Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
Vom Netzwerk:
eines Menschen warm gehalten werde; wenn die Funktionen desselben in Ordnung, sei der ganze Mensch in Ordnung. Das gelte aber ganz insbesondere von Soldaten. Er ging dann auf die Kavallerie über, und beschrieb, wie, Luft und Wind ausgesetzt, ein Kavallerist leichter am Magen sich erkälte, als ein Infanterist, der durch die Bewegung des Marschirens schon den Magen sich warm mache. Wenn nun der Letztere jedoch überdies noch Mäntel erhalte, so erfordere die Humanität und Billigkeit, daß man für den Soldaten zu Pferde auch etwas Uebriges thue. Er ging dann auf die drohende Herbst- und Winterkampagne über, und schilderte, wie ein Kavallerist friere, wenn er auf der Erde schlafen muß, denn die Zelte schützen nicht vor der Kälte, die aus dem Boden dringt und zuerst in den Magen geht, zumal, wenn er leer ist. Nun aber sorge ein guter Kavallerist allemal zuerst für den seines Pferdes, und komme es auf diese Weise oft, daß er für seinen eigenen nicht gesorgt hat. Mit einer glücklichen Wendung wieder zu den Leibbinden zurückgekehrt, zeigte er, wie sie am besten zugeschnitten und gebunden würden, gab zu, daß die von Wolle gestrickten allerdings zweckmäßiger, aber nicht so schnell zu beschaffen seien, daher die von Flanell dem Bedürfniß und Zeitgeist entsprächen, und schloß mit einer rührenden Deklamation an die Anwesenden, daß sie für König und Vaterland und die leiden de Menschheit ihr Herz und ihren Beutel zu einer milden Gabe öffnen möchten. Auch die geringste sei ihm willkommen, lieber jedoch die größeren.
    An der Aufnahme sah man, daß auch hier schon fertige Parteien waren, Infanteristen und Kavalleristen, Mäntel und Leibbinden, Tuch und Flanell. Indessen siegte der Flanell. Wer widersteht, wenn Andre ihm vorangehen und der Kontrolleur dabei steht. Nur Madame Braunbiegler fand es impertinent, grade ihr damit ins Haus zu rücken. Sie gehörte natürlich zur Tuch- und Mäntelpartei, und erklärte, sie würde nicht einen Pfennig rausrücken. »Eine Kleinigkeit doch!« flüsterte ihr der Legationsrath zu. Das brachte sie nur noch mehr auf: Wenn sie gäbe, lasse sie sich nicht lumpen, und wenn's honorig sei, greife sie in die Tasche, daß es sich sehn lassen könne, aber Bettelei könne sie nun ein für alle Mal nicht ausstehen. »Und wie kommt er denn dazu!« Wandel zog seine »edle Freundin« bei Seite. Er theilte ganz ihre Ansichten, ob sie es ihm aber verzeihen werde, wenn er eine Kleinigkeit nach Kräften beisteure: »Meine Stellung zum Hofe bringt es mit sich, und der Geheimrath ist wohl nicht ohne Auftrag hier.« Dies wirkte. Es konnte bei Hofe vermerkt werden, daß Madame Braunbiegler nichts für die Kavallerie gethan. – »Schreiben Sie mir auf mit zwanzig Thaler, Geheimrath!« rief die Wirthin, und die Blicke der stattlichen Frau überflogen die Gesellschaft, um für die Thaler das Erstaunen zu ernten. »Eine Prise, Baron!« Sie griff mit ihren markigen Fingern tief in die Dose und schien den Spaniol mit Befriedigung einzuschlürfen, während sie nicht mit gleicher Worte ihres Kompagnons vernahm: »Lupinus, Sie, hören Sie – notiren Sie mich auch mit zwanzig!« – »Na, na, Baron, nur keine Extravaganzen nicht! Seit wann haben Sie's denn so dicke sitzen?« – Allerdings hatte der Baron es nicht so dick sitzen als sein korpulenter weiblicher Kompagnon, aber er schlug mit der Hand an die Brust: »Wenn's Vaterland ruft!« Lupinus hatte die Hand, welche eben in der Dose gewühlt, mit Entzücken ergriffen und an seine Brust gedrückt: »
Ah! Madame Braunbiegler est un ange. Votre exemple glorieux rendra notre chose victorieuse!
«
    »Umgeguckt, Geheimrath, Ihre Schwägerin winkt, will Ihnen auch vielleicht 'nen Fuchs geben. Stecken Sie ein, was Sie kriegen.« Der Geheimrath Lupinus prallte buchstäblich zurück, als er sein Ohr an den Mund der Geheimräthin gelegt, und diese einige Worte ihm zugeflüstert hatte. »Hun – hundert!« – »Ich bitte, Schwager, sein Sie kein Narr!« sagte sie mit leisem, strafendem Ton und bittendem Blick. »Hundert Friedrichsd'or!« – »Aber ich habe Sie doch sehr gebeten; das war ja unter uns – Sie sind wirklich ein abscheulicher Mensch.« – »Hundert Friedrichsd'or!« lief es durch die Versammlung. – Hundert Friedrichsd'or für Flanell! Starre Blicke, geöffnete Münder. Am weitesten hatte die Wirthin ihn auf, es kam aber kein anderer Laut heraus, als ein: »Na nu –!«
    Die Geheimräthin Wittwe empfand das Unangenehme der Situation. Sie

Weitere Kostenlose Bücher