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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Schönheit?«
    St. Real sprach leise ins Ohr des Ministers.
    »Wie gesagt, durchaus keine
beauté du diable,
eine wie gemacht, um auf die Dauer zu fesseln, und eine Fraicheur, Excellenz, wie er es liebt.«
    »Und ein halbes Kind?«
    »Weil sie noch nicht erzogen ist. Aber mit einem Elan, einer Vivacité für alle neue Eindrücke.«
    »Languissant?«
    »
Au contraire,
eher
un peu romantique,
etwas Spirituelles,
soit disant
Schwärmerisches. Es kommt nur darauf an, ihrer Phantasie eine Richtung zu geben.«
    »Hoffen Sie eine Maintenon oder eine Pompadour zu erziehen?«
    »Warum nicht eine La Balliere!«
    »Tugendhafte Maitressen helfen uns nichts. Uebrigens wünsche ich, daß Ihnen keinen Querstrich kommt.«
    Der Kammerherr drückte mit einiger Heftigkeit seine Krücke: »Das ist es eben. Zwar thun wir Alles, die Dehors zu beobachten, auch ist es nur ein ganz kleiner, höchst anständiger Societätskreis, der sich da zur Erholung zusammenfindet. Ganz anders als bei der Schubitz;
un petit circle
von Gewählten. Aber sie ist noch immer die alte; gutmüthig, leichtsinnig, unbesonnen zum Rasendwerden. Ihre Zunge geht mit ihr durch und um einen witzigen Einfall setzt sie ihre Existenz aufs Spiel. Habe ich das Wunderkind erst in einige Kreise entrückt, mag sie der Teufel holen, aber sie ist meine einzige Brücke jetzt. Stellen sich Excellenz vor, da hat sie den frommen Pfaffen, den Seine Majestät jetzt nach Berlin zieht, irgendwo auf einer Reise kennen gelernt, ihn zu sich invitirt, und jetzt hat sie die Unverschämtheit, ihn und seine Töchter bei sich einzulogiren. Bei sich in ihrem Hause! Ich erfuhr es erst beim Herfahren. Wenn das ruchbar wird, das giebt einen Skandal und ich zittere vor den Folgen.«
    »So eilen Sie, St. Real, den Ruf des frommen Mannes zu retten.«
    »Er ist gerettet!« rief Bovillard aufstehend, »da hören Sie nur den Schluß: ›Demnächst kann ich nicht umhin, es gerade in diesem Augenblick als eine dringendste Pflicht Eurer Königlichen Majestät zu Füßen zu legen, den Rücksichten der Humanität und Gnade, denen Ihr Herz so gern sich erschließt, auch diesmal nachzugeben. Ja ich muß darauf dringen, in spezieller Rücksicht auf die Männer und erprobten Staatsdiener, denen Eure Majestät Höchstihr Vertrauen besonders zuzuwenden geruht. Weil der unglückliche Mann, der vielleicht in einem Augenblick aus zu großer Güte des Herzens gegen den Buchstaben des Gesetzes gefehlt – was aber noch keineswegs ermittelt ist – mit einem oder einigen jener gedachten Männer in einer gewissen Relation gestanden, ist es eine willkommene Gelegenheit für deren Feinde und Neider, Verdächtigungsgründe auch gegen sie, diese Männer, zu schöpfen, die freilich über den Verdacht hinaus sind, weil ihr Charakter und ihr Verdienst von Eurer Majestät gewürdigt sind, die aber eben um ihrer Pflichttreue und dieser besondern Verdienste willen auch vor dem Publikum gerechtfertigt zu erscheinen Anspruch haben. Eure Majestät können ihnen keine willkommere Rechtfertigung gewähren, als indem Sie über die Anschuldigungen des Hasses und des Neides mit stummer Verachtung wegsehend, Ihre Gnade walten lassen.‹«
    »Bravo, bravo!« riefen die Zuhörer.
    »O es kommt noch besser, dieser Schluß muß sein Herz erweichen: ›Was ist ein Staat ohne Moralität seiner Bürger, was eine Monarchie, wo der Unterthan und der Beamte nicht in Unbescholtenheit und sittlicher Würde wenigstens nachzueifern strebt dem erhabenen Exempel, das sein Oberhaupt dem Lande und dem Volke täglich giebt!‹«
    »Bravissimo! Er ist gerettet!« Noch einmal wurden die Gläser gefüllt und erklangen auf den edlen Menschenfreund, der über die Kabale gesiegt. Das Konzept wanderte in die Kanzlei, wo man ein
Citissime
mit mehr Respekt behandelte und die Reinschrift kam, wie wir aus dem Erfolg annehmen, noch zur rechten Zeit an Ort und Stelle. Der Kammerherr wollte abfahren, der Minister aber L'hombre spielen. Der Kammerherr hatte Bedenken wegen des Predigers, alle Drei aber bedachten, daß man nach der Arbeit ausruhen muß. Erst in der Nacht wurden die Karten weggelegt. Der Minister und sein Geheimrath warfen sich in Surtouts um die Kühlung der Abendluft in den Straßen zu genießen.
     

Achtzehntes Kapitel.
     
Der rothe Shawl.
    Karoline kam aus der Seitenkammer und drückte die Thür leise zu: »Er ist eingeschlafen.«
    »Wenn er nur nicht aufwacht bis
ma chère tante
in die Komödie fährt.« sagte Jülli, die durchs Schlüsselloch sah.
    »Er

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