Ruf des Blutes 6 - Wolfspakt (German Edition)
der Vampirkönigin einverleibt hatte, als dass er die Schwingungen, die der Vampir in mir aussandte, noch als die meinen wahrgenommen hätte. Seit meinem Kampf mit Kaliste und dem Abschiedsbesuch danach hatten wir uns nicht wieder gesehen.
Langsam trat ich ein, doch sein Schrecken ließ auch mit dem Erkennen kaum nach. Ich wusste um die Veränderungen, die mit mir vonstattengegangen waren. Die schimmernde weiße Haut aus kaltem, glattem Marmor. Porenlos, makellos. Das dämonische Feuer in meinen Augen. Gelbe und schwarze Funken im satten dunklen Grün. Ich war nicht mehr seine Tochter. Die war ertrunken im reinen Blut des Vampirs. Er spürte es noch stärker als bei unserem Abschied.
„Du brauchst dich nicht zu fürchten, Vater. Ich trachte nicht nach deinem Leben.“
Er glaubte mir nicht. Traute dem Wesen nicht, das vor ihm stand. Das Chaos von Gefühlen, das von ihm zu mir herüberschwappte, brachte mich ins Straucheln. Ein Teil von ihm freute sich, war erleichtert, dass ich wiedergekommen war. Andererseits bereitete es ihm Angst, versetzte ihn in Unsicherheit. Nach sieben Jahren war die Frage des Warum nicht unbegründet. Was führte mich hierher? Sein Herzschlag trommelte in meinen Ohren, dass ich sie mir am liebsten zugehalten hätte, aber noch viel schlimmer war der Geruch, der ihm anhaftete und keinen Zweifel ließ, wem seine Seele mittlerweile gehörte: Lucien.
Armand trat an meine Seite. Seine Gegenwart ließ auch Franklin ruhiger werden, was mich verletzte, obwohl ich damit hätte rechnen müssen. Er strahlte bei Weitem nicht die Finsternis aus, die von mir ausging. In diesem Moment fragte ich mich, wie er das überhaupt in meiner Nähe ertrug, und da wurde mir klar, dass er der Gegenpol war, der dafür sorgte, dass ich mich nicht vollkommen in Kalistes Erbe verlor.
Mein Vater räusperte sich. „Nun, ein weniger dramatischer Auftritt hätte auch genügt, wenn du mich besuchen willst“, versuchte er, seine erste Reaktion zu entschuldigen.
Ich winkte ab. „Ich hätte dir dieses Wiedersehen gern erspart, Vater, aber es gibt weitaus Schlimmeres, um das du dich derzeit sorgen solltest als die Art und Weise, wie ich mir Zugang zu deinem Büro verschaffe. Nur deshalb bin ich hier. In der Dunkelheit der Nacht lauern bald andere Schrecken als die von schlagenden Fensterläden.“
„Ich hätte nicht geglaubt, dich je wiederzusehen, Mel“, gestand er. Sein Pulsschlag wurde ruhiger. Er setzte sich wieder in seinen Bürostuhl. Ich nahm ihm gegenüber Platz.
„Auch ich hätte noch vor einigen Wochen ein Wiedersehen als undenkbar angesehen. Aber jetzt ist etwas im Gange. Du wirst meine Hilfe brauchen. Corelus braucht mich und hat mich um Beistand ersucht.“
Er runzelte die Stirn. Offenbar wusste er nichts von den Vorgängen in den Reihen der Werwölfe.
„Die Lycaner werden in Kürze auf der ganzen Welt in Aufruhr geraten. Corelus liegt im Sterben.“ Schock breitete sich langsam auf seinem Gesicht aus. „Die Rangkämpfe um seine Nachfolge haben bereits begonnen. Corelus’ Wahl fiel auf Eloin, doch das wird nicht von allen akzeptiert. Es sieht so aus, als versuchte Domeniko, den Erben zu stürzen, um der neue Leitwolf zu werden. Und er hat viele Anhänger, die dem Frieden mit den Menschen ebenso skeptisch gegenüberstehen wie er.“
„Wenn das geschehen sollte …“ Er wagte nicht, es auszusprechen.
„Ja, Vater. Wenn das geschehen sollte, ist euer Pakt nichts mehr wert. Domeniko will Krieg. Er will Macht.“
„Oh meine Göttin.“
Ich nickte. Der Menschheit drohten blutige Übergriffe, wenn es Domeniko tatsächlich gelingen sollte, der neue Fürst der Lycaner zu werden. Wie weit er gehen konnte, war mir noch immer nicht klar, doch ich wollte ihn nicht unterschätzen. Eine Welt wie diese war nicht so leicht zu stürzen, schon gar nicht von einem PSI-Wesen, aber solange ich seine Stärke und Möglichkeiten nicht kannte, sollte ich mit allem rechnen. Und das tat ich. „Wir müssen eingreifen.“
„Wir?“
„Willst du gegen die Rudel kämpfen?“, fragte ich und konnte eine Spur Hohn nicht verbergen. „Mit Menschen gegen ein Heer von Werwölfen und wer weiß was für Kreaturen, die er auf seine Seite zieht? Denk an Sylion oder an Kaliste. An Geschöpfe wie die Ammit oder den Sapyrion. Selbst ich weiß nicht, was in den Tiefen der Unterwelt und dem Schatten der Nacht auf Domenikos Befehle harrt. Ich weiß nur, dass er offensiver vorgehen wird als Kaliste. Seine Kämpfer werden euch in Fetzen
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