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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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in der schrecklichen Audienz, die er am siebenten Tage auf vieles Bitten und Dringen erhielt, musste er sich von Bonaparte die Schmeichelei in's Gesicht sagen lassen: »Sie sind ehrlich, ich weiß es, aber Sie haben keinen Kredit mehr in Berlin; Hardenberg und ein paar andre hirnkranke Narren wühlen das Volk auf und beherrschen Ihren König.« Das musste er hören, der Abgesandte Preußens, aus dem Munde des Corsen, und – schwieg – musste schweigen – und – und –
    Als sie wieder vorüber waren, meinte Adelheid, die Königin sei jetzt wohl schwerlich gestimmt, ein unbedeutendes Mädchen zu empfangen; ob es nicht schicklicher wäre, wenn sie sich zurückzöge? Die Schadow verneinte es: »Das geht bald vorüber. Sie kann nicht lange zürnen, das ist ihr himmlisches Gemüth. Es ist, wie wenn ein Gewittersturm vorüberzog und dann die Abendsonne scheint. Dann athmet sie auf, sie kann sich an einer Feldblume freuen, und gerade dann wird sie erst recht gütig, wenn sie aufgebracht war, und möchte es an Allen, denen sie begegnet, wieder gut machen.«
    Aber das Gewitter war noch nicht ganz vorüber. Es war nur auf dem Rückzuge. Die Königin wandte in kürzeren Absätzen um. Diesmal schien Hoym der Ankläger gewesen zu sein. Die Fürstin schüttelte den Kopf: »Ich hielt ihn für ehrlich. Er hat ein so angenehmes Wesen.« – »Leider ist es in Paris so bekannt wie hier, daß Lucchesini nach Berlin nur das berichtet, was uns schmeichelt. Die Hauptsachen hat er verschwiegen.« – »Er ist ein Italiener. Ich will zugeben, daß seine Lust das Intriguiren ist, aber, Graf, er sieht sehr scharf die Dinge, wie sie sind.« – »Das streitet ihm Niemand ab, Ihre Majestät, aber sein Gesandtenposten in der französischen Hauptstadt gefiel ihm so außerordentlich, daß er das geschickt cachirt hat, was unser Kabinet genöthigt hätte, ihn auf der Stelle zurückzurufen. Noch weniger als er hatte seine Frau Lust Paris zu verlassen.« – »Muß auch das in unser Unglück hineinspielen!« – »Madame la Marquise haßt ihre Schwester, die Bischofswerder, auf Tod und Blut. Sie hat ihrem Gemahl erkärt, daß sie an Krämpfen verginge, wenn sie mit ihr unter dem Himmel einer Stadt leben müsste. Unser Ambassadeur ist ein so guter Ehemann! Ich kann ihn nicht entschuldigen; in milderem Lichte aber darf ich Haugwitz's Versehen betrachten. Ward er nicht immerfort, durch falsche Berichte getäuscht?« – »Ich möchte so ungern auch diesen Mann aufgeben! Ist sein Eifer jetzt für den Krieg auch Verstellung?« – »Nein, nur aufrichtige Erbitterung gegen Napoleon, der ihn nie leiden mochte und ihn endlich aus Paris fortschaffte.« – »O, lieber Hoym –« fuhr die Fürstin mit der Hand an die Stirn, »Menschen, wie sie sein sollten! – Sind denn die Könige verdammt, daß ihr Glanz nur die an sich zieht, die nicht sind, wie sie sein sollen!«
    »Jetzt entlässt sie ihn bald,« flüsterte die Schadow. »Geben Sie Acht, sie wenden noch kürzer.« Adelheids Herz schlug lebhafter. Eine angenehme Wärme durchdrang sie, sie fühlte eine Lust, dieser Königin Angesicht gegen Angesicht zu stehen. Es waren wirklich die Abschiedsworte, als sie zum letzten Mal vorüber gingen.
    »– Und diese Mäntelgeschichte, welche das Land in Aufruhr bringt, wird man es künftig glauben, daß man erst jetzt, im letzten Augenblick daran denkt! Eine Sottise, bedürfte es noch der Epigramme, es giebt kein schlagenderes auf die Unfähigkeit unserer Verwalter. Und statt als wirklich treue Diener ihres Herrn die Schuld auf sich zu nehmen, lassen sie Seine Majestät den König in kläglichen Lauten zum Publikum sprechen, sie legen meinem Gemahl Worte in den Mund, über die ich mich in der Seele schäme. Sie haben nicht daran gedacht, und ihre Pflicht war es. Ist das Loyalität? – Auch im Kriegswesen sagte mir Rüchel Unbegreifliches. Für das Nöthigste nicht gesorgt! Unsre Festungen zu armiren, dazu schickt man sich jetzt erst an. Es ist unerhört, man wird es künftig nicht glauben. Wozu bezogen sie die großen Besoldungen, wozu wurden ihnen Güter über Güter geschenkt! – Nein, lieber Graf, das Kabinet, was diesen gräßlichen Zustand möglich machte – es kann, darf nicht bleiben – oder –«
    Die Worte verhallten. Am Ende der Allee war der Vicekönig von Schlesien entlassen. Louise stand eine Weile sinnend. Ihre schöne, anmuthige Gestalt im weißen einfachen Morgenkleide ward noch vortheilhafter gehoben durch den grünen Rasenfleck, gegen den sie

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