Ruhig Blut!
Ja, das hast du. «
»Äh… ja, das habe ich tatsächlich. Äh… und?«
»Dein Geist ist nicht rosarot und glückselig geworden?«
»Ich fürchte, mein Geist ist noch nie rosarot und glückselig gewesen«,
antwortete Himmelwärts.
»Warum ist es den Vampiren nicht gelungen, dich zu beeinflussen?«
Himmelwärts lächelte schief und griff in die Jackentasche.
»Oms Hand beschützt mich«, sagte er.
Nanny betrachtete den Anhänger: eine Gestalt, die auf den Rücken ei-
ner Schildkröte gefesselt war.
»Ach?« erwiderte sie. »Das halte ich für einen guten Witz.«
»So wie Om die Hand ausstreckte, um den Propheten Brutha vor der
Folter zu bewahren, so wird er mich in Zeiten der Gefahr unter seine Fittiche nehmen«, verkündete Himmelwärts, und es klang so, als wol te
er vor al em sich selbst überzeugen. »Ich habe da eine Broschüre, wenn
du mehr erfahren möchtest«, fügte er hinzu, und diesmal klang seine
Stimme wesentlich selbstsicherer, als sei für eine aufgeschlossene, ver-
nünftig denkende Person die Existenz von Om ein wenig ungewiß, wo-
hingegen nicht der geringste Zweifel an der Existenz von Broschüren
bestehen konnte.
»Ich habe kein Interesse.« Nanny ließ den Anhänger los. »Pater Perdore brauchte nie irgendwelchen magischen Schmuck, um Leute abzuwehren.
Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
»Es genügte, wenn er ihnen seinen nach Alkohol riechenden Atem
entgegenhauchte«, warf Agnes ein. »Auf jeden Fall kommst du mit, Herr
Himmelwärts. Ich habe keine Lust, Prinz Schleim al ein entgegenzutre-
ten! Und sei still!«
»Äh… ich habe doch gar nichts gesagt…«
»Ich habe nicht dich gemeint. Ich meinte… Du hast dich doch mit
Vampiren befaßt, oder? Was hilft bei ihnen?«
Hilbert Himmelwärts dachte kurz nach. »Äh… ein bequemer, trocke-
ner Sarg… äh… genug frisches Blut… äh… bedeckter Himmel…« Er
unterbrach sich, als er den Gesichtsausdruck der jungen Hexe bemerkte.
»Oh, du möchtest wissen, wie man sie erledigt, nicht wahr? Nun, eigent-
lich hängt es davon ab, woher sie kommen. Überwald ist ziemlich groß.
Äh… man kann sie töten, indem man ihnen den Kopf abschlägt und
einen Pflock durchs Herz treibt.«
»Das funktioniert auch bei normalen Leuten«, sagte Nanny.
»Äh… in Splintz sterben sie, wenn man ihnen eine Münze in den
Mund legt und den Kopf abschlägt…«
»Damit könnte man gegen normale Leute natürlich nichts ausrichten«,
kommentierte Nanny und holte ein Notizbuch hervor.
»Äh… in Klotz sterben sie, wenn man ihnen eine Zitrone in den Mund
steckt…«
»Klingt schon besser.«
»… nachdem man ihnen den Kopf abgeschlagen hat. Ich glaube, in
Glitz muß man ihren Mund mit Salz füllen, eine Karotte in beide Ohren
hämmern und dann den Kopf abschlagen.«
»Es hat dir sicher viel Freude bereitet, diese Informationen zu sam-
meln.«
»Und im Tal des Ah hält man es für angebracht, ihnen den Kopf abzu-
schlagen und in Essig zu kochen.«
»Du brauchst jemanden, der al den Kram trägt, Agnes«, sagte Nanny
Ogg.
»In Kashncari heißt es, man sol te ihnen die Zehen abschneiden und
einen Nagel durch den Hals treiben.«
»Und ihnen dann den Kopf abschlagen?«
»Offenbar kann man darauf verzichten.«
»Das mit den Zehen ist einfach «, sagte Nanny. »Der alte Windelig drü-
ben im Blöden Kaff hat sich zwei Zehen mit einem Spaten abgeschlagen,
ohne dabei zu zielen.«
»Natürlich kann man einen Vampir auch besiegen, indem man ihm die
linke Socke stiehlt«, meinte Himmelwärts.
»Was?« fragte Agnes. »Ich glaube, da habe ich dich nicht ganz richtig
verstanden.«
»Ähm… Vampire sind pathologische Pedanten. Bei manchen Zigeu-
nern in Borograwien heißt es: Wenn man ihnen eine Socke stiehlt und sie
irgendwo versteckt, suchen sie eine Ewigkeit lang danach. Sie können es
nicht ausstehen, wenn sich Dinge am falschen Ort befinden oder feh-
len.«
»Ich glaube, das brauche ich mir nicht als sehr weit verbreitete Auffas-
sung zu notieren«, sagte Nanny.
»Oh, in einigen Dörfern erzählt man sich auch, daß man Vampire auf-
halten kann, indem man Mohn nach ihnen wirft«, fuhr Himmelwärts
fort. »Dann erliegen sie nämlich dem unwiderstehlichen Drang, die Kör-
ner zu zählen. Vampire sind ausgesprochen anal-retentiv, versteht ihr?«
»Ich möchte keinem begegnen, bei dem das Gegenteil der Fall ist«,
kommentierte Nanny.
»Ja, nun, wir werden wohl kaum Zeit genug haben, den Grafen nach
seiner
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