Ruf der Dunkelheit
erklärte er mit einer solchen Härte, dass sich mein Magen zusammenzog. „Du weißt, dass es Damians Blut war, das mich verwandelt hat“, erwiderte ich schroff. Max rollte die Augen. „Natürlich weiß ich das – aber es war nicht sein Blut allein. Ich muss wissen, was Melissa dazugemischt hat.“ Sein Blick war eindringlich, doch ich hielt ihm stand. „Ich habe keine Ahnung, ich war bewusstlos! Tut mir leid, aber da kann ich dir nicht weiterhelfen.“ Herausfordernd hob ich eine Braue. „Was wollt ihr jetzt tun? Valentina töten? Bitte – dann bekommt die Verräterin wenigstens, was sie verdient. Aber was passiert mit mir? Ich könnte jedem von euch das Herz herausreißen, ehe ihr einmal geblinzelt habt.“ Ich schnaubte und verzog meine Lippen zu einem überlegenen Grinsen.
„Offenbar fehlt es dir etwas an Motivation!“, ertönte eine scharfe Stimme hinter mir und ließ mich erschrocken herumfahren. Margaretha lehnte in der Tür, hinter ihr stand eine völlig teilnahmslose Valentina, die ins Leere starrte. „Ach ja?!“, fuhr ich sie an. „Dann versuch mich doch mal aus der Reserve zu locken!“ Ich funkelte sie angrifflustig an. Ich legte es darauf an, sie zu provozieren. Zu Befürchten hatte ich nichts vor ihr, denn wenn ich wollte, konnte ich sie töten, ehe sie über die Türschwelle getreten war. Max lief währenddessen langsam um mich herum und trat an Margarethas Seite. Ich beobachtete jede ihrer Bewegungen, während ich meine Muskeln anspannte – bereit, jederzeit zu handeln.
Sie legte den Kopf schief und schenkte mir ein eisiges Lächeln. „Du hast es so gewollt!“, zischte sie und zog ein Messer hinter ihrem Rücken hervor.
Mein Blick fiel sofort auf Val, die bewegungslos neben ihr verharrte und langsam dämmerte meinem hasserfüllten Verstand, dass etwas mit ihr nicht stimmte. Mit einer schnellen Bewegung ließ Margaretha das Messer durch die Luft sausen. „Nein!“ Ich stürzte schreiend nach vorne, um Val wegzustoßen, doch kaum hatte ich sie im Arm und wirbelte herum, sah ich, wie die Klinge in Max´ Brustkorb drang und er mit einem erstickten Laut zusammensackte.
In diesem Moment brach ein Sturm in mir los!
Fassungslos sah ich dabei zu, wie Margaretha die blutige Klinge aus Max´ Brustkorb zog, während dieser ein Keuchen ausstieß und seine Hand mit schmerzverzerrter Miene auf die Wunde presste. „Nein! Nein! Um Gottes Willen – Max!“ Tränen brannten in meinen Augen, als seine Gesichtszüge langsam erstarrten und er in sich zusammensackte. Meine Kehle war wie zugeschnürt und ich musste alle Kraft aufwenden, um einigermaßen Luft zu holen. Nur widerstrebend füllte sich meine Lunge, während heiße Tränen über meine Wangen rollten. „Max!“, flüsterte ich spröde, als mein Blick auf Valentina fiel. Diese schien endlich aus ihrer Starre zu erwachen und ihre Augen weiteten sich, während sie vornüber auf die Knie fiel.
„Max!“, schrie sie tränenerstickt, als sie nach vorne robbte und die Hand nach seinem leblosen Körper ausstreckte. „Nein! Bitte! Max!“ Ihre Schreie schmerzten in meinen Ohren und langsam begriff ich, was gerade geschehen war. Obwohl sich mein Verstand dagegen wehrte, es zu akzeptieren. Ich ballte bebend die Fäuste, als ich zu Margaretha aufsah.
„Was … was hast du getan? Ich dachte du liebst ihn?!“, rief ich brüchig, doch sie antwortete nicht. Stattdessen wurde hinter ihr die Tür geöffnet und zwei Vampire aus Margarethas Gefolgschaft erschienen neben ihr. „Nehmt seine Leiche mit.“ Ihr Blick streifte über Valentina, die schluchzend auf dem Boden kauerte. „Und sie auch.“ Die beiden nickten und sofort zerrte der Schwarzhaarige Val, die weinend und schreiend protestierte auf die Beine und bugsierte sie ins Innere des Gebäudes. Der andere hob Max´ Leiche hoch, warf sie sich über die Schulter und folgte seinem Kollegen nach draußen. Margaretha wandte sich zum Gehen, blieb auf der Türschwelle jedoch stehen und musterte mich abschätzig. „Vielleicht war das ja jetzt Motivation genug. Ich gebe dir ein paar Minuten Bedenkzeit, wenn du dann immer noch schweigst, mache ich mit Valentina weiter und wenn ich mit ihr fertig bin, werde ich Julian suchen …“ Kaum hatte sie ihren Satz beendet, fiel die Tür ins Schloss und ich war allein.
Bebend und unfähig, mich zu bewegen stand ich mitten auf dem Dach; der Wind frischte auf und blies mir die kalte Herbstluft ins Gesicht. Der Geruch von faulenden Blättern lag in der Luft.
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