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Ruf Der Tiefe

Ruf Der Tiefe

Titel: Ruf Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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war, dass er hier einen Vulkanausbruch im Meer sah? Aber das hätten die Forscher sicher bemerkt, es gab hochempfindliche seismische Messgeräte, die so etwas registrierten.
    Das Wasser um ihn herum flimmerte, man konnte sehen, wie heiß es war, und Leon spürte die Wärme durch seinen Anzug hindurch. Was schlimmer war, Leon konnte kaum noch atmen, der Dreck im Wasser schien die Poren seiner OxySkin zu verstopfen. Wie gut, dass er Lucy nicht mitgenommen hatte – sie hätte das hier mit Sicherheit nicht überlebt! Wenn es anderen Meerestieren genauso ging – konnte das der Grund sein, warum sie verwirrt zur Oberfläche flohen? Befand sich hier der Punkt, an dem der Ozean in Bewegung geraten war, das Zentrum einer gewaltigen Störung?
    Ich muss umkehren . Es fühlte sich an, als hätte nur noch dieser eine Gedanke in Leons Kopf Platz. Sein Brustkorb schmerzte, ob von der Tiefe oder den für Menschen giftigen Stoffen im Wasser, die es irgendwie in den Kreislauf seines Anzugs geschafft hatten. Und doch schwamm er weiter.
    Da! Einen Moment lang sah er den Meeresboden, eine gelblich graue, steinige Wüste. Im Schein seiner Lampe entdeckte Leon eigenartige Spuren. Waren das Schleifspuren? Und dort vorne – das sah aus wie eine Öffnung im Boden, zu regelmäßig, um natürlichen Ursprungs zu sein …
    Mit letzter Kraft schoss Leon ein paar Fotos, hoffentlich konnte man auf denen überhaupt etwas erkennen außer dieser senfgelben Brühe. Dann warf er sich im Wasser herum und schoss nach oben. Zurück ins ruhige, klare, kalte Wasser, zurück zu Lucy, nur weg hier!
    Mit jedem Meter, den er hochstieg, fühlte Leon sich leichter, funktionierte seine OxySkin besser. Dort unten war er an seine Grenzen gekommen, aber er wusste, dass er etwas entdeckt hatte, das wichtig war. Vielleicht war es sogar der Schlüssel zu allem, was um die Inseln herum geschehen war. Er musste in Ruhe darüber nachdenken. Am besten schwamm er später, wenn er sich ausgeruht hatte, noch einmal zurück und forschte genauer nach. Diese Spuren ließen ihm keine Ruhe …
    Sein DivePad wies ihm den Weg zu Lucy, sie war nur noch eine halbe Meile von ihm entfernt. Leon horchte in sich hinein, ob er ihre Gedanken schon spürte. Doch er war nicht darauf vorbereitet, was ihn stattdessen traf. Ein wortloser Schrei, der in seinem Kopf widerhallte und durch seine Seele schnitt wie ein Messer.

Luftatmer
    Als Leon sich seiner Partnerin näherte, musste er nicht lange fragen, was los war. Er hörte sie schon selbst, die durchdringenden Klicklaute des jagenden Pottwals. In immer schnellerer Folge trafen sie auf seinen Körper, vibrierten durch ihn hindurch … das Tier kam immer näher! Und Kraken und Kalmare waren die natürliche Nahrung von Pottwalen; um sie zu erbeuten, machten die Wale sich wieder und wieder auf den Weg in die Tiefsee. Eine Krake, die sich mitten im Freiwasser aufhielt, weitab von jedem Versteck, hatte keine Chance. Das mit Abstand größte Raubtier der Welt musste nur das Maul öffnen und der Sog würde Lucy zwischen seine Zähne befördern. Es gab nur eine Möglichkeit, das zu verhindern: Leon musste Lucy vor dem Wal erreichen, sie abschirmen! Leon wusste, dass er selbst nichts zu befürchten hatte – noch nie hatte ein Pottwal einen Menschen angegriffen, der ihm nichts getan hatte.
    Während des Schwimmens versuchte er mithilfe des DivePads festzustellen, ob das Tier, das sie gerade anschwamm, einen Sender trug, ob es Shola war. Doch sein Gerät erfasste kein Signal. Es war ein wilder Pottwal!
    Leon schwamm so schnell, dass seine Beinmuskeln protestierten und die OxySkin wieder einmal an ihre Grenzen stieß. Warum, warum, warum nur hatte er Lucy einfach so zurückgelassen? Er hätte auf diesen völlig irren Tauchgang verzichten und einfach mit ihr umkehren sollen, als das Wasser bitter und trübe wurde! Was interessierte ihn dieser verdammte Lo’ihi, wenn Lucy tot war?
    Lucys Panik fühlte sich an wie eine Alarmsirene direkt neben Leons Ohr. Jetzt hatte er sie fast erreicht – doch er würde zu spät kommen!
    Er konnte den Pottwal im Licht der Lampe schon sehen, seinen gewaltigen kantigen Kopf, den schmalen weiß geränderten Unterkiefer, die flach an die Seiten gepressten Brustflossen. Es war ein ausgewachsener Bulle.
    Verzweifelt kam Leon auf die Idee, sämtliche Signalknöpfe an seinem DivePad zu drücken. Lichtblitze und ein durchdringendes Pfeifen schallten durchs Wasser. Und es wirkte, irritiert unterbrach der Pottwal seinen

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