Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33
und dann sackte er an der Wand zusammen.
Immerhin ein Anfang!, überlegte Sophie, während sie tief Luft holte, die Beinlinge ihres Bruders wieder überzog und dabei einen Blick auf den schlafenden Knappen warf.
Zum Glück war Luc nicht wach geworden. Und der Verlust ihrer Jungfräulichkeit war zudem weit weniger schmerzhaft gewesen, als befürchtet. Sie sah über die Schulter zu dem schlafenden Ritter hinüber und lächelte liebevoll, denn in diesem Augenblick strahlte auch er etwas sehr Jungenhaftes aus.
Als er sie vorhin an ihrer geheimsten Stelle berührte, hätte sie um ein Haar laut aufgeschrien. Verstohlen fasste sie nun selbst dorthin, und eine Welle des Verlangens erfasste sie, dass sie am ganzen Körper schon wieder ein Kribbeln verspürte. Ein beglücktes Lächeln unterdrückend, beugte sie sich über Hugues und drückte ihm einen Kuss aufs Kinn. Er rührte sich und murmelte etwas Unverständliches, doch sie entwand sich seiner Hand, die nach ihr greifen wollte, küsste die schwielige Fingerspitze, von der sie sich eben erst hatte liebkosen lassen, und gab ihn dann frei.
Ja, diese Stelle und die merkwürdigen Empfindungen, die sie hervorrief, konnte sie wohl getrost ihrem Ritter überlassen.
Noch ehe Hugues ganz aus seinem Dämmerzustand erwachte, begriff er, was er getan hatte, und diese Erkenntnis traf ihn mit der Wucht eines Ziegelsteins.
Als er zu sich kam, hockte er immer noch zusammengesackt in der Ecke und sah, wie Sophie sich über Luc beugte. Erneut packte ihn das schlechte Gewissen wie eine an den Strand wogende Brandung. Der Schwung ihrer festen Schenkel unter den engen Beinlingen aber erregte etwas ganz anderes als seine Schuldgefühle, doch als er merkte, dass seine Gedanken einen verräterischen Weg einschlugen, wurde er fuchsteufelswild.
Es bestand nicht der geringste Anlass zur Zerknirschung, denn Sophie hatte ihn regelrecht verführt, und zwar mit voller Absicht. Da gab es für ihn keinen Zweifel. Nicht nur, indem sie sich ihm an den Hals warf, sondern auch dadurch, dass sie ihn gleichsam zum Weitermachen nötigte, obwohl er von ihr abgelassen hätte, nachdem er seinen Irrtum bemerkt hatte. Dass er gedacht hatte, eine verheiratete Frau kenne sich in diesen Dingen aus, war ja wohl mehr als verständlich. Ja, eigentlich musste man sich darüber wundern, dass sie noch Jungfrau war. Bei diesem Gedanken spürte er seine Schuldgefühle gleich doppelt. Er verdrängte die Frage aus seinem Denken und warf Sophie aufs Neue einen erzürnten Blick zu.
Für ihn stand fest, dass sie die Schuld an seinem Fehltritt trug, und ebenso war er davon überzeugt, dass dies alles nur Teil ihres hirnverbrannten Plans war, wonach sie angeblich zusammengehörten. Sie legte es darauf an, ihn in die Falle zu locken, so oder so, und angesichts der Erkenntnis, dass er so leicht zum willigen Werkzeug ihrer Absichten geworden war, geriet er schier außer sich vor Wut. Daher schwor er sich im Stillen, sich nicht so schnell wieder von ihr zu einem solchen Fehler verleiten zu lassen.
Auch durch ein Kind würde er sich nicht dazu zwingen lassen, aus ihr eine „ehrbare Frau“ zu machen. Auf diese uralte Falle würde er nicht eingehen, das hatte er sich geschworen. Und trotzdem konnte er den Blick nicht von ihr wenden.
Nur blieb da noch ihre verlorene Jungfräulichkeit und die Frage, inwiefern er für deren Verlust verantwortlich war. Bei diesem Gedanken nagte das schlechte Gewissen wieder dermaßen an ihm, dass er sich missvergnügt von der Wand abstieß und sich mit einer jähen, zornigen Bewegung seine Beinkleider schloss. Er durfte nicht bleiben und Sophie unaufhörlich anstarren!
„Wie geht es meinem Knappen?“, fragte er in so scharfem Ton, dass Sophie sich verblüfft umsah; ein gekränkter Ausdruck lag in ihrem Blick angesichts seines schroffen Gebarens. Hugues aber achtete nicht darauf und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
„Er braucht Schlaf“, stellte sie leise fest und sah ihn mit leicht zusammengekniffenen Augen an, als wolle sie ergründen, woher seine schlechte Laune stammte. Trotz seines Vorsatzes vermochte er sich ihrem bohrenden Blick nicht zu entziehen und bückte sich, wobei er vorgab, die Kordeln seiner Beinlinge neu schnüren zu müssen.
„Wo gehst du hin?“, erkundigte sie sich sanft und offensichtlich so gekränkt, dass Hugues sich regelrecht zusammenreißen musste, um nicht darauf hereinzufallen.
Sie hat dich hereingelegt!, mahnte er sich missmutig, denn zu seinem
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