Ruf der Vergangenheit
sich wieder völlig erholen wird.“
„Werdet ihr – wird Shine – Konsequenzen spüren?“
„Nein, Baby.“ Er rückte näher, konnte es kaum ertragen, sie so niedergeschlagen und mutlos zu sehen. „Wir kämpfen, seit meine Vorfahren das Medialnet verlassen haben, das ist nur ein weiteres Kapitel. Der Konflikt ist jetzt offener.“
„Bist du böse auf mich?“
„Ja.“ Er spürte immer noch die Panik, die ihn ergriffen hatte, als sie so nahe bei Ming stand und er im Wagen eingeschlossen war. „Du hättest mich nicht betäuben sollen.“ Die Dosis war zwar gering gewesen – er war bereits aufgewacht, als sie den ersten Treffpunkt verließen –, aber eigentlich hätte der Injektor vollkommen leer sein müssen.
„Ich wusste, wie sorgfältig Ming vorgeht“, sagte sie und schob ihre Finger unter sein T-Shirt. „Das hätte er niemals übersehen. Ich musste ihn davon überzeugen, dass ich ein weiteres Mal falsch gespielt hätte, hätte dich glauben gemacht, du wärst mir wichtig … und dich dann an ihn ausgeliefert, um meine eigene Haut zu retten.“
„Und da er so überzeugt von seiner Macht ist, hätte er nie tiefer gebohrt.“
„Nie.“ Ein verkrampftes Lächeln. „Ich bin ein Nichts für ihn – der Gedanke, ich könnte einen eigenen Willen haben, wäre ihm nie gekommen.“
Er legte die Arme um sie. „Woher hattest du die Pistole?“
Sie hatte sich schon gefragt, wann er ihr diese Frage stellen würde. „Rate mal.“
„Von meiner Großmutter.“
„Genau.“ Katya hatte eigentlich mit einer Ablehnung gerechnet, als sie gefragt hatte. Doch Kiran Santos hatte ihr lange in die Augen gesehen, dann in die Tasche gegriffen und die Waffe herausgezogen. „Zuerst konnte ich kaum glauben, dass sie mir so vertraute, aber dann begriff ich, dass ihr Vertrauen dir galt.“ Sie legte ihm die Hand auf das Herz. „Erzählst du mir, warum sich Schlösser wie von Zauberhand vor dir öffnen?“
„Hast es wohl doch bemerkt?“ Leicht dahingesagt, aber sein Herz wurde kalt. Denn wenn sie ihn nach seinen Geheimnissen fragte … „Nein.“
„Bitte – ich bin so neugierig.“
Und weil er ihr nichts abschlagen konnte, sagte er ihr, was ihn mit Metallen verband. „Zuerst dachte ich, es würde sich nur auf Metall beschränken. Ich konnte es spüren, quasi schmecken. Und die Kälte half mir, ruhig zu bleiben, wenn alles drunter und drüber ging.“ Nur bei ihr nicht. Bei ihr hatte es von Anfang an nicht funktioniert. „Als ich älter wurde, fand ich heraus, dass ich Sachen aus Metall manipulieren konnte, Türschlösser und Ähnliches.“
„Hat es sich noch weiter entwickelt?“
„In diesem Jahr habe ich angefangen, eine ‚Verbindung‘ zu Maschinen aufzubauen, die nur wenig Metall enthalten – auf einer sehr einfachen Ebene klappt es auch. Bei Fahrzeugcomputern zum Beispiel. Vielleicht kann ich irgendwann auch mit komplizierteren Systemen ‚reden‘ – Glen und Connor meinen, eines Tages könnte ich sogar ganz ohne Metall auskommen.“
„Ganz außergewöhnlich“, flüsterte sie. „Du entwickelst eine Fähigkeit, mit Maschinen rein geistig zu kommunizieren.“ Einen Augenblick verschwand der Schmerz aus ihrer Stimme, die Wissenschaftlerin in ihr war fasziniert. „Eine dem technologischen Zeitalter angepasste Gabe.“
„Genau das sagen die Ärzte auch.“ Er lockerte seine Umarmung und umfing ihren Kopf mit seinen Händen, streichelte ihren Nacken, „Willst du mal was Tolles sehen?“
Sie nickte schwach, viel zu schwach. Der Schmerz schoss von seinem Kopf in den Rücken, doch er ließ die Gefühle nicht zu, blieb stark, denn sie brauchte ihn. „Sieh her.“ Er konzentrierte sich und zog Metall an.
„Oh!“ Katya bückte sich, als eine kleine Skulptur an seinen Arm flog. „Bist du magnetisch?“
„Nein.“ Er nahm die Skulptur und stellte sie auf einen Tisch. „Im Ergebnis ist es aber dasselbe. Du solltest mal sehen, was ich mit Löffeln alles anstellen kann.“
Sie versuchte zu lächeln, aber er merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. „Katya?“
„Tut mir leid, Dev.“ Sie blinzelte. „Aber ich spüre meine Beine nicht mehr.“
Er zuckte zusammen. „Nein. Das ist noch zu früh.“
„Viel zu früh“, stimmte sie zu. Sie konnte ihn nicht gehen lassen. „Über die Programmierungen müssen wir uns keine Sorgen mehr machen – ich bin nicht mehr kräftig genug, um Schaden anzurichten.“
„Und Ming?“, stieß er hervor.
„Solange er bewusstlos ist, können die
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