Ruf der verlorenen Seelen
sagte, lieber
würde sie in ein Haifischbecken springen, als ein ganzes Wochenende
mitanzusehen, wie Chelsea Mike anhimmelte. Hinzu
kam, dass Jules keinen Schnee mochte. Es sei denn, sie hatte ein
Brett unter den FüÃen und sauste mit Höchstgeschwindigkeit
einen Berg runter.
Umso mehr konnte sich Claire dafür begeistern, sie stellte
schon Mannschaften für die groÃe Schneeballschlacht auf, die
sie geplant hatte.
Mikes Vater, Ed Russo, hatte am Freitag kurz angerufen, als
Violet in der Schule war. Er hatte ihrer Mutter alle nötigen Informationen gegeben, unter anderem die Telefonnummer des
Mini-Markts, der ein paar Kilometer entfernt war, denn in der
Hütte gab es weder Telefon noch Handyempfang.
Die Nummer gehörte zu einem Münztelefon, doch er hatte
ihr erklärt, dass in dem Laden extra eine Pinnwand für telefonische
Mitteilungen hing.
Ihre Eltern waren beruhigt, schlieÃlich war es nur für eine
Nacht â und das sagte sich auch Violet immer wieder.
Eine Nacht lieà sich alles ertragen.
»Also, was unternehmen wir als Erstes?«, fragte Claire aufgekratzt
von der Rückbank.
»Meine Güte, Claire, keine Ahnung, aber vielleicht erkundigst
du dich in fünf Minuten noch mal. Seit du das letzte Mal
gefragt hast, hatten wir noch nicht genug Zeit zum Nachdenken.
« Mit Chelseas Laune war es während der Fahrt schnell
bergab gegangen und ihre Geduld reichte für nichts und niemanden
mehr â nicht mal mehr für Claire, die vor ihren Ausbrüchen
normalerweise sicher war.
»Mann, Chels, war doch bloà 'ne Frage.« Für Claires
Verhältnisse war das schon fast ein Fluch. Sie machte einen
Schmollmund und verschränkte die Arme vor der Brust. Chelseas
schnippischer Ton hatte sie anscheinend tief getroffen.
Chelsea entschuldigte sich nicht, sie schloss die Augen, legte
den Kopf zurück und atmete noch einmal tief durch.
»Soll ich noch mal ranfahren?«, fragte Jay und schaute im
Rückspiegel besorgt zu Chelsea. Er warf Violet einen nervösen
Blick zu, und sie wusste genau, was er dachte.
Chelsea durfte auf keinen Fall kotzen, jedenfalls nicht in sein
Auto.
Chelsea seufzte ärgerlich. »Wozu, Jay? Damit ich noch mal
durch die Kälte spazieren und erzählen kann, wie beschissen â
ja, genau, Claire, ich hab beschissen gesagt â es mir geht? Nein,
danke. Fahr einfach weiter. Je schneller wir da sind, desto eher
kann ich aus dieser Dreckskiste raus.«
»Jay nimmt dir das nicht krumm, stimmt's, Jay?« Mike lachte
und boxte scherzhaft gegen Jays Nackenstütze. Anscheinend
fühlte er sich sicher vor Chelseas ätzenden Bemerkungen.
Aber das war er nicht.
»Schade«, schoss Chelsea zurück, ohne die Augen aufzumachen.
»Vielleicht sollte er es mir aber krumm nehmen. Vielleicht
wird mir gar nicht von dem Auto übel, sondern von seinem
Fahrstil.«
Violet prustete fast los, hielt sich aber gerade noch rechtzeitig
die Hand vor den Mund.
Als sie Jay von der Seite anschaute, zeigte er ihr ein stummes
Ha-ha, und das machte es noch schwerer, sich zu beherrschen.
Violet dachte, dass es Chelsea vielleicht besser gehen würde,
wenn sie vorn sitzen könnte, aber sie bot ihr nicht noch mal an,
die Plätze zu tauschen. Das hatte sie schon versucht, als sie angehalten
hatten, damit Chelsea frische Luft schnappen konnte.
Chelsea hatte nur gefaucht, sie könne sehr gut hinten sitzen.
Natürlich wollte Chelsea nur nicht ihren Platz neben Mike
aufgeben. Violet hatte keine Lust, sich noch mal anfahren zu
lassen. Also saà sie stumm da und tat so, als wäre es gar kein
Problem, sich während der ganzen Fahrt anzuschweigen.
»Wir sind bald da«, verkündete Mike von hinten. »Da vorn
ist der Laden, wo wir alles Nötige einkaufen können. Hier habt
ihr die letzte Chance zu telefonieren, also falls jemand will â¦Â«,
sagte er.
Violet schaute auf ihr Handy. Es stimmte, sie hatte keinen
Empfang mehr.
»Gott sei Dank. Violet, kannst du mir ein paar Kräcker
holen? Und eine Cola? Mir geht es echt dreckig.«
Violet drehte sich zu Chelsea um, die immer noch den Kopf
zurückgelegt hatte und die Augen geschlossen hielt. Jay sagte:
»Willst du nicht doch mal aussteigen und dir ein bisschen die
Beine vertreten?«
»Keine Sorge, ich werd dir schon nicht dein kostbares Leder
ruinieren«, zischte sie. »Aber wenn du solche Panik hast, gib
mir doch eine
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