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Ruhe Sanft

Ruhe Sanft

Titel: Ruhe Sanft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
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Vielleicht hätte sie gegen die Tests protestieren sollen, vielleicht hätte sie einen Anwalt verlangen sollen, aber sie war erschöpft, und außerdem sagten sie, es sei Routine bei Mordfällen. Jeder mußte den Test über sich ergehen und Fingerabdrücke abnehmen lassen. Sie hatte schließlich die Leiche gefunden.
    Bernstein beantwortete ihre Fragen nicht. Er hatte harte blaue Augen unter buschigen Augenbrauen. Nachdem er seine Zigarette ausgedrückt hatte, leerte er den Aschenbecher in den metallenen Papierkorb neben seinem Schreibtisch.
    Sie musterten sich argwöhnisch wie zwei Gegner. Er war breitschultrig und stark wie ein Fels, und die einzigen Hinweise auf sein Alter waren ein Bauch, der sein gestreiftes Hemd dehnte und über den braunen Ledergürtel hing, und die grauen Fäden in dem braunen Haar.
    Nachdem Wetzon ihn taxiert hatte, fragte sie noch einmal, bestimmter jetzt: »Wo ist mein Mantel?« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit Irma Ignacio zu, die klein, schlank und hart aussah. Sie trug einen grauen Hosenanzug aus Kunstfaser und einen schwarzen Rollkragenpullover. Auch sie rauchte. Der Mantel hinter ihrem Stuhl war ein grauer Frauenparka, der nach Zigaretten roch. Wetzon erinnerte sich vage daran, daß Detective Ignacio ihn ausgezogen und ihr umgelegt hatte.
    »Wir verwahren ihn«, antwortete Ignacio.
    »In Schutzhaft?« Oh, Wetzon, versuch jetzt nicht, geistreich zu sein.
    »Klar.« Bernstein fand es nicht komisch. »Was hat dieser Knopf zu bedeuten?« Er hielt ihr einen glänzenden Messingknopf unter die Nase.
    Sie stieß ärgerlich seine Hand fort. »Lassen Sie das! Wenn Sie wollen, daß ich den Knopf betrachte, geben Sie ihn mir ordentlich. Sie sind nicht die Gestapo.«
    Er ließ den Knopf in den Aschenbecher fallen und präsentierte ihn ihr spöttisch mit einem Schlenker. Sie klaubte ihn aus dem Aschenbecher, wischte die Asche ab und betrachtete ihn. Es war die Art, die man an Blazern sieht. »Keiner von mir.« Sie blickte an ihrem braunen Tweedkostüm hinunter. Schlichte braune Hornknöpfe.
    »Haben Sie ihn schon einmal gesehen?«
    »Hm, ich weiß nicht, ob ich gerade diesen gesehen habe, aber ich habe eine ganze Menge gesehen, die genauso aussahen wie der.« Bernstein wartete und schwang seinen Fuß hin und her, hin und her. Schwarze Socken, braune Schuhe, Kreppsohlen. »Es ist ein Blazerknopf. Ich denke, er ist ziemlich verbreitet.«
    Bernstein steckte den Knopf in eine kleine Cellophantüte und legte die Tüte in seine Schreibtischschublade. »Nehmen wir eine Aussage auf«, sagt er zu Ignacio.
    »Kann ich nach Hause gehen, wenn ich meine Aussage gemacht habe?« fragte Wetzon. Bernstein rutschte vom Schreibtisch und ging zu der Glaswand, durch die man in den Bereitschaftsraum blicken konnte. Er antwortete nicht. Wetzon richtete ihre nächste Frage an Ignacio. »Kann ich jemanden anrufen und Bescheid sagen, wo ich bin?«
    Bernstein drehte sich um, drohend, mit lauter Stimme. »Sie meinen, Sie brauchen einen Anwalt, Ms. Watson?« Er ging wieder an seinen Schreibtisch.
    »Ich habe nicht gesagt, daß ich einen Anwalt anrufen will.« Wetzon fühlte sich ein wenig unwohl, als sei ihr etwas entgangen. Warum brüllte er sie an? »Sollte ich einen Anwalt haben? Halten Sie mich aus irgendeinem anderen Grund fest? Und mein Name ist nicht Watson, sondern Wetzon.« Er warf einen fragenden Blick auf die Plastikkarte, die auf der Tischplatte vor ihm lag. Der Ausweis, den man ihr beim Kanal acht gegeben hatte. Wetzon griff nach ihrer Tasche. Sie stand nicht neben ihrem Stuhl. »Meine Tasche — wo ist meine Tasche?«
    Bernstein zog ihre Einkaufstasche von irgendwo hinter seinem Schreibtisch her. Er reichte sie ihr ohne Kommentar. Sein Telefon läutete. Er beugte sich über den Tisch und nahm ab. »Ja?« Er hörte zu. »Okay.« Nachdem er aufgelegt hatte, wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Wetzon zu, die in ihrer Tasche kramte und nach der Brieftasche suchte.
    »Sie müssen bereits wissen, wie ich heiße. Sie wollen mir doch nicht erzählen, daß Sie meine Tasche nicht durchsucht haben.« Sie zog ihre Brieftasche heraus. Der Führerschein steckte in dem Schlitz, in dem normalerweise die American Express Card war und umgekehrt.
    »Wir hätten die Aussage gern jetzt, solange es noch frisch ist.« Ignacio zündete an einer Kippe eine neue Zigarette an. Die goldenen Reifen an ihren Ohren schaukelten.
    Noch frisch. Teddy war tot. »Mein Gott, Teddy ist tot« sagte Wetzon.
    »Wenn Sie so gute Freunde waren, warum hat er

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