Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
forderte ich sie auf und machte Platz, damit sie durch das Okular schauen konnte.
Während sie sich ihren Lebenssaft in tausendfacher Vergrößerung anschaute, entnahm ich bei Armand eine Blutprobe und auch bei mir.
„Das ist mein Blut?“ Pettra klang ebenso fasziniert wie ungläubig. „Es ist ...“
„Blau?“
Sie warf mir einen Seitenblick zu. „So könnte man sagen. Ja!“
Auch Armand warf jetzt einen Blick auf unseren Probetropfen. „Extraordinaire! Faszinierend.“
„Ganz genau, Mr. Spock.“ Er verzog die Lippen, ahmte aber mit seinen Zeigefingern die langen Ohren des Enterprise-Offiziers nach.
Das Blut war in der hohen Auflösung tatsächlich eher blau als rot. Obwohl es ohne diese technischen Hilfsmittel ganz normal aussah. Ich würde es auch noch mit dem Fluoreszenzmikroskop untersuchen. Vampirblut hatte die Eigenschaft zu fluoreszieren. Besonders im Zusammenspiel mit anderen Flüssigkeiten. Wie zum Beispiel Heroin. Das hatte ich ja bei Luciens Versuchen mit den Junkies gelernt. Wenn auch Pettras Blut fluoreszierte, war das ein erster Anhaltspunkt. Außer natürlich das Blut eines Vascazyrs hatte ebenfalls diese Eigenschaft. Doch woher eine solche Probe bekommen? Ich nahm Glöckners Angebot wahr und drückte die Null auf dem Telefonapparat.
„Miss Ravenwood?“
„Entschuldigen Sie, dass ich schon wieder störe. Aber gibt es wohl Aufzeichnungen über Blutproben von Vascazyren im Zentralrechner?“
„Möglich wäre es. Schauen Sie doch einfach nach. Ihr Online-Zugang ist bereits freigeschaltet. Sie können vom Rechner im Labor aus wie gewohnt auf alle Daten zugreifen.“
Peinlich. Warum hatte ich nicht erst dort nachgesehen? „Danke, Mr. Glöckner. Ich hatte einfach nicht damit gerechnet, dass das so schnell gehen würde.“
Ein warmes Lachen war die Antwort. „Dann eine gute Nacht, Miss Ravenwood. Und viel Erfolg.“
Auf Pettras fragenden Blick zuckte ich entschuldigend die Achseln. Dann schaltete ich den Computer ein, um mich in die zentrale Datenbank der Ashera einzuloggen. Nachdem mein Passwort akzeptiert worden war, überließ ich Armand das Feld, der viel besser mit diesen Dingern umgehen konnte als ich, damit er die Dateien nach Aufzeichnungen über das Blut von Pettras Mutter durchsuchen konnte. Er lächelte zufrieden, auch eine nützliche Aufgabe zu haben.
Einen deutlichen Unterschied zwischen Pettras Blut und dem von Mensch und Vampir hatte ich schon entdeckt. Während die Bestandteile von menschlichem Blut unter dem Mikroskop eher rund aussahen, die roten und weißen Blutkörperchen, die Plasmazellen und so weiter, bestand Pettras Blut aus langen, fadenähnlichen Fragmenten, die sich spiralförmig zu kleinen Knäueln miteinander verwoben. Ich hoffte, dass es beim Blut der Dämonenart genauso aussah. Das wäre ein guter Anfang.
Nach knapp einer Stunde hatte Armand so ziemlich jede Datei über Vascazyre durchforstet. Über deren Blut gab es leider nur sehr wenige Informationen. Einmal war von länglichen Blutzellen die Rede, was unserer Analyse zumindest nahe kam. Aber so wie es im Bericht stand, verliefen die Fäden nebeneinander, nicht zu Knäueln verwoben. Möglicherweise waren die Knäuel ein Resultat der Kreuzung. Die Blutstruktur der einen Art mischte sich mit der anderen und erzeugte sozusagen ein Zwischending. Mehr fanden wir leider nicht. Weder über Farbe, noch über Eigenschaften oder genauere Zusammensetzung. Das Ganze würde wohl doch schwieriger werden, als ich zunächst gedacht hatte.
„Vielleicht hilft es uns weiter, wenn ich dein Blut und meins im direkten Vergleich habe“, überlegte ich laut. Ich träufelte einen Tropfen meines Blutes auf einen neuen Objektträger und einen von Pettras Blut direkt daneben. Behutsam hob ich das kleine Plättchen an und schob es in das Mikroskop.
Als ich das Okular neu einstellen wollte, begann der Tisch, der Boden, der ganze Raum zu wackeln. Reagenzgläschen stießen klirrend gegeneinander. Die Kanülen mit denen ich die Blutproben genommen hatte, fielen zu Boden.
Ein Erdbeben. Nichts Ungewöhnliches in New York. Es war nur leicht und würde gleich vorbei sein. Doch die Schwingungen hatten die beiden Blutstropfen auf dem Glasplättchen erfasst. Ich war noch nicht dazu gekommen ein Abdeckplättchen zur Sicherung der Probe darauf zu legen. Ihre Oberfläche zitterte. Als die Erdstöße wieder aufhörten, gab die Spannung nach. Zwei winzig kleine Rinnsaale flossen aufeinander zu und vermischten sich zu einem großen
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