Ruhe unsanft
ganz stic h haltig. Aber ich glaube an die Tatsache, dass man in eine bestimmte Klasse hineingeboren wird und man gut daran tut, da zu bleiben. Davon abgesehen hatte ich bei diesem Afflick das Gefühl, Vorsicht sei im Umgang mit ihm a n gebracht – was ja dann auch zutraf.«
»Was hat er denn angestellt?«
»Genau erinnere ich mich nicht mehr. Wenn ich mich nicht irre, wollte er sich durch Weitergabe einer Inform a tion einen Nebenverdienst verschaffen. Es handelte sich um eine vertrauliche Sache, die in Fanes Kanzlei bearbe i tet wurde.«
»Hat er ihm den Rausschmiss nachgetragen?«
Kennedy warf Giles einen scharfen Blick zu. »Vermu t lich«, sagte er kurz.
»Hatten Sie sonst noch einen Grund, seine Freun d schaft mit Ihrer Schwester zu missbilligen? War er i r gendwie – nicht ganz normal?«
»Wenn Sie so darauf bestehen, will ich noch offener sein. Ja, Jackie Afflicks Charakter kam mir, besonders nach seiner Entlassung, ziemlich bedenklich vor. Er litt unter Stimmungsschwankungen, einer Art beginnendem Verfolgungswahn. Offenbar hat sich das mit den Jahren gegeben, sonst wäre er wohl kaum ein so erfolgreicher Geschäftsmann geworden.«
»Wer hat ihn damals entlassen? Walter Fane?«
»Keine Ahnung, ob Walter Fane sich damit abgegeben hat. Er wurde einfach von der Firma entlassen.«
»Afflick beschwerte sich wahrscheinlich, dass man ihn zum Sündenbock gemacht hatte?«
Kennedy nickte.
»Also so ist das! Gwenda, jetzt müssen wir aber los! Bis Donnerstag, Sir.«
Das Haus, ein klotziger Neubau, bestand nur aus Beton und Glas. Gwenda und Giles wurden durch eine wei t räumige Empfangshalle in ein Büro geführt, das etwa zur Hälfte von einem großen Chromstahlschreibtisch ausg e füllt wurde.
Gwenda flüsterte Giles nervös zu: »Ich weiß wirklich nicht, was wir ohne Miss Marple gemacht hätten, jedes Mal verlassen wir uns auf ihre Einfälle. Erst ihre Freunde in Northumberland und nun das Pfadfindertreffen.«
Giles hob warnend die Hand, als eine Tür aufflog und J. J. Afflick eintrat.
Er war ein vierschrötiger Mann mittleren Alters, in e i nem auffallend groß karierten Anzug. Seine Augen waren dunkel und scharfsichtig, sein rundes Gesicht strahlte Gutmütigkeit aus. Er entsprach der landläufigen Vorste l lung eines erfolgreichen Buchmachers.
»Mrs und Mr Reed? Guten Morgen! Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.« Sein Händedruck war etwas zu herzlich. »Was kann ich für Sie tun?«
Afflick nahm hinter seinem Schreibtisch Platz und bot Zigaretten aus einer Onyxdose an. Giles und Gwenda setzten sich ebenfalls. Giles berichtete von dem geplanten Pfadfinderausflug. Alte Freunde von ihm dachten an eine mehrtägige Rundfahrt zu den schönsten Punkten von Devonshire, und er sollte ihnen den Kostenplan beso r gen.
Afflick, entgegenkommend und sachlich, nannte Preise und machte Vorschläge. Doch ein leicht forschender Ausdruck wich nicht aus seinen Augen, und schließlich sagte er offen:
»Die Sache mit dem Ausflug wäre also klar, Mr Reed, und ich werde Ihren Bekannten die nötigen Unterlagen schicken. Aber das hätte auch einer meiner Angestellten tun können. Mir wurde gesagt, Sie hätten am Telefon um einen Privattermin gebeten?«
»Ganz richtig, Mr Afflick. Wir wollten nämlich zwei Dinge mit Ihnen besprechen. Der erste Punkt ist nun erledigt. Der andere ist rein privat. Meine Frau ist auf der Suche nach ihrer Stiefmutter, die sie viele Jahre nicht g e sehen hat, und wir dachten, Sie könnten uns vielleicht einen Hinweis geben.«
»Darf ich fragen, wie die Dame heißt? Sie setzen ja o f fenbar voraus, dass ich sie kenne?«
»Es war eine Jugendbekanntschaft von Ihnen. Sie heißt Mrs Helen Halliday, geborene Kennedy.«
Afflick saß ganz still da. Dann wandte er die Augen zur Decke und wippte mit dem Bürosessel langsam nach hi n ten. »Halliday? Ich erinnere mich nicht. Helen Kenn e dy…«
»Früher hat sie in Dillmouth gewohnt«, sagte Giles.
Der Sessel kam mit einem hörbaren Aufprall der Beine wieder fest auf den Boden.
»Ich hab’s!«, sagte Afflick. »Natürlich!« Sein rundes G e sicht strahlte vor Vergnügen. »Die kleine Helen Kennedy! Ja, ich erinnere mich an sie. Das muss allerdings lange her sein, etwa zwanzig Jahre.«
»Achtzehn.«
»Ach, wirklich? Unglaublich, wie die Zeit verfliegt. Le i der muss ich Sie enttäuschen, Mrs Reed. Ich habe Helen seit damals nicht wiedergesehen – auch kein Sterbenswort von ihr gehört.«
»Oh, das ist wirklich enttäuschend«,
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