Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
tröstend eine Hand auf seine Schulter. Er zuckte nicht einmal zusammen. Das machte mir klar, wie verzweifelt Franklin war, wenn er reaktionslos duldete, dass der Lord ihn so vertraut berührte.
„Es gibt eine alte Legende. Ich kenne sie und Steven auch. Davon sprechen wir“, sagte er leise.
Steven antwortete zwar nicht, doch er nickte kaum merklich. Große Göttin, bitte nicht schon wieder eine Legende. Mir drehte sich alles. Legenden waren das Letzte, was ich wollte. Die Erfahrung hatte gelehrt, dass sie nichts als Unheil bedeuteten und selbiges drohte uns von anderer Seite schon zu Genüge. Ich hatte die Nase voll davon. Außerdem ging es hier um einen Menschen, der mir wie eine leibliche Schwester am Herzen lag.
„Es wird einen unter uns geben, der ohne Arg ist. Dessen Herz so rein, dass er keine Hölle kennt. Und es heißt, er wird sterben für ein Menschenkind.“
„Ist das auch so eine Legende aus Atlantis? Wie dieser blöde Fluch, den es gar nicht gibt?“, fragte ich. Wenn es so war, dann brauchte ich mich erst gar nicht auf die Suche zu machen, denn dann gab es diesen Vampir nirgends auf der Welt. Ich glaubte sowieso schon jetzt nicht daran.
„Es ist keine Legende, die Kaliste erzählt, wenn es das ist, was du meinst.“
Lucien hatte mich sehr wohl verstanden. Er überließ Franklin seinem Kummer und kam wieder zu uns herüber. Seine schwarzen Haare umschmeichelten sein goldfarbenes Antlitz und es versetzte mir einen kleinen Stich. Er sah so zart, fast zerbrechlich aus, in dem sterilen Licht das hier herrschte. Und mit diesem ruhigen, melancholischen Ausdruck in den Augen. Dabei wusste ich ganz genau, wie kalt sein Herz in Wirklichkeit war. Er legte die langen Finger aneinander, sodass sie ein kleines Dach vor seiner Brust bildeten und blickte mit geneigtem Kopf ins Leere.
„Er ist in Liebe gezeugt“, fuhr er fort. „Und wird in Liebe sterben. Was immer das bedeutet.“
„Und weiter?“ Franklin hatte offenbar seine Selbstbeherrschung wiedergefunden und stand mit wackligen Beinen im Raum. Seine Augen glänzten fiebrig, seine Haut war noch eine Spur grauer als gewöhnlich und die Falten tiefschwarze Furchen in seinem Gesicht. Es war ihm zuwider, seine Emotionen vor Wesen wie Lucien und Steven gezeigt zu haben, doch manchmal konnte man eben nicht aus seiner Haut. Ich wusste, was Jenny ihm bedeutete.
„Franklin, Sie sollten jetzt schlafen gehen“, bemerkte Steven fürsorglich.
Und bevor Franklin erbost widersprechen konnte, hob er beschwichtigend die Hand.
„Ich gebe Ihnen diesen Rat als Arzt. Melissa kann Ihnen morgen Nacht alles berichten. Aber Sie sind jetzt zu erschöpft. Und Sie werden ohnehin nicht helfen können.“
Ein teuflisches Lächeln lag auf ihrem Gesicht, das sogar ihm einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Kaliste war überaus zufrieden mit dem bisherigen Verlauf und teilte offensichtlich keine seiner Sorgen. Die Schergen, die sie ausgesucht hatte, um ihnen Aufgaben zuzuweisen, die Sir Maxwell dann als Mittelsmann weitergab, konnten überwiegend nicht mehr reden. Der vollständige Plan blieb somit ein sicheres Geheimnis zwischen ihnen beiden.
„Wie geht es der Kleinen?“, fragte Kaliste und warf einen neugierigen Blick in den Käfig, wo Samara friedlich schlief.
„Nach einer Dosis Schlafpulver wird sie sich bis zum Morgen nicht rühren. Ich werde mich um sie kümmern, bis sie ihren Zweck erfüllen kann.“
Sie fragte nicht weiter nach, was ihm recht war. Einfach nur ein Teil des Plans, danach konnte er mit dem Kind tun was er wollte und Menschenfleisch schmeckte besser, je jünger es war.
„Es läuft alles bestens“, fuhr Kaliste ungerührt fort, beugte sich über die tote Elfe, zuckte kurz mit den Schultern und drehte sich wieder zu ihm um. „Wir haben das Kind, das den Schlüssel dreht, es gibt bald ein Kind, dass zu einem Schlüssel wird, der Bannkristall wird uns vor deinem Vater schützen, alle Wege Darkworld zu öffnen und sicher zu durchschreiten liegen uns schwarz auf weiß vor. Und das Allerbeste, niemand kann irgendwelche Zeugen befragen.“
Er schnaubte ungehalten. „Das spielt keine Rolle. Dieser Orden ist nicht dumm. Sie werden längst wissen, dass ich dahinter stecke. Auch wenn Melissa Ravenwood noch nicht weiß, wer genau ich bin.“
Sie machte einen Schmollmund. „Was die wissen, kümmert mich nicht, solange sie uns nicht in die Quere kommen.“
„Und falls doch? Ich habe gehört, Lucien von Memphis ist mit diesem befreundeten
Weitere Kostenlose Bücher