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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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schüttelnd. »Die fixe Idee kehrt immer wieder. Und sonst die Raison selbst! Bestätigt sich noch das grässliche Gerücht, daß sein Sohn gefangen und als Spion – das Leben verloren hat – so gebe ich auch den edlen Mann verloren. Heim will es nicht Wort haben, aber – glauben Sie mir –« sprach er, Fuchsius bei Seite ziehend, »das sind schon die veritablen Symptome der Cholera. Ach, mein Gott,« sprach er, seine Hand drückend, »theuerster Freund, was macht denn unsere Freundin?«
    »Sie wird mit der Rücksicht behandelt, die ihre Bildung beansprucht.« – »Davon bin ich bei solchem Inquisitor überzeugt. Aber noch kein Geständniß, keine Regung des Gewissens?« – »Stolz, fest, starr wie immer.« – »Dann bin ich von ihrer Unschuld überzeugt. Jedes Weib verräth sich, wenn der rechte Inquirent zu ihrem Gefühle spricht.« – »Dieser Ausspruch des vollendetsten Weiberkenners sollte auch mir Beruhigung geben.« – »Nein, nein, inquiriren Sie, scharf und schärfer, nehmen Sie sie ins Gebet, wie ich jetzt meinen Baron. Er will noch nichts davon wissen, er ist ein starrer Anhänger des Alten, der gute Eitelbach, aber bei einer Flasche Burgunder hoffe ich es ihm einleuchtend zu machen, denn er ist doch ein guter Patriot –« »Was?« – »Daß wir unpatriotisch, unverantwortlich handeln, wenn wir nach wie vor unser Tuch mit Indigo färben. Wozu den Engländern den Gewinnst gönnen, wenn wir das Blau im Lande haben?« – »Wollen Sie die Uniformen in Berliner Blau tauchen?« – »Kein Scherz. Die Mark producirt seit alter Zeit einen Färbestoff in ihrer Waidpflanze, welcher bis zur Entdeckung der Schifffahrt nach Ostindien nicht nur für das Bedürfniß ausreichte, sondern für Brandenburg zum ergiebigsten Handelsartikel ward. Da verließ man die Produktion, natürlich, weil der Indigo wohlfeiler, besser präparirt war. Jetzt, durch die Kriegsverhältnisse, ist er nicht mehr wohlfeil, durch Sperrung der Schifffahrt kann er uns sogar ganz abgeschnitten werden, es ist also Aufgabe der Industrie, ein Surrogat zu finden, welches in diesem Falle schon vor uns liegt. Ich wage zu behaupten, der Indigo ist jetzt nichts gegen den Waid. Im Ernst, die Sache verdient Aufmerksamkeit. Uns in jeder Beziehung unabhängig vom Auslande zu machen, ist, dünkt mich, die erste Aufgabe jedes Patrioten. Bester Rath, beehren Sie uns mit ihrer Gegenwart bei Dallach, und helfen Sie nur unsern Baron von seinem eigenen Vortheil überzeugen.«
    Fuchsius war vermuthlich der Ansicht, daß es für einen Patrioten in dem Augenblick näher liegende Aufgaben gebe, als die Blaufärberei; er lehnte die Einladung ab. Auch der Baron schien nur ungern vom Arm des Legationsrathes fortgerissen zu werden. »Aßen Sie viel Melone?« hörte man im Abgehen Wandel zum Baron sagen. »So springen wir vorher bei Selle an; er verschreibt Ihnen eine kleine Magenstärkung.« Die Zurückbleibenden hörten nicht die Antwort, sie haben den Baron nicht wieder gesehen.
    Die Indigo- und Waid-Angelegenheit schien diesen um so weniger zu interessiren, je mehr der Legationsrath in ein wahres Feuer der Begeisterung gerieth. Auf dem Frühstücktisch, in einem separaten Zimmer der Restauration gedeckt, nahmen die Proben Tuch, mit Indigo und Waid gefärbt, und die Fläschchen mit Färbesaft fast mehr Platz ein, als die Teller und Flaschen aus Herrn Dallachs Keller.
    »Alles ganz schön,« sagte der Baron, »wenn nur –« »In Gedanken! Was ist's?« – »Wenn wir überhaupt noch blaues Tuch brauchen!« – »Was, Sie Patriot und verzweifeln! Was wollen Sie da am Fenster?« – »Ich dachte, wenn es ein Courier wäre.« »Wir sind unter uns, Patrioten Beide. Hören Sie, liebster Baron, und wenn's denn wäre, Tuch brauchen sie, so lange die Welt steht. Ist's nicht blaues, dann grünes –« »Und wenn wir französisch würden?« – »Changiren wir nur etwas das Blau. –
Qu'importe!
Der Weltbürger ist auch ein Patriot. Aber Sie trinken nicht. Schmeckt Ihnen der Burgunder nicht?« – »Das könnte ich Ihnen wiedergeben.« – »Ich bin etwas trunken, nicht vom Wein; aber ich möchte heut aller Welt um den Hals fallen. Mir ist, als stände mir etwas Erfreuliches bevor.«
    Herr Dallach war eingetreten und erlaubte sich, seinen Stammgästen eine Prise zu offeriren: »Herr Baron sehn etwas angegriffen aus. Ihnen ist doch wohl?« – »Es wird vorübergehen« sagte Eitelbach. »Er ist ein Anglomane, will an seinem Indigo festhalten, da sehn Sie, Dallach, das ist

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