Ruheloses Herz
daneben stand der Truck, den er Paddy abgekauft hatte.
Als er sich umdrehte und über das Land schaute, wurde ihm klar, dass man zu diesem Ort leicht eine Verbundenheit spüren konnte, wenn man nicht gut aufpasste. Die Weite täuschte und konnte einem vorgaukeln, dass das Fleckchen Erde unbegrenzt war, und dann würde man in Versuchung geraten, hier länger als woanders zu bleiben – bis man nicht mehr wegkam.
Es war klug, sich daran zu erinnern, dass ihm das Land nicht gehörte, genauso wenig wie die Pferde. Oder Keeley.
Doch während er auf ihre Koppel zuschlenderte, stahlen sich alle diese Fantasien wieder in seinen Kopf. Keeley, bekleidet mit Jeans und einem grünen Pullover, war gerade dabei, im weichen Abendlicht den gescheckten Wallach zu satteln, den sie, wie er wusste, Honey nannte. Das Haar hatte sie sich nachlässig hochgesteckt, was sehr sexy wirkte.
Sie sieht … erreichbar aus, erkannte Brian. Wie eine Frau, mit der ein Mann nach einem langen anstrengenden Tag gern zusammen war. Wie eine Frau, mit der man sich beim Abendessen und später im Bett über viele Dinge unterhalten konnte.
Mit so einer Frau würde ein Mann morgens aufwachen, ohne sich in der Falle zu fühlen und ohne sich Sorgen machen zu müssen, dass sie so fühlte.
Als Brian klar wurde, was er da gerade dachte, schüttelte er über sich selbst den Kopf. Was für ein Unfug.
Brian ging zum Zaun, lehnte sich dagegen und sah, dass sie bereits beide Pferde gesattelt hatte. »Du hast die ganze Arbeit ja schon allein gemacht.«
»Nun, du hast mich an einem guten Tag erwischt.« Keeley überprüfte den Sattelgurt, trat zurück. Sie wusste mittlerweile, welche Länge seine Steigbügel haben mussten und welches Zaumzeug er bevorzugte. »Mir war gar nicht klar, wie viel freie Zeit ich habe, wenn Ma mir regelmäßig hilft.«
»Und was wirst du damit tun?«
»Sie genießen.« Nachdem er das Tor geöffnet hatte, führten sie die Pferde hindurch. »Ich war in den letzten zwei Jahren dermaßen auf meine Arbeit fixiert, dass ich mir zu selten die Zeit genommen habe, einen Schritt zurückzutreten, um die Ergebnisse anzusehen.« Sie reichte ihm die Zügel. »Dabei liebe ich Ergebnisse.«
»Dann kommst du in deiner freien Zeit ja vielleicht ein bisschen öfter mit zu Rennen.« Sobald sie auf dem Pferd saß, schwang er sich ebenfalls in den Sattel. »Da kannst du nämlich auch Ergebnisse sehen. Morgen startet Betty zum ersten Mal bei einem Zweijährigenrennen.«
»Ihr Jungfernrennen? Das lasse ich mir ganz bestimmt nicht entgehen.«
»In Charles Town. Um zwei.«
»Ich werde meine Mutter bitten, meinen Nachmittagskurs zu übernehmen. Ich werde da sein.«
Sie ritten im Schritt an der Koppel vorbei und auf die mit Bäumen bestandene Anhöhe zu, deren Blätterdach bunt in der Abendsonne leuchtete. Am Himmel über ihnen flog kreischend ein Schwarm Wildgänse.
»Zwei Mal am Tag gehen sie schreiend auf die Reise«, sagte Brian, während er den Vögeln nachschaute. »Im Morgengrauen und in der Abenddämmerung.«
»Ich liebe ihre Schreie.« Keeley schaute zum Himmel, bis der letzte Ruf verklungen war.
»Onkel Paddy hat heute angerufen.«
»Und wie geht es ihm?«
»Sehr gut. Er hat sich zwei junge Stuten gekauft, weil er beschlossen hat, es zur Abwechslung mal mit Züchten zu versuchen.«
»Typisch. Ich hätte mir auch beim besten Willen nicht vorstellen können, dass er es schafft, seine Finger von Pferden zu lassen …«
»Dir würden sie doch sicher auch fehlen, oder? Ihr Geruch, ihre Geräusche. Hast du eigentlich nie daran gedacht, selbst zu züchten?«
»Nein, das ist nichts für mich. Ich bin froh, dass die Pferde, die ich trainiere, anderen gehören. Sobald man sie selbst besitzt, ist es ein Geschäft, oder nicht? Ein Unternehmen. Ich sehne mich nicht danach, Geschäftsmann zu sein.«
»Es gibt auch Leute, die Pferde besitzen, weil sie sie lieben«, erklärte Keeley. »Und daran ändert auch das Geschäft nichts.«
»In seltenen Fällen.« Brian schaute auf und ließ seinen Blick über die Außengebäude schweifen. Ja, dachte er. Dieser Ort hier war mit Liebe aufgebaut worden. »Dein Vater ist so ein seltener Fall, und in Cork kenne ich auch jemand. Trotzdem glaube ich, dass Besitz einen so auffressen kann, dass man schließlich für das, was man tut, das Gefühl verliert. Und dann geht es, ehe man es sich versieht, nur noch um Zahlen und Profit. Das klingt für mich nach Gefängnis.«
Interessant, dachte sie. »Jemand, der Geld
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