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Ruht das Licht

Ruht das Licht

Titel: Ruht das Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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Hände auf der Oberfläche treiben und dachte daran, einfach einzuschlafen, als es an der Badezimmertür klopfte.
    Auf das Klopfen, das so heftig war, dass es die unverschlossene Tür einen Spaltbreit öffnete, folgte Isabels Stimme. »Bist du ertrunken?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Stört’s dich, wenn ich reinkomme?« Sie wartete gar nicht erst auf meine Antwort und setzte sich neben die Badewanne auf den Toilettendeckel. Die flaumige Pelzkapuze ihrer Jacke wirkte wie ein Buckel auf ihrem Rücken. Ihr Haar formte eine zackige Linie auf ihrer Wange. Sie sah aus, als könnte sie Werbung für irgendwas machen. Für Toiletten. Für Jacken. Oder Antidepressiva. Was auch immer, ich würde es kaufen. Sie sah auf mich herunter.
    »Ich bin nackt«, sagte ich.
    »Ich auch«, entgegnete Isabel. »Unter den Klamotten.«
    Ich grinste. Ehre, wem Ehre gebührt.
    »Und, fallen deine Füße jetzt ab?«, erkundigte sie sich.
    Weil die Badewanne so klein war, musste ich erst das Bein heben, um es zu strecken und meine Zehen angucken zu können. Sie waren ein bisschen rot, aber ich konnte damit wackeln und hatte auch wieder Gefühl in allen, außer einem der kleinen Zehen, der immer noch ziemlich taub war. »Heute nicht, wie’s aussieht.«
    »Willst du eigentlich ewig da drinbleiben?«
    »Kann schon sein.« Ich ließ mich tiefer ins Wasser sinken, um zu zeigen, dass ich das tatsächlich ernsthaft in Betracht zog. Dann sah ich zu ihr auf. »Komm doch auch rein.«
    Sie zog skeptisch eine Augenbraue hoch. »Sieht mir ein bisschen klein aus.«
    Ich grinste wieder und kniff die Augen zu. »Autsch.« Wenn ich die Augen schloss, durchströmte mich so ein warmes, schwebendes Gefühl, fast als wäre ich unsichtbar. Jemand hätte eine Droge erfinden sollen, durch die man sich so fühlte. »Mir fehlt mein Mustang«, sagte ich, hauptsächlich weil das die Art Aussage war, die ihr eine Reaktion entlocken würde.
    »Du liegst nackt in der Badewanne und denkst an dein Auto?«
    »Hatte ’ne super Heizung, das Teil. Da drin konnte man richtig schön Sauna spielen«, erwiderte ich. Mit geschlossenen Augen war es auch wesentlich leichter, mit ihr zu reden – nicht so ein Wettpinkeln. »Hätte ich die Karre mal heute Abend gehabt.«
    »Wo ist dein Auto denn?«
    »Zu Hause.«
    Ich hörte, wie sie die Jacke auszog und sie raschelnd über den Waschbeckenrand legte. Der Toilettendeckel knarzte, als sie sich wieder draufsetzte. »Und wo ist das?«
    »New York.«
    »Stadt oder Staat?«
    »Staat.« Ich dachte an den Mustang. Schwarz, glänzend und anständig getunt stand er in der Garage meiner Eltern, denn ich war eigentlich nie zu Hause. Er war das Allererste gewesen, was ich mir von meinem ersten dicken Scheck gekauft hatte. Und dann – die Ironie des Jahrhunderts – war ich zu oft auf Tour gewesen, um ihn je fahren zu können.
    »Ich dachte, du kommst aus Kanada.«
    »Ich war da mal –« Ich brach ab, bevor mir das auf Tour rausrutschte. Meine Anonymität gefiel mir einfach zu gut. »Im Urlaub.« Ich öffnete die Augen und an ihrem harten Gesichtsausdruck erkannte ich, dass sie die Lüge durchschaut hatte. Langsam wurde mir klar, dass man vor ihr nicht viel geheim halten konnte.
    »Toller Urlaub«, entgegnete sie. »Muss ja echt mies gewesen sein, wenn du dich stattdessen für das hier entschieden hast.« Sie betrachtete die Einstichnarben an meinen Armen, aber nicht so, wie ich es erwartet hätte. Nicht wertend. Eher gierig. Ihr Ausdruck und die Tatsache, dass sie nur noch ein dünnes Top trug, machten es mir nicht gerade leicht, mich zu konzentrieren.
    »Genau«, stimmte ich ihr zu. »Und was ist mit dir? Warum weißt du über die Wölfe Bescheid?«
    In Isabels Augen blitzte für eine Sekunde etwas auf, aber es verschwand so schnell wieder, dass ich nicht erkennen konnte, was es war. Das und ihr ungeschminktes Gesicht, das so jung und weich aussah, sorgten dafür, dass es mir leidtat, gefragt zu haben.
    Im nächsten Moment überlegte ich, warum ich mir über dieses Mädchen, das ich kaum kannte, solche Gedanken machte.
    »Ich bin mit Sams Freundin befreundet«, erklärte Isabel. Ich hatte selbst schon genug gelogen oder zumindest Halbwahrheiten erzählt, um zu wissen, wie sich so was anhörte. Aber da sie mir meine eigene Halbwahrheit auch hatte durchgehen lassen, tat ich ihr den gleichen Gefallen.
    »Ach ja. Sam«, wiederholte ich. »Erzähl mir doch mal was über ihn.«
    »Ich hab dir doch schon gesagt, er ist so was wie Becks Sohn und hat den ganzen

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