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Ruf der Toten

Ruf der Toten

Titel: Ruf der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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etwas Licht auf den gefrorenen Asphalt, der es müde in den Durchgang brach. Es verlor sich auf halber Strecke zu ihr; immerhin reichte es, um die fensterlosen Backsteinwände zu erkennen, die sich zu beiden Seiten der Gasse in den Nachthimmel erhoben.
    Ein Geräusch hinter ihr ließ sie herumfahren. Ein schwarzer Schemen neigte sich zu ihr hinab. Bierschwangerer Atem drang beißend in ihre Nase. »Sieh mal einer an«, kam es lallend von irgendwo aus dem finsteren Umriss. »Die kleine Schlampe ist wach.«
    Zwei ebenso düstere Gestalten tauchten links und rechts des Schemens auf. Sie strengte ihre Augen an, aber die Dunkelheit verbarg die drei vor ihrem suchenden Blick. Nur ihre Stimmen schälten sich aus der Schwärze, schal und bitter.
    »Süß ist sie.«
    »Ja, süß, trotz ihrer kurzen Haare.«
    »Welche Haare?«
    »Eine Glatze!«
    »Hatte noch nie ‘ne Frau mit Glatze.«
    »Was man nicht alles auf den Straßen findet.«
    »Und das bei der Kälte.«
    »Jungs, wir sollten sie wärmen.«
    »Ja, das sollten wir.«
    Verängstigt kroch sie weg von den Stimmen. Das Lüftungsgitter unter ihr rasselte. Sie kam nicht weit, denn ihre Hose verfing sich in den Metallstreben. Sie zog die Beine an den Oberkörper und schlang die Arme schützend darum.
    »Schaut mal, sie hat Angst.«
    »Das braucht sie nicht.«
    »Nein, wirklich, das brauchst du nicht.«
    Eine Hand tauchte aus der Dunkelheit auf und schob Stück für Stück ihren Pullover nach oben. Etwas piekste sie in den Rücken, sie nahm es kaum wahr. Finger betatschten ihren Po. Sie ließ es geschehen, gelähmt vor Angst.
    »Schau, sie hat keine Angst mehr.«
    »Braucht sie nicht.«
    »Das gefällt ihr.«
    »Ja, das macht ihr Spaß.«
    »Wir wollen auch Spaß haben.«
    »Wir sind deine Freunde.«
    »Und Freunden bereitet man gerne einen Spaß.«
    Sie lachten, und ein dumpfes Klirren durchschnitt die Stille, als das Glas der Bierflaschen aneinander schlug.
    »Wie heißt du?«
    »Ja, sag uns deinen Namen!«
    Wenn ihr das die Chance bot, die Betrunkenen zu besänftigen, bitte schön, dann sollten sie ihren Namen erfahren.
    »Ich… ich…«, wimmerte sie. Es dauerte ein paar Sekunden, in denen ihr Gehirn verzweifelt versuchte, sich zurechtzufinden. »Ich kann mich nicht erinnern.«
    Das war nicht gelogen; sie wusste nicht, wie ihr Name war. Auch nicht, wie sie überhaupt in diese gottverlassene Gegend und in diese Situation gelangt war. Sie fühlte sich wie ein hilfloses Kind, das sich im Wald verlaufen hatte und jetzt vom bösen Wolf entdeckt worden war. Mama, wo bist du? Doch ihre Mutter war nicht hier.
    »Die Arme, sie kann sich nicht erinnern«, hechelte einer der Typen.
    »Wie schade.«
    »Schade, schade.«
    »Aber vielleicht hilft das deiner Erinnerung auf die Sprünge.«
    Sie johlten. »Schau mal, was wir für dich haben.«
    Mit einem ratschenden Ton wurde ein Reißverschluss gezogen.
    »Sieh mal, was er für dich hat.«
    »Mein großer Brennkolben.«
    »Und was man damit alles machen kann.«
    »Wärme spenden.«
    Wieder lachten sie. Die Hose raschelte auf die Knöchel herab.
    »Ich habe auch einen Kolben«, sagte sein Kumpel.
    »Und was für einen.«
    »Davon wird dir bestimmt warm werden.«
    »Ganz heiß wird dir werden.«
    Er packte sie und bog den Kopf herum. Sie zuckte zurück und verfluchte ihre Mutter, die nicht da war, sie vor dieser Erniedrigung nicht bewahrte. Mama, warum hilfst du mir nicht?
    Eine Stimme sagte: »Deine Mutter wird dir jetzt auch nicht helfen. Sperr dein kleines Maul auf.«
    Sie streckte ihre Arme zur Abwehr aus, doch die beiden anderen Männer hielten sie zurück. Etwas Weiches klatschte ihr gegen die Wange. Sie roch den ungewaschenen, verschwitzten Schwanz. Sie presste die Lippen aufeinander. Finger hielten ihr die Nase zu, und sie musste den Mund öffnen, um Luft zu holen. Das Glied drängte in ihren Rachen, und sie versuchte, ihr Bewusstsein abzuschalten.
    Der Mann schrie über ihr auf. Erneut prallte sein Glied gegen ihr Gesicht, diesmal nicht, weil seine Lust ihn dazu anstachelte, sondern weil er über sie hinwegstolperte. Dankbar begriff sie: Etwas riss ihn von den Beinen.
    Die anderen beiden Männer ließen überrascht von ihren Armen. »Was zur Hölle ist das?«, rief einer in das Halbdunkel der Gasse, bevor etwas gegen seinen Unterkiefer schlug. Sie konnte hören, wie er knirschend brach.
    »Scheiße, nichts wie weg hier!«, brüllte der andere. Schritte klapperten über das Straßenpflaster, dann waren sie verschwunden und Stille

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