Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
Wölfe.“
„Werwölfe“, korrigierte Lucien.
„Du hast genug Beweise gesammelt, Mel“, sprach Armand mir Mut zu. „Das Messer mit seinen Fingerabdrücken, die Übereinstimmung der Schnittwunden an den Opfern mit dessen Klinge, die Hütte im Wald gehört seinem bettlägerigen Onkel. Niemand außer den beiden wusste davon.“
„Wenn niemand davon wusste, wie hast du sie dann gefunden?“ Ein lauernder Unterton mischte sich in Luciens Stimme.
„Das war Glück. Andrea war nachlässig. Es führte eine Blutspur von der Leiche zur Hütte. Und auf dem Weg hat er auch das Messer verloren.“
„Sollte die Spur nicht eher von der Hütte zur Leiche führen?“
„Was?“ Ich schüttelte verwirrt den Kopf. Was spielte das für eine Rolle? Die Fakten lagen auf der Hand. Es war unwichtig, von wo nach wo die Spur führte. Sie hatte beide Orte miteinander verbunden. Den Leichenfundort und die Hütte.
„Wenn die Blutspur versehentlich entstanden ist, weil der Kannibale nachlässig war, dann hätte sie doch vom Ort seiner Morde zu dem Fundort der Leiche führen müssen, denkst du nicht?“
„Das hat sie vermutlich auch“, fauchte Armand.
Lucien warf ihm nur einen bösen, funkelnden Blick zu, sprach ihn aber noch immer nicht an.
„Lucien, bitte. Ich bin der Spur im Schnee gefolgt. Von der Leiche bis zur Hütte. Warum ist das so wichtig?“
„Vielleicht ist es gar nicht wichtig,
thalabi
. Aber es wäre wichtig, wenn die letzten Worte dieses Kadavers hier der Wahrheit entsprächen und es eine gelegte Spur war, um dich zu des Rätsels Lösung zu führen. Und ehe du fragst. Nein,
malaki
. Ich habe diese Fährte nicht gelegt.“
Seine Worte verunsicherten mich. Sie passten zu Andreas Behauptung, dass man ihm eine Falle gestellt hatte. Aber wer hätte so etwas tun können?
„Jedenfalls siehst du jetzt, dass ich recht habe,
thalabi
. Deine wertvollen Menschenfreunde. Schwache, verschlagene Kreaturen sind sie. Der hier ist der beste Beweis.“ Er stieß den Leichnam mit seiner Stiefelspitze an.
„Andrea ist eine Ausnahme. So sind Menschen normalerweise nicht“, widersprach ich entschieden. Verwundert hob er eine Braue.
„So sicher? Glaub mir, es gibt keinen Abgrund in den Seelen der Menschen, den ich nicht schon gesehen hätte. Sie sind voll vom Bösen. Wenn du lange genug Vampir bist und wie ich so viel von all dem Schlechten gesehen hast, das ihnen innewohnt, dann wirst auch du jegliches Mitleid mit diesen Kreaturen verlieren und deinen angestammten Platz in unseren Reihen einnehmen. Einen sehr hohen Platz, das verspreche ich dir.“
„Assez! Genug jetzt!“ zischte Armand. Für einen Moment schien es mir, dass die beiden Vampire mittels Telepathie kommunizierten und mich ausschlossen. Doch vielleicht täuschte ich mich ja auch. „Mel hat den Auftrag erfolgreich abgeschlossen. Und dich geht die Arbeit des Ordens nichts an.“
Es war ein Affront gegen den Lord. Etwas, das man besser nicht wagte. Aber Lucien schnaubte nur verächtlich. Armand zog mich fest in seine Arme, als habe er Angst, ich könne zu dem Lord gehen, anstatt bei ihm zu bleiben.
*
Pest und Hölle, was machte der nun wieder hier? Warum folgte der Lord ihr überall hin? Wenn er in der Nähe war, hatte er keine Chance, an sie ran zu kommen. Dabei hatte er es sich so schön zurecht gelegt. Nachdem diese kleine menschliche Ratte dahin war, hätte er ihr die Beweise vorlegen können, dass er sie auf seine Spur gebracht hatte. Und dann hätte sie ihm ihr Vertrauen geschenkt. Ganz sicher sogar. Mit Armand wäre er schon fertig geworden. Es war perfekt geplant. Und jetzt das. Lucien. Er knurrte leise – es klang fast genauso wie ein Lycantrop.
Wie sollte er jetzt noch als Held dastehen, nachdem Lucien dafür gesorgt hatte, dass sich Melissa schlecht fühlte, weil ihre Entdeckung kein Zufall gewesen war? Zweifel streuen, das konnte der Lord sehr gut. Jetzt musste er auf seinen kleinen Triumph wohl verzichten. Es hätte doch ziemlich blöd ausgesehen, wenn er in die Hütte geschlendert wäre und um Anerkennung gebettelt hätte. Vor seinen Augen. Niemals. Er würde sich nie wieder vor dem Lord erniedrigen. Dann musste er eben auf eine neue Gelegenheit warten, sich das Vertrauen seiner Angebeteten zu erschleichen. In der Zwischenzeit konnte er anfangen, seine Ziele auszumachen. Dann brauchte er hinterher keine Zeit mehr mit der Suche zu verschwenden, wenn sich seine Vermutung wirklich bestätigen sollte und Melissa für ihn zum Schlüssel der
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