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Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Titel: Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
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dieses Salzstangen-ohne-Salz-fressendeMonster dauernd dazwischenfusselt. Ich strecke Kitty mit einem Faustschlag nieder. Vorerst nur in Gedanken.

11. Always Ultra
    »Weißte eigentlich, dass du schnarchst?«, fragt Kitty am nächsten Morgen und macht das Radio an. Und zwar richtig laut, denn Trommelfelle sind zum Trommeln da.
    Ich lüpfe die Decke, öffne ein Auge und sehe ein unrasiertes, von Insekten zerstochenes Bein mit pinkfarbenem Lackrückstand am Hammerzeh. Das ist nun der Dank für meine Gastfreundschaft! Sie outet mich als Schnarcherin! Was gar nicht nötig ist. Ein Selbstversuch mit dem Diktiergerät ergab schon vor Jahren, dass ich eine bin. Na und? Churchill war Schnarcher. Mussolini auch. Und was bitte geht das Kitty an! Wenn sie zu diesen selbst ernannten Wahrheitsverkündern gehört, um deren Wahrheiten niemand gebeten hat, dann soll sie eine eigene Show im Offenen Kanal moderieren.
    Kitty switcht zwischen den Sendern hin und her, dass mir fast das Hirn aus den Ohren spritzt. Entscheide dich gefälligst! Dumme Sau! Kreuzung zwischen Funkenmariechen und Mireille Mathieu! Sie hat sich entschieden. Für deutschen Schlager. Hossa! Hossa! Servus, Grüezi und Hallo. Der Kunde ist König. Der Gast und der Fisch stinken am dritten Tag. Kitty spielt Luftgitarre, wiegt sich wie ein Hustinettenbär und schwenkt die Hüften im Takt. Nein, wider den Takt. Wie Schunkler und Mitklatscher, die Bekämpfer des Rhythmus an sich. Ich hasse Schlager! Ich hasse Musik! Ich hasse Kitty! Natürlichhat sie den Radiokanal unsauber eingestellt. Um mich fertigzumachen. Und dann will sie auch noch Tee trinken! Grünen Tee! Ich weiß gar nicht, wie man den macht. Ich habe nicht mal welchen im Haus. Ich halte mir die Ohren zu, flüchte in die Küche und schlucke zwei Aspirin und ein Valium. Das Gurgeln der Kaffeemaschine klingt wie Kotzen mit leerem Magen.
    Kitty geht angezickt grünen Tee kaufen. Ich rufe ihr nach, sie soll BILD mitbringen. »Du liest die Blöd-Zeitung? Bild dir deine Meinung, hä?« Sie kichert pubertär und knallt die Wohnungstür. Dumme Nuss! »Bild dir deine Meinung« war meine Kampagne! Eine meiner besten. Ganz große Sache, sehr erfolgreich.
    Ich mache das Radio aus, lüfte erst mal und werfe mit spitzen Fingern ihr Handtuch in die Wäsche. Überall Schamhaare! Eigentlich sollte ich desinfizieren, wenn sie weg ist. Vorsichtshalber. Thema bei
Bärbel Schäfer
: »Wenn ich aufgeregt bin, habe ich Flatulenzen.« Seinfeld hat eine Freundin, die schon zum dritten Mal dasselbe Kleid anhat. Er bekleckert sie mit Rotwein, damit sie sich was anderes anziehen muss.
    Wie es ausgeht, erfahre ich nicht, denn Kitty ist schneller zurück, als mir lieb ist. Und ihr grüner Tee stinkt schlimmer als Fürze. Dann macht sie auch noch so Sperenzchen, dass sie zwei Drittel kochendes und ein Drittel kaltes Wasser braucht und dass der blöde Tee genau 48 Sekunden ziehen muss, weil die Gerbstoffe das Koffein nur ganz langsam freigeben. Ich kenne Tee anders: Teebeutel ins Glas, heißes Wasser aus Wand, runter damit! Jetzt macht Kitty das Radio wieder an. BILD titelt: EHEFRAU MIT AXT GESPALTET – SIE HÖRTE ZU VIEL ROY BLACK. Ich reiße die Zeile raus und pinne sie an die Kaminzimmerwand. Schon, weil sie gerade so gutpasst. Kitty sieht kopfschüttelnd zu und fragt, warum ich so zynisch sei. Ich zucke lässig mit den Schultern: »Kohle!«
    Kitty ist erschüttert. Die Bekanntschaft mit mir scheint sie in ein ethisches Dilemma zu bringen. Geld allein mache nicht glücklich, mault sie. »Hast du denn irgendwie gar kein schlechtes Gewissen? Ich meine, sozial?«
    »Nö! Das schlechte Gewissen ist eine der schlimmsten Erfindungen der Menschheit!«
    Kitty mault. »Minderbemittelte haben bei dir ja gar keine Schangse!«
    Ganz recht! Leider lenkt sie ihr Loblied auf Armut und Mittelmaß, die beiden Schlingel, so sehr ab, dass sie den Rucksack mit der Behändigkeit einer Schnecke packt. »Es fährt ein Zug nach Nirgendwo, mit mir allein als Passagier …«, schmalzt Christian Anders. Ein Trost. In einer Stunde fährt ihr Zug! Ich knacke mit den Daumengelenken, lasse sie labern und hake meine Losgeh-Standards ab: Kaffeemaschine aus? Wo ist der verdammte Schlüssel? Ob ich den Müll gleich mit runternehme? Recorder programmiert? Fenster zu? Alarmanlage an? Handy aufgeladen? Ersatz-Akku eingesteckt? Ich bin eine wandelnde Checkliste.
    Mein nagelneuer Audi TT, Sportwagen 99 laut
Auto Motor Sport,
ist eigentlich viel zu schade für diese Dumpfbacke.

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