Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
zum Sterben nach Hause zu lassen.
Pettra
Die warme Luft des Sommers strömte durchs geöffnete Fenster in den Raum. Sie roch süß und verlockend. Nach dem Meer, nach den Menschen in der Stadt, nach den Cocktails auf den vielen Partys, die jetzt gefeiert wurden und ein bisschen auch nach den süßen Träumen aus weißem Puder, die überall in der City verkauft wurden.
Ich saß an meinem Sekretär und sah die Post durch, die Andy aus Miami mitgebracht hatte. Das machte ich jeden Abend, bevor ich auf die Jagd ging. Das meiste war Werbemüll und landete direkt im Papierkorb. Ein Brief von Armand war dabei. Er schrieb, wie sehr er mich vermisse und dass ich nicht vergessen dürfe, wie sehr er mich liebe. Ich konnte gut verstehen, wie er sich dabei fühlte, dass ich bei Lucien blieb. Auch wenn er dem zugesprochen hatte. Ein kleines, selbstverfasstes Liebesgedicht lag bei. Auf rosenbedrucktem Papier. Bestäubt mit dem Duft, mit dem er seine Geruchlosigkeit so oft zu überlagern suchte. Ich musste lächeln und legte ihn ordentlich gefaltet zwischen die Seiten meines Tagebuches.
Lucien hatte eine Einladung zum Ballett für morgen Abend zwischen die übrigen Umschläge geschoben. Daher also auch die einzelne rote Rose auf meinem Tisch. Wollte er diesmal eine Ballerina in seine Burg entführen? Ich schnaubte. Aber natürlich würdeich annehmen. Etwas anderes war undenkbar. Was würde er wohl tun, wenn ich nach London zurückreiste? Ich dachte immer häufiger daran, weil ich Armand schmerzlich vermisste.
In meinem E-Mail-Eingang fand ich ebenfalls eine Nachricht von Lucien. Und zwei Rundmails der Ashera über laufende Fälle. Ich schob die Ashera-Mails in mein privates Archiv, im Moment mied ich den Kontakt mit dem Orden lieber. Auch Franklins Emails ruhten alle noch ungelesen in dem Mail-Ordner, weil ich ihren Inhalt vermutlich nicht ertragen hätte. Voller Sorge und der Bitte, ich möge zurückkommen. Der Frage, wo ich war, wie es mir ging. Was sonst sollte in diesen Nachrichten stehen. Ich wollte sie einfach nicht lesen. Luciens Mail verschob ich in keinen Unterordner, sondern löschte sie ungelesen.
„Das war nicht nett!“
Er stand direkt hinter mir. Mein Körper spannte sich an. Die Sanftmut in seiner Stimme war ebenso trügerisch wie seine zärtliche Berührung, als er die Hände auf meine Schultern legte, sie langsam meine Arme hinuntergleiten ließ, bis er meine Handgelenke umfasste. Ich rechnete damit, dass er mich im nächsten Moment grob hochreißen würde, aber er tat nichts dergleichen. Stattdessen ließ er meine Hand los, berührte mit der Fingerspitze den Bildschirm. Sofort erschien seine Mail geöffnet auf dem Monitor.
‚Ana aarfo ahlamk gaydaa – ini ara afkark
. Ich kenne deine Träume - ich sehe deine Gedanken.’
„Also versuche nicht, etwas vor mir zu verbergen,
thalabi
. Das kannst du nicht. Und ich werde sehr böse auf dich, wenn du das tust.“
Er zog mich vom Stuhl in seine Arme. Seine Lippen legten sich geöffnet auf meine. Süßer Tropfen, der meine Zunge benetzte.
„
Ant men dame
. Du bist von meinem Blut. Du wirst es immer sein.“ Es schwang eine leise Drohung darin mit. „Ich hoffe, du nimmst meine Einladung an. Nachdem du dich für heute Abend ja schon wieder zu einem Alleingang entschlossen hast.“
Er war enttäuscht. Verbarg es nicht.
„Wenn du mir schwörst, dass du morgen Nacht niemanden mitbringst, um eines deiner widerlichen Spiele zu spielen.“
Der Griff um meine Handgelenke wurde so fest, dass ich aufschrie. Aber dann lächelte er gönnerhaft. „Aber sicher,
thalabi
. Wir schauen uns nur das Ballett an. Und danach bin ich die ganze Nacht allein für dich da.“
Ich war froh, eine Stunde später allein zwischen den Lagerhäusern am Hafen zu landen. Wie lange würde ich diese permanente Anspannung noch ertragen? Ich bemühte mich, keinen Fehler mehr zu machen, der den Lord erzürnt hätte. Aber ich fügte mich nicht in alles, was er verlangte.
Meine Begegnung mit der dunkelhaarigen Vampirin hatte ich inzwischen wieder vergessen. Zwei Tage nach diesem Aufeinandertreffen hatte ich in der Zeitung von dem Einbruch in das besagte Juweliergeschäft gelesen. Es waren drei besonders kostbare Colliers gestohlen worden. Sonst nichts. Man ging von einer Auftragsarbeit aus. Ich hatte keinen Zweifel, wer diesen Auftrag ausgeführt hatte. Wie auch immer, die Wahrscheinlichkeit, ihr nach so vielen Wochen noch einmal über den Weg zu laufen, tendierte gegen null. Doch das
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