Ruf des Blutes 3 - Dämonenring (German Edition)
Ich habe viele Freunde in einflussreichen Kreisen, Geschäftspartner, unterhalte sogar Kontakte zu Prince Charles. Doch London ist mir zu kalt und nass. Ich ziehe den Schwarzen Kontinent vor.“ Er legte den Kopf schief und lächelte. „Du siehst, es gibt für mich keinen Grund, euch euer Leben zu neiden und darum zum Kampf zu blasen, wie Kaliste behauptet. Wir leben genauso wie ihr, passen uns an. Anders kann man nicht überleben.“
Das Wort überleben brachte mich auf eine Frage, die ich ihm ohnehin hatte stellen wollen, obwohl ich eine ungute Ahnung hatte.
„Was habt ihr eigentlich mit meinen drei Mitstreitern gemacht?“
Er senkte schuldbewusst den Blick. „Dasselbe wie mit vielen anderen deiner Krieger. Wir haben sie getötet.“
Ich sog hörbar die Luft ein. Es fühlte sich an, wie ein Schlag in die Magengrube. Auch wenn ich die Drei nur kurze Zeit gekannt hatte, sie waren mir ans Herz gewachsen und ihr Tod machte mich traurig. Als sei ein Teil meiner Familie gegangen, was ja nicht ganz falsch war.
„Es tut mir leid“, beeilte er sich zu sagen. „Ich war sogar dafür, sie nur zu verjagen, aber Arian ist der Meinung, dass deine Art sich raushalten sollte. Es ist unsere Verantwortung, dafür zu sorgen, dass die schwache Brut nicht zuviel Schaden anrichtet.“
„Da habt ihr aber gründlich versagt.“
Er nickte unwillig und sah wieder zu seinem stummen Begleiter, mit dem ich vorletzte Nacht so unerfreuliche Bekanntschaft gemacht hatte. Im Augenblick war ich froh, dass Arian weit genug von uns weg stand.
„Er ist mein Bruder. Der erste mit dem Ring Erschaffene. Arian ist älter und hatte auf all das ein Vorrecht. In diesem Fall ist er wohl froh, dass ich es ihm verwehrt habe. Er wäre noch glücklicher gewesen, hätte ich es ihm gänzlich vorenthalten.“
Dann war er sicher nicht glücklich darüber, ein Bluttrinker zu sein. Dafür ging er aber ziemlich hart zur Sache. Er tötete seine eigene Art. Aber wenn jemand anderes das tat, wurde der gleich mit plattgemacht. Merkwürdige Einstellung.
„Wenn du nicht unter Tizians Schutz stehen würdest …“
„Tizian?“ Mein Herz setzte einen Schlag aus. Unser Ur-Vater. Kalistes Bruder. Der Sanfte von den beiden. Was hatte der mit Raphael zu tun?
„Er ist dein Fürsprecher. Und er ist uns nicht feindlich gesonnen. Nicht so wie Kaliste, die uns am liebsten alle tot sehen würde. Was wir als Notwendigkeit sehen, ist die Vernichtung unserer schwachen Brut. Das tun wir seit einigen Jahren, du weißt das.“
„Warum sind sie so anders?“
„Das liegt an ihrer Geburt. Wir können uns nicht vermehren wie ihr. Nicht ganz. Nur der Ring schafft Neue. Er hat die Macht. Das Blut der Macht. Ohne ihn hat der neugeborene Vampir keine Seele. Darum werden sie so, weil sie keine Seele mehr haben.“ Er seufzte. „Das habe ich viel zu spät bemerkt. Ich bin der Einzige, der Neue schaffen kann, weil ich den Ringtrage. Doch ich zeuge keine Nachkommen mehr. Es ist genug. Wenn die Schwachen jetzt ausgerottet sind, wird es keine Neuen mehr geben. Die Elite schafft sich keine Gefährten. Wir suchen einander oder die Nähe zu einem Menschen für eine Zeitspanne, die wir für vertretbar halten. Aber das Blut wird nicht mehr weitergegeben. An diese eiserne Regel halten wir Alten uns jetzt schon viele Jahrhunderte. Es soll keine mehr geben, die wie seelenlose Zombies durch die Welt ziehen und von jedem halbwegs fähigen Dämon wie Marionetten benutzt werden können. So wie es jetzt geschehen ist.“
„Seelenlos. Und verstandslos.“
„Oh nein“, widersprach er. „Sie haben Verstand. Einen sehr scharfen, aber animalischen. Sie wissen, dass sie keine Seele haben. Das ist die Tragödie ihres Lebens. Wie grausam muss es sein, seelenlos zu leben und darum zu wissen.“
Er machte eine kurze Pause, in der ich mich fragte, ob Crawler wohl ein Spiegelbild hatten, wenn ihnen die Seele fehlte. Aber sie hatten ja auch einen Schatten. Ich schüttelte den Kopf und konzentrierte mich wieder auf Raphael.
„Sie vermehrten sich zu schnell. Hofften, in der Masse stark zu werden, wenn schon nicht als Einzelner. Ernährten sich von Tieren, weil ihnen der Mut und die Kraft fehlten, ständig unter Menschen zu jagen. Nur wenn sie in Rudeln auszogen, konnten sie sich schwache Sterbliche schnappen, die sie dann in ihre unterirdischen Labyrinthe verschleppten und dort verwandelten. Schwache Sterbliche werden noch schwächere Vampire. Mit jeder Generation starben mehr bei der Wandlung. Viele
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