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Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)

Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Carpenter
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drei Blocks von uns auf eine Mülltonne, ein alter Mann hustete im siebten Stockwerk des gegenüberliegenden Hauses, ihm China-Restaurant vier Straßen weiter wurde gebratenes Huhn serviert, sechshundert Meter vor uns stopfte ein Mann gerade Tabak in seine Pfeife. Und über allem lag der wabernde, warme Duft von menschlichem Blut, der wie ein Aphrodisiakum auf ihn wirkte und seinen Hunger zur Qual machte. All das wusste ich, weil ich die Eindrücke mit ihm teilte, sie aber im Gegensatz zu ihm kontrollieren konnte. Er hingegen wich ängstlich und fauchend in die Schatten zurück. Wie sollte er sich ein Opfer suchen, einen Menschen töten, wenn ihm das hier schon so viel Furcht einflößte?
    „Du musst es ausblenden, Warren“, sagte ich und legte beruhigend meine Hand auf seinen Arm. „Konzentriere dich nur auf das, was dich auf deiner Jagd leitet. Blut und Herzschläge. Mehr braucht es nicht. Vertrau deinem Instinkt bei der Wahl und wenn du eine Entscheidung getroffen hast, sieh in die Gedanken deines Opfers. Ist die Seele rein, such weiter. Ist sie verdorben, lab dich am Blut.“
    Damit konnte er es sich für den Anfang einfach machen. Die Feinheiten kamen später, falls er überleben sollte.
    „Was hörst du?“
    Er schloss die Augen, atmete tief durch und lauschte. Dankbar für meine Hilfe und weil er mich nicht enttäuschen wollte.
    „Ich höre Herzen. Viele Herzen. Sie schlagen alle unterschiedlich.“ Er lächelte. Die Trommelschläge menschlicher Herzen hatten immer eine ausgleichende Wirkung auf unseresgleichen. „Ein ganzes Orchester aus Herzen, Mel. Wunderschön.“
    „In Ordnung. Und was riechst du?“
    Er hob die Nase in den Wind, beruhigt durch den gleichmäßigen Klang der Herzen.
    „Das Blut der Lebenden um mich herum. Würzig und süß. Heiß und verlockend.“
    Der Hunger übernahm die Kontrolle und ich folgte ihm still, ließ ihn machen. Im Notfall konnte ich immer noch eingreifen, hoffte aber, dass es nicht nötig war.
    Ich hatte geglaubt, gehofft, er würde größere Schwierigkeiten haben, seinen ersten Menschen zu töten. Aber ich hatte Dracons Einfluss wohl unterschätzt. Sein Blut. Mir wurde bewusst, dass ich keine Ahnung hatte, wie viel von dessen dunklem Nektar er gekostet hatte. Warren ging, nachdem er erst einmal Fährte aufgenommen hatte, so selbstsicher und geübt vor, als hätte er nie etwas anderes getan. Und er war deutlich gewissenloser, als ich. Oh ja, er war Dracons Sohn. Und er würde für den Anfang wohl keine Probleme mit seiner neuen Natur haben, nachdem der Schock der Wandlung innerhalb des ersten Ruhezyklus bei Tag vorüber war und er nun den Overload an Eindrücken kontrollieren konnte. Falls seine Seele stark genug war, wäre er geschaffen für die ewige Jagd. Falls! Ich hatte noch immer leise Zweifel, auch wenn ich Franklin gegenüber etwas anderes sagte. Doch welche Wahl blieb mir, nachdem Steven und Lucien ankamen und wir unser Augenmerk voll und ganz auf Jenny und Darkworld richten mussten? Ich bemerkte Luciens Blick, als er Warrens blasses Gesicht betrachtete. Sicher spürte er auch Dracons Essenz in ihm, denn er hatte ihn genug trinken lassen, um ihn am Leben zu halten, bis ich kam. Das Grinsen meines Lords gefiel mir nicht, aber seine Anwesenheit hier in London sicherte zumindest, dass Dracon die Stadt erst mal nicht wieder betrat. Dafür fürchtete er Lucien zu sehr.
    Ich konnte Franklin nur bewundern, wie souverän er mit Warrens neuer Natur umging in Anwesenheit unserer Gäste. Leider hatte die Jagd zu lange gedauert, um vor Lucien und Steven wieder im Mutterhaus zu sein. Eine Begegnung zwischen Warren und meinem Vater ohne andere Leute wäre sicher für den Anfang besser gewesen, doch die Prioritäten hatten es anders gewollt.
    Steven registrierte die Spannung in der Luft, fragte aber nicht, betrachtete Warren nur immer wieder verstohlen, was dieser oftmals erwiderte, wie mir auffiel.
    Franklin begutachtete die Schriftrolle, die Lucien gönnerhaft vor ihm ausbreitete, während wir anderen uns zunächst im Hintergrund hielten. Einer unserer Übersetzer sah sich den Papyrus ebenfalls an und war guter Dinge, dass man mit der bereits begonnenen Übersetzung problemlos weiterarbeiten konnte.
    Nachdem er fort war, kamen wir zum Hauptgrund des Besuches.
    „Ich denke, das Beste ist, wenn ich sie zuerst untersuchen kann“, meinte Steven und blickte meinen Vater fragend an.
    Er ging sehr offen und spannungslos vor, weil er Franklins Unsicherheit bemerkte. Das

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