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Ruf des Blutes 3 - Dämonenring (German Edition)

Ruf des Blutes 3 - Dämonenring (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 3 - Dämonenring (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Carpenter
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Zunge in den Mund schob, hätte ich fast gekotzt. Aber ich tat nichts, während er mich auszog und betatschte. Auch nicht, als er seine Hosen auszog, obwohl ich vor Angst am liebsten schreiend weggerannt wäre. Erst, als er mich umdrehte und sich auf mich legen wollte, hab ich geschrien. Geschrien und mich gewehrt. Er hat mich geschlagen. Mit einem dünnen Stock. Es hat gebrannt – und geblutet. Aber viel schlimmer als der Schmerz war die Angst.“
    Er brach ab. Seine Hände umklammerten den Fensterrahmen so fest, dass die Knöchel weiß hervortraten. Seine Lippen bebten und inzwischen rannen Tränen über seine schönen Wangen. Färbten seine Haut und seine seidigschwarzen Wimpern rot. Plötzlich drehte er sich um und atmete tief durch. Als könne er mit diesem Atemzug auch die Erinnerung loswerden.
    „Ich denke, du weißt, was dann geschah.“
    „Lucien?“
    Er bestätigte es mit einem langsamen Nicken. „In dieser Zeit war er ein Earl. Besaß eine Burg und Ländereien außerhalb der Stadt. Er kam oft ins Bordell und zahlte teuer für ein Mädchen. Die, die mit ihm aufs Zimmer gingen, waren danach immer tagelang schlapp und müde. Die anderen machten ihre Scherze darüber, dass er so ein leidenschaftlicher Liebhaber war, der seine Gespielin immer zur völligen Erschöpfung trieb.“ Sein Lächeln war bitter. „Wir wissen es wohl beide besser, nicht wahr?“
    Auch ich musste lächeln. Doch meins war frei von Schmerz und Bitterkeit.
    „Er hörte meine Schreie. Er kannte mich. Hatte mich schon häufiger gesehen und immer höflich behandelt, mir ab und zu eine Münze zugesteckt. Ich mochte ihn. Und von diesem Tag an liebte ich ihn. Weil er den Matrosen niederstreckte. Ob er tot war oder nur bewusstlos, weiß ich bis heute nicht. Lucien legte mir seinen Mantel um die Schultern, damit ich meine Blöße bedecken konnte. Er tat das für mich, worauf meine Mutter so lange gehofft hatte: Kaufte mich frei, gab mir ein Zuhause. – als Vater und Liebhaber.“ Jetzt leuchteten seine Augen und sein Lächeln war verträumt. „Oh, er war sinnlich und sündig. Du kennst ihn. Seine Verführung. Es gab für mich kein größeres Glück, als in seinen Armen zu liegen. Nur den einen Schritt, den brachte ich nicht über mich. Alles, was er wollte, aber ich konnte mich nicht überwinden, ihn in mir zu spüren. Er respektierte es. Dafür liebte ich ihn umso mehr. Er war mein Lehrer. Machte mich zu seinem Verwalter. Besorgte die nötigen Papiere, damit ich ganz offiziell sein Sohn wurde. Und die ganze Zeit wusste ich, was er war und sehnte mich danach, einmal genauso zu werden. Ein Bluttrinker. Ein Geschöpf der Nacht. Ein mächtiger Zauberer.“ Traurig setzte er sich auf die Bettkante. „Er wusste es immer, Mel.“
    „Was wusste er?“
    „Was der Dämon aus mir machen würde. Dass ich zu schwach dafür bin. Aber er liebte mich. So sehr, dass er meinem Flehen schließlich nachgab. Vielleicht dachte er auch, es mir schuldig zu sein. Weil ich mich ihm schließlich ergab, ihm mehr Sohn und Geliebter war, als es irgendjemand sonst hätte sein können. Jedenfalls gab er mir Das Blut. Und schon in der folgenden Nacht verließ ich ihn für immer. Geleitet von dem teuflischen Geschöpf, das von meiner Seele Besitz ergriffen hat. Ich selbst blieb ganz tief in mir drin zurück. Wie in einem Gefängnis. Verstehst du, was ich meine? Ich sehe mich manchmal in einem winzig kleinen Raum. Kauernd auf dem Boden, als kleiner Junge. Ich bin nackt, halte mir die Ohren zu und wiege mich hin und her. Die Augen ganz fest zugekniffen. Damit ich nichts höre und nichts sehe von dem, was dieses zweite Ich tut. Ich habe keine Kontrolle darüber. Er wollte es mich lehren, hätte es bestimmt geschafft. Doch ich floh und darum habe ich nie gelernt, es zu zähmen, zu führen.“
    Es war genau das, was Lucien mir auch immer wieder erklärte. Dass ich mit meiner menschlichen Seele keine Kontrolle über den Dämon erringen konnte, wenn er mir nicht dabei half. Dracon und ich waren einander ähnlicher, als mir lieb war. Und Lucien wusste, was der Dämon aus ihm gemacht hatte. Er wollte verhindern, dass es mir ebenso erging. Vielleicht urteilte ich zu hart über ihn, wenn ich ihm vorwarf, was er mich lehrte. Wenn ich ihn kalt, gleichgültig und überheblich nannte. Möglicherweise waren seine Beweggründe sehr viel edler, als ich angenommen hatte.
    „Manchmal sehne ich mich nach meinem Vater“, flüsterte Dracon und riss mich damit aus meinen eigenen Gedanken.

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