Ruf des Blutes 3 - Dämonenring (German Edition)
aber es klang so weit weg. Die Akustik dieses Höhlensystems verfälschte meine Wahrnehmung. Ich war so hilflos wie ein Neugeborenes. Okay, wenn sich meine normalen Sinne täuschen ließen, dann musste ich mich auf meine übernatürliche Wahrnehmung verlassen. Ich atmete tief durch und schloss die Augen, weckte den Dämon, sandte ihn aus. Gierig begann er, die Umgebung zu erkunden. Leckte über jede Felsspalte, tastete Boden und Wände ab, schnüffelte, lauschte. Als er wie ein Jagdhund losstob, brauchte ich ihm nur zu folgen.
Die Ammit hatte Angst vor meinem Blutdämon. Sehr seltsam. Sie ergriff die Flucht, jagte durch die Gänge, die gehörnte Bestie meiner Seele immer hinterher. Ich sah den Weg mit den Augen des Dämons. Ein verzerrtes Bild in blau und grün. Immer wieder bog der Gang scharf nach links oder rechts. Die Schattenfresserin war schnell, ich schneller. In einer kleinen Zwischenhöhle stellte ich sie. Vier Gänge führten von hier fort. Sie versuchte, durch den Ersten zu entkommen, aber Armand kam just in diesem Moment von dort und schnitt ihr den Weg ab.
„Nicht so schnell“, sagte er und beförderte sie mit einem kräftigen Sidekick gegen die Wand. Beeindruckendes Manöver. Diesmal flatterte mein Herz aus angenehmerem Grund.
Das Gestein schimmerte hier, ich konnte mit meinen Augen wieder sehen. Zum erstenmal erhaschte ich einen genaueren Blick auf unsere Gegnerin. Himmel, sie sah noch schlimmer aus als in den Dokumenten der Ägypter. Hässlich und entstellt mit dem Krokodilsmaul, das mich an die Ghanagoul-Wächter von Kaliste erinnerte. Eine Löwenmähne fiel auf die kräftigen Vorderbeine herab, die den Tatzen dieser Raubkatze ähnelten. Das Hinterteil war grau und plump. Ihre verzweifelte Wut machte sie noch unansehnlicher. Sie bleckte die Zähne, fauchte erst in Armands, dann in meine Richtung. Mit einem Ausfallschritt versuchte sie uns zu täuschen und in den dritten Gang zu entkommen, aber hier stellte ich mich ihr in den Weg. Ich erwischte ihren Kopf mit meinen Krallen. Das Gewebe fühlte sich widerlich an, als es nachgab. Auch sie schlug jetzt mit der Pranke nach mir, verfehlte aber ihr Ziel. Mein Glück. Sie hätte mir mit dem Schlag den Bauch aufgerissen und meine Eingeweide herausgeholt.
Kämpfen war zwecklos in dieser kleinen Kammer. Außerdem hatten wir nicht die Absicht, sie zu töten, sondern wollten sie nur aufhalten. Darüber hinaus hätte ich sie liebend gern Warren Forthys präsentiert. In einem kleinen Käfig. Nur, wen von den beiden würde ich in den Käfig stecken und wen davor postieren?
Ein glucksendes Lachen bildete sich in meiner Kehle.
„Mel!“ Armand wies mich mit scharfem Ton zurecht und schaute mich zweifelnd an, weil ich in dieser Situation Sinn für Humor entwickelte. Er hatte recht, entschlossen kämpfte ich meine gedankliche Entgleisung nieder. So wichtig war es wirklich nicht, ob der Agent ans Übersinnliche glaubte oder nicht. Viel wichtiger war es, die Ammit unter Kontrolle und wenn möglich hinter Schloss und Riegel zu bringen. Sie hatte gemordet. Ich musste wissen warum, wer ihre Auftraggeber waren und vor allem galt es zu verhindern, dass weitere Morde folgten.
Beim nächsten Versuch der Dämonin, in einen der Gänge zu entkommen, griffen Armand und ich gemeinsam an. Worte waren überflüssig, wir waren inzwischen ein eingespieltes Team. Ich sprang hinter sie, schwang mich auf ihren Rücken und umklammerte ihren Hals. Die Ammit sprang herum, bockte und stieg wie ein Rodeopferd, doch ich hielt mich oben. Armand hatte versucht, sie gleichzeitig von vorne zu packen, was aber ungleich gefährlicher war, da sie mit ihren Pranken wild um sich schlug. Er musste ihren Schlägen immer wieder ausweichen, die auch für ihn tödlich gewesen wären. Endlich gelang es ihm,einen ihrer Arme zu packen. Es war zu dunkel, ich zu sehr damit beschäftigt, meine Position zu halten, als dass ich alles genau hätte sehen können. Aber ich hörte Armand aufkeuchen, Sekunden bevor es ihm gelang, auch den zweiten Arm zu packen.
Die kleine Höhle füllte sich mit dem Geruch von Blut. Nachdem die Ammit jetzt offenbar ihre Unterlegenheit gegen zwei Gegner erkannte und nachgab, warf ich einen Blick auf Armand. Das weiße Hemd war nur noch ein Fetzen, auf seiner Brust klafften vier tiefe Risse, aus denen unaufhörlich dunkle Tropfen zu Boden fielen und in Ritzen im Gestein versickerten. Die Wunden bildeten selbst in diesem dämmrigen Licht einen so starken Kontrast zu seiner weißen
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