Ruf des Blutes 3 - Dämonenring (German Edition)
nächsten Worte beantworteten meine unausgesprochene Frage schon fast.
„Außerdem sind die Farben alle mit meinem Blut gemischt, damit der Körper sie nicht abstößt oder resorbiert.“
„Lebt der Tätowierer noch?“
Dracon beantwortete die Frage mit einem Blick, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Mit diesem Wissen hatte er ihn einfach nicht weiterleben lassen können.
„Aber er war gut.“
Ich verzog das Gesicht und entfernte mich ein paar Schritte. Suchend blickte ich mich um. Auf dem Bett wollte ich nicht Platz nehmen, er hätte es als Aufforderung sehen können. Ich entschied mich für einen Hocker in der Ecke.
„Es ist nicht immer leicht, der Teufel in Person zu sein“, sagte er freudlos. „Glaub nur nicht, dass ich Spaß daran habe.“
„Warum bist du dann so?“
Er schnaubte. „Ich bin so, weil man mich so gemacht hat.“
Ich schwieg und wartete, was er mir sonst noch zu sagen hatte. Es war ihm anzusehen, dass er das Bedürfnis verspürte, sein Herz auszuschütten, aber noch nicht wusste wie.
„Ich bin ein Mischling, weißt du das?“, fragte er schließlich.
Ich nickte. Ein bitteres Lächeln umspielte seine Lippen.
„Man sieht es mir an. Selbst nach der Wandlung ist dieser Makel unverkennbar. Wenn er auch nicht mehr ganz so deutlich hervortritt. Auch meine Haut ist heller geworden. Vom Milchkaffeebraun eines Sterblichen zum hellen Goldbraun eines Unsterblichen. Es ist ein Vorteil. So falle ich weniger auf unter den Menschen. Genau wie Lucien. Trotzdem ist da jedes Mal diese Gewissheit, wenn ich in den Spiegel sehe, dass ich nicht rein bin.“
Er machte eine kurze Pause. Seine Gedanken reisten weit in die Vergangenheit. Keine besonders schönen Erinnerungen, wie es schien. „Sie war eine Hure, meine Mutter. Auf einem Sklavenschiff hatte man sie nach Portugal gebracht und weiter nach England, wo sie auf dem Markt wie ein Stück Vieh verkauft wurde. Ein Mädchen von gerade mal dreizehn Jahren. Der Mann, der sie kaufte, vergewaltigte und schlug sie. Sie musste den ganzen Tag hart in seiner Wäscherei arbeiten und nachts zwang er sie, in seinem Bett die Beine breit zu machen. Wenn sie nicht gut genug war, verprügelte er sie. Wenn sie sich wehrte, ebenso. Schließlich lief sie fort. Er hat nicht mal nach ihr gesucht. Vermutlich hat er einfach Ersatz für sie gekauft. Zwei Jahre lebte sie in der Gosse, bettelte und stahl, um zu überleben. Als dann ein harter Winter kam, wäre sie in den Londoner Straßen fast erfroren. Mrs. Charlston fand sie in einem dreckigen Hinterhof. Sie gab ihr Essen und warme Kleider. Aber nicht aus Gutmütigkeit, obwohl meine Mutter das immer so sah. Sie hatte zwar ein Dach über dem Kopf und genug zu essen, dafür musste sie aber auch mit Männern auf die Zimmer gehen, denn Mrs. Charlston gehörte ein billiges Bordell an den Docks. Es machte meiner Mutter nichts aus, mit diesen Männern zu schlafen. Sie war es ja schon gewohnt. Und hier gab es zumindest keine Schläge. Als ich dann zur Welt kam, war sie sich ganz sicher, wer mein Vater war. Sie gab mir seinen Namen. Pascal. Pascal Molèine war ein Kapitän. Bei meiner Geburt längst wieder auf See. Doch knapp ein Jahr vorher, als er längere Zeit in London lebte, war er jede Nacht zu ihr gekommen. Hatte sie zum Essen ausgeführt, ihr Kleider und Schmuck geschenkt. Ihr versprochen, sie freizukaufen. Sie hat ihm geglaubt. Hat immer gewartet, dass er wiederkommt. Sogar auf dem Sterbebett hat sie nur nach ihm gerufen. Sie hat nicht mich gemeint, das weiß ich.“
Ich sah rote Tränen in seinen Augen schimmern. Er tat mir leid. Weil er die Liebe, die ihm zustand, nicht bekommen hatte. Unwirsch fuhr er sich übers Gesicht. Er mochte diese Tränen nicht.
„Nach ihrem Tod musste ich bei Mrs. Charlston bleiben. Ich hatte ja niemanden. Wer würde sich schon um einen Mischling kümmern? Ich habe Besorgungen gemacht, in der Küche geholfen, die Zimmer der Mädchen saubergemacht, wenn die Freier fort waren. Das machte mir nichts aus. Aber dann kam eines Abends ein Matrose ins Bordell, der keins der Mädchen wollte, sondern mich. Er hat Mrs. Charlston viel Geld gegeben. Also hat sie mich mitgeschickt. Ich solle tun, was er wollte, dann wär’s auch schnell vorbei, hat sie gesagt.“ Der Ekel vor dem, was damals geschehen war, stand ihm noch jetzt deutlich ins Gesicht geschrieben. „Er stank nach Schweiß und Pisse, nach Alkohol und fauligem Fleisch. Hatte kaum noch Zähne. Als er mich küsste und mir seine
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