Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)
tief ins Herz. Ich war eben kein Vampir, der darüber hinwegsehen konnte. Ich war ein Mensch – menschlich eifersüchtig. Auch davor war ich nach Ägypten geflohen. Davor und vor der Sehnsucht, ebenso zu werden. Unsterblich. Um nicht länger mit dieser Kluft zwischen mir und meinem Liebsten leben zu müssen. Seufzend schob ich diese Gedanken beiseite. Das war jetzt alles viel zu anstrengend. Lemain war fort, ich war wieder Zuhause, ich lebte noch, und zwischen Armand und mir hatte sich nichts geändert. Sonst gab es nichts, was wichtig gewesen wäre.
„Ich würde mich gerne zurückziehen, Franklin.“
Meine Stimme klang matt. Er erhob sich, um mich zu meinem Zimmer zu begleiten, doch ich winkte ab. Den Weg fand ich auch noch alleine.
In der Nacht wurde ich von Armands warmem Körper an meiner Seite wach. Selig kuschelte ich mich an ihn. Küsste ihn voller Sehnsucht. Er senkte seine Fangzähne in meine Lippen. Küsste mich, während er gleichzeitig von mir trank. Das hatte er vorher noch nie getan. Das Gefühl war so intensiv und berauschend, dass ich es kaum ertragen konnte. Ich wand mich in seiner Umarmung. Sein Griff wurde fester, bis ich wieder still hielt. Göttin, ich würde zerspringen vor Lust, wenn er dieses Spiel weitertrieb. Widerstrebend löste er sich von mir und sah mich mit klaren, ernsten Augen an. Er wollte mich trinken lassen, doch wollte er mich nicht wieder tiefer in die Abhängigkeit von diesem tödlich-süßen Elixier bringen.
„Es ist in Ordnung. Ich habe es überwunden. Lemain hat nicht Recht behalten.“
Er zog mich wortlos an sich. Ich spürte seine Wärme durch den dünnen Stoff meines Nachthemdes. Nein, er würde mich jetzt noch nicht trinken lassen. Auch wenn die Versuchung groß war.
„J’avais peur, Melissa. Ich hatte solche Angst um dich.“
„Jetzt ist es vorbei. Ich lebe noch. Auch wenn mir die Erinnerung an all das noch sehr zu schaffen macht.“
„Was du brauchst, ist Ablenkung. Etwas, das dich aufmuntert und auf andere Gedanken bringt. Du solltest eine Weile weggehen von der Ashera.“
„Das kann ich nicht. Ich bin doch gerade erst wieder zurückgekommen.“
„Lass das meine Sorge sein. Franklin wird keine Einwände haben.“
Ich fragte nicht, warum. Vermutlich, weil er es gar nicht erfahren würde, bis es zu spät war. Und dann konnte er es nur noch hinzunehmen. Woher nahm Armand diese Gewissheit, dass Franklin alles duldete, was er tat?
„Schlaf jetzt, mon amour. Ich werde alles für eine kleine Reise vorbereiten. Morgen Nacht komme ich dich holen.“
„Wohin willst du mich bringen?“
„C’est une surprise! Das wird eine Überraschung“, sagte er und lächelte mich zärtlich an. „Aber es wird dir gefallen, da bin ich ganz sicher.“
Karneval
Es tat gut, am nächsten Morgen in den Frühstückssaal zu gehen und all die vertrauten Gesichter wieder zu sehen. Virginia kam auf mich zugelaufen und drückte mich so fest, dass mir fast die Luft weg blieb.
„Ach, Mel, Kind, Kind, Kind! Dass du endlich wieder da bist!“
„Vorsicht, Virginia, du bringst sie ja um!“, schaltete Ben sich ein. Ich glaube, er rettete damit mein Leben. Seine Umarmung war nicht ganz so fest wie Virginias, aber ich spürte, dass er mehr als nur froh war, mich gesund wiederzusehen. Hatte Franklin ihnen von Margret Crests Angriff erzählt?
„Es tut gut, dich wieder hier zu haben, Mel! Ägypten mag zwar de facto schön für einen Urlaub sein, aber auf Dauer ist es doch bestimmt unerträglich, oder?“
Er scherzte, aber es lag Besorgnis und Unsicherheit in seiner Stimme.
„Na ja, ich werde jedenfalls nicht auf den Gedanken kommen, das Mutterhaus zu wechseln.“
Ich sah George an einem der anderen Tische sitzen. Er schaute zu uns herüber, kam aber nicht. Ich hatte gehört, er sei aus dem aktiven Dienst genommen worden. Franklin und die anderen Verantwortungsträger unseres Mutterhauses – John als Franklins Vertreter und Camille als eines der ältesten Ordensmitglieder hier – sowie die geheimen Mitglieder der Ashera-Zentralleitung, deren Namen und Aufenthaltsort niemand außer den Leitern der Mutterhäuser kannte, hatten das so entschieden. Auf George musste es wie eine Schuldzuweisung wirken.
Nach dem Frühstück fing Franklin mich auf dem Weg zu meinem Zimmer ab und bat mich, ihm im Kaminzimmer Gesellschaft zu leisten. Er hatte Tee machen lassen, und im Kamin knisterte ein munteres Feuer.
„Deine Einkäufe sind eben angekommen.“
„Meine Einkäufe?“, fragte
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