem Spiel nicht erscheinst, kocht dich der Trainer auf kleiner Flamme! Sofern die Spieler dich nicht vorher in der Luft zerreißen. Ja, ich weiß, sie mögen dich nicht. Aber wehe, du kommst nicht und sie verlieren! Und sie verlieren garantiert, die sind doch gar nicht mehr dran gewöhnt, selbst was zu tun. Also lauf da auf und schieß ein paar Tore! Ob ich komme oder nicht. Auf Ainnés Hochzeit wird noch bis morgen früh getanzt. Da verpasst du überhaupt nichts!«
Entschlossen verabschiedete sie sich mit einem aufmunternden Kuss auf seine Wange und wandte sich Shawna zu. Auch sie würde es nicht zum Spiel schaffen und bedauerte das wirklich. Das Match gegen die Mannschaft aus Killarney – noch dazu auf eigenem Platz! – galt an der Roundwood High als Jahrhundertereignis. Vorerst stritt sie sich allerdings mit Bill über irgendetwas rund um die Anspannung der Ponys, und Viola musste sie wegzerren, damit sie ihr Kleid nicht mit Lederfett verdarb.
»Shelly hat hinterher garantiert Druckstellen …«, lamentierte sie und betrachtete bedauernd eines der zwei Schimmelponys, die vor der Hochzeitskutsche wirklich ziemlich winzig wirkten. Viola fragte sich, warum Bill nicht größere Pferde eingespannt hatte, brachte das Thema dann aber besser nicht zur Sprache. Shawna hätte zweifellos einen dreistündigen Vortrag dazu gehalten.
Allerdings war auch Ainné nicht begeistert, als sie jetzt in ihrem cremefarbenen Brautkleid aus dem Haus trat. Viola sah sie erstmals in vollem Staat, und Alan war so hingerissen von ihrem Anblick, dass er beinahe das Baby hätte fallen lassen. Die junge Schneiderin hatte ganze Arbeit geleistet. Auch Ainnés Kleid war nicht eng anliegend, sondern umtanzte sie wie das Schleiergewand einer Orientalin. Dem war wohl auch der Brautschleier nachempfunden. Er war weniger eine Hutkreation als ein Schal, der geschickt um ihr Haar gewunden wurde, den sie dann aber auch sinken lassen konnte, um den schlichten Blütenkranz auf ihrem offenen roten Haar wirken zu lassen. Außerdem war sie natürlich perfekt geschminkt. Nur das Lächeln fehlte. »Was hast du dir denn dabei gedacht, Daddy, diese kleinen Mäuse anzuspannen! Sie sehen ja aus wie Eselchen vor der riesigen Kutsche. Konntest du nicht die großen …«
»Die großen sind gescheckt«, gab Bill brummig zurück. »Und du willst doch wohl nicht zur Hochzeit fahren wie die Tinkers! Ideal wären die wilden Ponys gewesen, dieser Dunkelschimmel und der Weiße. Aber um die einzufangen, hatte ja keiner Zeit … Wenn wir’s gleich vor ein paar Wochen gemacht hätten, hätt ich sie einfahren können und …«
Shawna verdrehte die Augen. Anscheinend fand sie es nicht so eine Kleinigkeit, wilde Pferde an Kutsche und Straßenverkehr zu gewöhnen.
Ainné winkte genervt ab. »Schon gut, Daddy, wir kümmern uns ja darum … sobald die Hochzeit vorbei ist – rechtzeitig vor dem Pferdemarkt in Dublin. Aber heute … egal, jetzt muss es so gehen. Wenn du jetzt noch umspannst, kommen wir zu spät.«
Viola hatte ein etwas schlechtes Gewissen gegenüber den Kleinen Seelen vor dem Wagen, und Shawna sah aus, als wäre sie am liebsten gelaufen. Aber schließlich kletterten sie doch alle in die Kutsche mit den Ponys davor, die überraschend schwungvoll anzogen.
Die Messe in Roundwood war dann sehr feierlich – das halbe Dorf hatte sich eingefunden und würde bestimmt auch später im Lovely View auftauchen, um einen Whiskey auf das Wohl des Brautpaars zu trinken. Allerdings erst nach dem Hurlingspiel. Die Roundwood High spielte diesmal vor wirklich ausverkauften Rängen. Jetzt, da die Meisterschaft näher rückte, stand der ganze Ort hinter seiner Mannschaft. Zum Teil waren sogar
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