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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Erröten hast du von ihr. Wenn sie einen frechen Witz
    hört… dann kann man auf ihrem Kopf eine Mahlzeit für sechs Personen
    kochen, wenn man sich beeilt. Du wirst noch merken, daß bei einigen
    Leuten Körper und Kopf nicht immer zusammenarbeiten.«
    »Und was ist Oma Wetterwachs?« fragte Agnes. Der Hinweis auf ihr
    Erröten hatte sie ein wenig verletzt, und deshalb fügte sie nicht ohne
    gewisse Schärfe hinzu: »Geistig, meine ich.«
    »Das habe ich nie herausgefunden«, erwiderte Nanny. »Aber ich schät-
    ze, sie sieht hier eine neue Dreiergruppe. Die verdammte Einladung war vermutlich der Gipfel. Und jetzt ist sie weg.« Sie paffte. »Ich fürchte, ich bin nicht für die Rol e der alten Fuchtel geschaffen. Ich hab nicht die
    richtige Gestalt dafür. Und außerdem weiß ich gar nicht, wie eine alte
    Fuchtel klingt.«
    Ein gräßliches Bild entstand vor Agnes’ innerem Auge und zeigte ihr
    die zerbrochene Tasse.
    »Aber Oma ist doch gar nicht… ich meine, sie war nie… Sie sah gar
    nicht wie…«, begann sie.
    »Es hat keinen Sinn, einen Hund anzuschauen und zu sagen, es sei kein
    Hund, weil ein richtiger Hund ganz anders aussieht«, entgegnete Nanny
    schlicht.
    Agnes schwieg. Nanny hatte natürlich recht. Nanny war Mutter. Al es
    an ihr betonte dies. Wenn man sie durchgeschnitten hätte, wäre man
    vermutlich auf die Buchstaben »Mut« gestoßen. Manche Frauen wurden
    bereits mit einer mütterlichen Natur geboren. Andere kommen als Jungfrau-en zur Welt und bleiben es ihr Leben lang, fügte Perdita hinzu. Was die dritte Kategorie anging…, setzte Agnes ihre Überlegungen fort, ohne auf die
    eigene Unterbrechung zu achten. Vielleicht war es gar nicht so seltsam,
    daß die Leute bei Geburten Nannys Hilfe in Anspruch nahmen – und
    sich an Om wandten, wenn jemand starb.
    »Sie glaubt, wir brauchen sie nicht mehr?«
    »Ich nehme an, darauf läuft es hinaus.«
    »Was hat sie jetzt vor?«
    »Keine Ahnung. Aber wenn es drei gab und es jetzt vier sind… dann
    muß jemand gehen, oder?«
    »Was ist mit den Vampiren? Wir zwei werden nicht allein mit ihnen
    fertig!«
    »Esme weist darauf hin, daß wir drei sind«, sagte Nanny.
    »Was? Magrat? Aber sie…« Agnes unterbrach sich. »Sie ist keine Nan-
    ny Ogg.«
    »Nun, ich bin ganz sicher keine Esme Wetterwachs, wenn du’s genau
    wissen willst«, erwiderte Nanny. »Der geistige Kram ist Speis und Trank
    für sie. Anderen Leuten in den Kopf schauen, das eigene Selbst auf Rei-
    sen schicken… Mit solchen Dingen kennt sie sich aus. Sie würde das
    Lächeln aus dem Gesicht des Grafen vertreiben. Und zwar von innen,
    wie ich Esme kenne.«
    Eine Zeitlang starrten sie stumm in den kalten Kamin.
    »Vielleicht waren wir nicht immer sehr nett zu ihr«, sagte Agnes und
    dachte erneut an die zerbrochene Tasse. Bestimmt war das kein Zufal .
    Vielleicht glaubte Oma, daß sie die Tasse rein zufäl ig zerbrochen hatte, aber möglicherweise trug jeder eine Perdita in seinem Innern. Sie war
    durch die halbdunkle Hütte gewandert, mit der sie inzwischen so sehr in
    Einklang stand wie ein Hund mit seinem Herrn, und hatte dabei in Drei-
    er-Begriffen gedacht. Drei, drei, drei…
    »Esme hält nicht viel von Nettigkeiten«, sagte Nanny Ogg. »Wenn man
    ihr einen Apfelkuchen bringt, kann man ziemlich sicher sein, daß sie sich
    über den Teig beschwert.«
    »Aber die Leute danken ihr nicht oft. Und sie hat viel getan.«
    »Sie legt auch keinen großen Wert darauf, daß man sich bei ihr be-
    dankt. Das gehört zu ihrer al gemeinen Einstel ung. Um dir die ehrliche,
    aufrichtige Wahrheit zu sagen: In den Wetterwachses gab es immer einen
    dunklen Faktor, und genau dort liegt das Problem. Nimm nur die alte
    Alison Wetterwachs.«
    »Wer war sie?«
    »Omas Oma. Es heißt, eines Tages wurde sie böse. Packte ihre Sachen
    und zog nach Überwald. Und dann Esmes Schwester…« Nanny unter-
    brach sich und begann erneut. »Wie dem auch sei: Deshalb steht sie dau-
    ernd hinter sich selbst und kritisiert ihr eigenes Verhalten. Vielleicht
    fürchtet sie sich davor, daß sie böse wird, ohne es zu merken.«
    »Oma Wetterwachs? Aber sie ist doch die Moral in Person!«
    »Oh, ja. Aber vor allem deshalb, weil ihr Oma Wetterwachs ständig
    über die Schulter blickt.«
    Agnes sah sich noch einmal in dem schlicht eingerichteten Zimmer
    um. Der Regen hatte inzwischen einen Weg durchs Dach gefunden. Die
    junge Hexe glaubte zu hören, wie die Mauern langsam in den Boden
    sanken und dabei zu denken

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