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Ruhig Blut!

Ruhig Blut!

Titel: Ruhig Blut! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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unterneh-
    me. Ich könnte dich aus einem beliebigen Augenpaar beobachten und
    hinter jeder Tür stehen. Gewisse Leute und Geschöpfe sind mir den
    einen oder anderen Gefal en schuldig. Ich bin imstande, aus jeder Rich-
    tung zu kommen, zu jedem beliebigen Zeitpunkt. Und ich kann böse
    sein.«
    »Ach? Wenn ich unhöflich wäre, könnte ich dich jetzt sofort töten. Ein
    einfacher Pfeil würde genügen. Feldwebel Svitz?«
    Der Söldner winkte, was bei ihm einem Salutieren gleichkam, und hob
    die Armbrust.
    »Bist du sicher ?« fragte Oma. »Ist dein Affe sicher, daß ihm Zeit genug für einen zweiten Schuß bleibt? Daß ich nach dem ersten nicht fort bin?«
    »Du bist kein Gestaltwandler, Frau Wetterwachs. Und al es deutet dar-
    auf hin, daß du derzeit nicht besonders gut laufen kannst.«
    »Sie meint die Möglichkeit, ihr Selbst in einem anderen Kopf unterzu-
    bringen«, warf Vlad ein.
    Die Hexen wechselten einen Blick.
    »Entschuldige, Esme«, sagte Nanny einige Sekunden später. »Ich konn-
    te den Gedanken nicht aus mir vertreiben. Offenbar habe ich nicht ge-
    nug getrunken.«
    »Oh, ja«, meinte der Graf. »Der berühmte Trick mit dem Borgen.«
    »Aber du weißt nicht wo, und du weißt auch nicht wie weit«, sagte
    Oma müde. »Und der Kopf ist dir ebenfal s unbekannt. Du weißt nicht
    einmal, ob es überhaupt ein Kopf sein muß. Was du über mich erfahren
    hast, stammt aus den Gedanken anderer Personen, und die wissen nicht alles über mich. Längst nicht alles.«
    »Du willst dein Selbst also an einem anderen Ort unterbringen«, sagte
    der Graf. »Primitiv. Weißt du, ich habe sie auf meinen Reisen kennenge-
    lernt. Seltsame alte Männer mit Perlen und Federn, die ihr Bewußtsein
    auf einen Fisch übertragen konnten, ein Insekt, sogar auf einen Baum.
    Als wenn das eine Rolle spielte. Holz brennt. Tut mir leid, Frau Wetter-
    wachs. König Verence betont gern: Es gibt eine neue Weltordnung. Und
    die sind wir. Du bist Geschichte…«
    Er zuckte zusammen. Die drei Hexen fielen auf den Boden.
    »Gut gemacht«, lobte der Graf. »Ein Schuß vor meinen Bug. Ich habe
    ihn gespürt. Ich habe ihn tatsächlich gespürt. Nie hat jemand in Überwald so etwas fertiggebracht.«
    »Ich bin zu weitaus mehr fähig«, sagte Oma.
    »Das bezweifle ich«, erwiderte der Graf. »Wenn du wirklich zu mehr
    fähig wärst, hättest du davon inzwischen Gebrauch gemacht. Nach dem
    Motto: Keine Gnade für den Vampir! Die Schreie der wütenden Menge
    hal en durch die Jahrhunderte…«
    Er schlenderte der alten Hexe entgegen. »Glaubst du vielleicht, man
    kann uns wie dumme Elfen oder hirnlose Menschen mit energischem
    Gebaren und dem einen oder anderen Trick einschüchtern? Wir sind
    jetzt aus dem Sarg heraus, Frau Wetterwachs. Ich bin bestrebt gewesen,
    dir mit Verständnis zu begegnen, denn eigentlich haben wir viel gemein-
    sam, aber jetzt…«
    Omas Leib zuckte zurück wie eine Papierpuppe, die plötzlich vom
    Wind erfaßt wurde.
    Der Graf war auf halbem Wege zu ihr, und seine Hände steckten in
    den Taschen der Hausjacke. Er zögerte kurz.
    »Meine Güte, davon habe ich kaum etwas gemerkt«, sagte er. »Zu mehr
    bist du nicht fähig?«
    Oma taumelte, schaffte es jedoch, die Hand zu heben. Ein schwerer
    Stuhl an der Wand geriet in Bewegung und schlitterte durch den Saal.
    »Das war recht gut, für einen Menschen«, sagte der Graf. »Aber ich
    glaube nicht, daß du ihn in Bewegung halten kannst.«
    Oma zuckte zusammen und hob die andere Hand. Ein großer Kerzen-
    leuchter schwang von einer Seite zur anderen.
    »Nicht übel«, kommentierte der Graf. »Aber leider nicht gut genug.
    Nicht annähernd gut genug.«
    Oma wich zurück.
    »Aber ich verspreche dir folgendes«, fuhr der Graf fort. »Ich werde
    dich nicht töten. Ganz im Gegenteil…«
    Unsichtbare Hände packten Oma und preßten sie an die Wand.
    Agnes wol te vortreten, doch Magrats Hand schloß sich fest um ihren
    Arm.
    »Du solltest keine Niederlage darin sehen, Oma Wetterwachs«, sagte
    der Graf. »Du bleibst am Leben, und zwar für immer. Das ist doch ein
    gutes Angebot, oder?«
    Es gelang Oma, mißbilligend zu schniefen.
    »Mir genügt es nicht«, sagte sie. Ihr Gesicht wurde zu einer schmerz-
    verzerrten Fratze.
    »Auf Wiedersehen«, sagte der Graf.
    Die Hexen fühlten den mentalen Schlag. Der Große Saal erzitterte.
    Doch in einer Sphäre außerhalb der normalen Realität gab es noch et-
    was anderes. Dort glänzte etwas, hell und silbrig, glitt wie ein Fisch

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