Ruheloses Herz
und so angesprochen würde?
»Du kannst jetzt reinkommen«, forderte er Keeley auf. »Geh so nah an sie heran, dass sie dich riechen kann. Berühr sie, damit sie dich spürt.«
»Ich weiß Bescheid«, sagte sie leise. Obwohl sie so etwas wie eben noch nie erlebt hatte.
Keeley schlüpfte in die Box, fuhr mit den Händen sacht über Bettys Hals, die Flanke. Sie spürte, wie sie unter ihrer Hand zitterte, aber das Fohlen wandte seinen Blick nicht von Brian.
»Ich habe schon viele Menschen mit Pferden arbeiten sehen, aber so etwas wie dich habe ich noch nie erlebt«, sagte Keeley leise, während sie Betty immer noch streichelte. Und wie das Pferd schaute auch sie jetzt Brian an. »Du hast eine Gabe.«
Sein Blick begegnete ihrem, hielt ihn einen Moment lang fest. Ein Moment, der ihr wie eine Ewigkeit erschien. »Sie hat eine Gabe. Sprich mit ihr.«
»Betty. Du bist gar nicht so böse, Betty. Du hast Jim Angst eingejagt, aber bei mir schaffst du das nicht. Ich finde dich wunderschön.« Sie sah, wie das Pferd die Ohren anlegte, spürte die leichte Bewegung unter ihren Händen, redete jedoch weiter: »Du willst doch laufen, oder? Gut, doch allein kannst du das nicht. Ich verspreche dir, dass es nicht wehtut, obwohl ich weiß, dass dir das auch egal wäre. Es geht nur um deinen Stolz.«
Wieder schaute sie zu Brian. »Es ist nur Stolz«, wiederholte sie, wobei sie Pferd und Mann gleichermaßen meinte. »Wenn du diesen Schritt allerdings jetzt nicht machst, wirst du niemals stolz sein können, dass du gewonnen hast.«
Als Brian den Sattelgurt festzurrte, schienen alle den Atem anzuhalten. Dann atmete Keeley aus und ließ sich von Brian in den Sattel helfen.
Während des Aufsteigens scheute Betty, und Keeley verhielt sich ganz still. Sie wusste sehr genau, was passieren konnte, wenn das Fohlen nicht richtig unter Kontrolle war. Eine einzige falsche Bewegung von irgendwem konnte leicht dazu führen, dass sie sich unter einem mehrere hundert Pfund schweren scheuenden Pferd wiederfand.
Brian fuhr fort, dem Pferd sanfte Worte ins Ohr zu flüstern, während sich das von draußen hereinfallende Licht in ein warmes Orange verwandelte. Langsam zog Keeley sich hoch, bis sie fest im Sattel saß, dann schob sie die Füße in die Steigbügel.
Betty versuchte sich gegen das ungewohnte Gewicht zu wehren, indem sie den Kopf zurückwarf, sich aufbäumte und ausschlug. Keeley beugte sich vor und streichelte ihren Hals.
»Find dich damit ab«, befahl sie in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete und in deutlichem Gegensatz zu Brians zärtlichen Beschwörungsformeln stand. »Du bist zum Laufen geboren.«
»Ganz ruhig, cushla «, redete Brian weiterhin beruhigend auf sie ein. »So schrecklich ist es doch gar nicht. Sie ist ja nur eine halbe Portion, und du hast so einen schönen breiten Rücken. Außerdem ist sie bloß eine Prinzessin, während du eine Königin bist, stimmt’s?«
»Dann steht sie in der Rangordnung also höher als ich?« Keeley war sich nicht sicher, ob sie belustigt sein oder sich ärgern sollte.
Nach und nach hörten Bettys rastlose Bewegungen auf. Brian holte ein Stück Apfel aus dem Beutel an seinem Gürtel und verfütterte es an Betty, während er weiterhin lobte und beruhigte. »Sie macht ihre Sache gut.«
»Obwohl sie mich am liebsten abwerfen würde.«
»Stimmt, aber sie reißt sich zusammen. Und du machst deine Sache genauso gut.« Er schaute auf und begegnete Keeleys Blick. »Mit genau derselben Selbstverständlichkeit wie sie. Ihr habt eben beide blaues Blut.«
»Schreiben wir Geschichte, Brian?«
»Darauf kannst du dich verlassen«, sagte er und strich über Bettys Nüstern.
An diesem Vormittag verbrachte Keeley viel Zeit mit Brian. Sie stieg ab und wieder auf und saß still, während er Betty in der Box herumführte. Betty bäumte sich zwei Mal auf, aber alle wussten, dass es nur Show war.
»Willst du es im Gehring mit ihr wagen?«
Keeley wollte ablehnen. Ihre Arbeit wartete, und sie hatte heute ohnehin schon Zeit vertrödelt. Es machte einfach zu viel Spaß, ein junges, unverbrauchtes Pferd unter sich zu spüren, die Herausforderung war zu groß, um sich ihr nicht zu stellen. Dann würde sie sich eben heute Abend einige Stunden mit ihrem Bürokram beschäftigen.
»Wenn du glaubst, dass sie schon bereit ist.«
»Oh, sie ist bereit. Wir sind es, die aufholen müssen.« Er öffnete die Tür der Box und ließ sie heraus.
Der Gehring war von einer hohen Mauer umgeben, die die Pferde vor
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