Ruhe Sanft
streng. »Du solltest dich schämen...«
Sie sah ihn hochnäsig an.
»Du bist die schlechteste Hausfrau der Welt. Überall Staub, nichts zu essen im Kühlschrank außer Baguette, die Küchenschränke leer bis auf Thunfisch, Nudeln und Schokolade.« Er hörte auf. Sie grinste ihn an. »Also du könntest wenigstens versuchen , beschämt auszusehen.«
Sie spielte beschämt, indem sie den Kopf hängen ließ. Dann sahen sie sich an und lachten.
»Du bist unverbesserlich«, sagte er, während er auf den Topf aufpaßte, in dem er die Schokolade auf dem Herd heiß werden ließ.
»Du auch«, erwiderte sie. »Vergessen wir nicht, daß du mich verlassen hast. Ich habe darauf gebaut, daß du mir den Haushalt machst, und dann bist du wieder zur Bühne gerannt...«
»Meine Kunst rief mich«, intonierte Carlos dramatisch, die Hand an der Stirn.
»Darauf würde ich wetten. Und wie heißt das Kunstwerk mit bürgerlichem Namen?«
Er rührte die heiße Schokolade um und goß sie in zwei Becher. »Um die Wahrheit zu sagen«, kam es sehr beiläufig, »Arthur Margolies, Esquire.«
»Carlos, du Teufel. Eine neue Liebe in deinem Leben. Esquire, drunter tust du’s nicht.«
Carlos lächelte nur und blickte blasiert. »Los, mach schon«, bettelte sie. »Raus mit der Sprache.«
»Ja, er ist Rechtsanwalt und arbeitet in einer großen Kanzlei. Sieht sehr gut aus. Die Wahrheit ist, >Ich bin verliebt<«, sang er.
»>Ich bin verliebt<«, sang Wetzon als Refrain und legte einen Arm um seine schlanke Taille.
»>Wir sind verliebt... wie schön<«, sangen sie zweistimmig und stießen mit den Bechern an.
»Ich meine, das ist nur recht und gut.« Sie strahlte ihn an. Sie hatte Carlos sehr gern. Zusammen hatten sie in Musicals getanzt, am Broadway, im Repertoiretheater, auf Tourneen, zusammen Unterricht genommen, zusammen über Männer und Beruf geweint, und sie hatten beide ungefähr zur gleichen Zeit das Theater verlassen. Oder, wie sie es sahen, das Theater hatte sie verlassen. Es war einfach nicht mehr dasselbe. Es machte keinen Spaß mehr, nachdem Gower Champion, ihr Mentor, gestorben war.
»Der Kakao schmeckt herrlich«, sagte sie und leckte den Schnurrbart aus Schokolade von den Lippen. »Und ich bin so froh, daß du hier bist.« Sie sah auf die Uhr. »Ich muß mich umziehen und auf Smith’ Party gehen.«
»Du wirst doch nicht an einem Abend wie heute ausgehen?« Carlos schüttelte den Kopf. »Und zu dieser...«
»Ich muß. Smith würde es mir nie verzeihen.«
»Du mußt nicht gehen — das weißt du.«
»Carlos, misch dich nicht ein. Smith ist wegen dieser Party so nervös gewesen. Ich kann ihr das nicht antun.«
»Dir würde sie es ohne weiteres antun.«
»Das glaube ich nicht. Ich kann nicht. Sie ist meine Partnerin, und sie ist meine Freundin. Sie ist einfach ein bißchen exzentrisch...«
»Ha!« rief Carlos. »Das ist die Untertreibung des Jahres.« Er goß den Rest des Kakaos in die Becher, und sie gingen ins Wohnzimmer und machten es sich auf dem Sofa bequem.
»Es wird für dich schwierig sein, runter zum Village zu kommen«, sagte sie. »Möchtest du hier übernachten?« Sie wußte nicht, ob Silvestri jetzt kommen würde oder nicht. »...hm... Silvestri kommt vielleicht später vorbei.« Sie versuchte, gleichgültig zu tun, aber Carlos konnte sie nichts vormachen.
»Hört, hört, mein Schatz«, sagte Carlos erfreut. »Du glaubst doch nicht, daß ich mich da eindränge.«
»Aber...«
Er tat ihre zögernden Proteste mit einer Handbewegung ab. »Außerdem wohnt Arthur Margolies, Esquire, Ecke West End Avenue und 90. Street.« Er lächelte sehr selbstzufrieden.
»Wie bequem, du kleiner Teufel.« Wetzon trat ihn aus Spaß mit den Zehen.
»Hör zu, Schatz, ich meine, es ist nur recht und billig, daß wir zwei, die guten, anständigen Junggesellen, im hohen Alter noch Gefährten gefunden haben.« Er grinste sie anzüglich an.
»Auf Safer Sex«, sagte sie feierlich, indem sie ihren Becher hochhielt.
»Safer Sex«, wiederholte er und berührte ihren Becher mit seinem. Sie sahen einander lange in die Augen.
»Was macht die Show?« fragte sie.
»Die Show macht sich prima. Es ist, als ob ich auf Rente wäre«, sagte Carlos fast entschuldigend. »Ich gehe hin und nehme die Verbesserungen heraus — du weißt, wie diese Zigeuner sind.« Er lachte in sich hinein. »Sie versuchen immerzu, die Show besserzumachen.«
»Woher sollte ich so was wissen?« erwiderte Wetzon fröhlich, die genau wußte, daß sie und Carlos sich
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