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Rumgurken: Reisen ohne Plan, aber mit Ziel (German Edition)

Rumgurken: Reisen ohne Plan, aber mit Ziel (German Edition)

Titel: Rumgurken: Reisen ohne Plan, aber mit Ziel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tex Rubinowitz
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verblüffte nur, wie schnell Dankbarkeit in Häme umschlagen konnte. In der Turnhalle, idyllisch gelegen inmitten eines Birkenhains, in dem allerdings auch ein paar arme Kiefern mit Blasenrost ratlos herumstanden, in der Halle also nur gelbe Schaumstoffmatratzen unter baumelnden Ringen und zerrupften Pauschenpferden, aus deren Flanken Holzwolle quoll. Es waren schon einige Filmaficionados da, Spanier, zu denen die Mädchen sogleich Kontakt aufnahmen. Meine Pflichten waren jetzt getan, und ich ging zurück ins Örtchen, um Max und Wiglaf zu suchen, es regnete inzwischen fein. Auf dem Weg kam ich an einem kleinen Imbissstand vorbei. Ich hatte seit den klebrigen ungarischen Malzkeksen nichts mehr gegessen, und hier gab es eine Art Wurst, Makkara genannt. In einer Pergamenthaut steckt ein Brei, der hauptsächlich aus Mehl und mit Fleischaromen versetztem Wasser besteht; dieser Brei wird aus der Haut gesaugt und ohne Brot, allenfalls mit rohen Erbsen verzehrt. Das Volk der Finnen hat, das war mir bereits bekannt, global den höchsten Prokopfverbrauch an Erbsen, überall fallen einem am Straßenrand die leeren Schoten auf, jeder führt stets ein kleines Säckchen Hülsenfrüchte mit sich, wie die Bolivianer ihre Kokablätter, ich sah sogar eine alte Frau ihren Hund mit Erbsen füttern. Als ich die Wurstverkäuferin fragte, ob sie das gesehen habe, das sei doch komisch, meinte sie nur achselzuckend, hier in Finnland hätten sie auch Erbsenmarmelade, und es gebe sogar eine Erbsenweitwurf-Olympiade. Ich fühlte mich plötzlich wohl, zum ersten Mal seit unserer Abreise, jetzt war ich offenbar angekommen, jetzt können noch mehr von solchen Absonderlichkeiten kommen und mich an dieses Land in Zuneigung binden wie die Betrunkenen an den Boden des Zugrestaurants.
    Die beiden Berliner Autoren traf ich dann etwas ratlos im Regen auf der Sodankyläntie, der Aorta des Ortes, herumirrend und in Schaufenster starrend. In einem türmte sich ein Berg klobiger russischer Schuhe. Das Wiedersehen gestaltete sich etwas frostig, auch sie waren möglicherweise verkatert, angeschlagen, der Nieselregen, der uns durch die Jacken auf die Schultern saftelte, machte ihnen das Ankommen nicht so leicht wie mir, der ich mich schon über ein paar leere Erbsenschoten in der Gosse begeistern konnte. Wir gingen in eine Pizzeria. Max und Wiglaf bestellten Pizza mit Rentiergeschnetzeltem, auf die man zur Zierde rote Johannisbeeren gelegt hatte, die bei jedem Bissen von der Pizzatriangel kullerten. Wiglaf las ein Buch von Vita Sackville-West und sah dabei aus wie eine alte Frau, die in den Innereien eines Fischs liest, Max starrte in sein Fantaglas. Kommunikation gestaltete sich hier etwas mühsam, deshalb strich ich mir im Festivalprogramm an, was interessant sein könnte: natürlich «Tulitikkutehtaan Tyttö» (Das Mädchen aus der Streichholzfabrik), der neuste Film Aki Kaurismäkis, der hier Premiere haben sollte, des weiteren sollte André de Toth Gast des Festivals sein, der ungarische Regisseur, man wollte in einem Zirkuszelt seinen Horrorfilm «House of Wax» (Das Kabinett des Professor Bondi) von 1953 zeigen, mit Vincent Price und Charles Bronson als Igor, der taubstumme Diener, klar, da müsse man hin, der erste Film in 3-D, was insofern interessant ist, weil Toth auf einem Auge blind war. Wiglaf und Max waren einverstanden. Dann berichtete ich von den beiden Mädchen. Max verdrehte die Augen (beide), Wiglaf schaute interessiert, na ja, vielleicht konnte ich ihm die Quälgeister unterschieben.
    Die beiden waren im Hotelli Karhu untergekommen, aha, wieder der Bär, dem man im Zugrestaurant bereits begegnet war. Das Karhu ist das beste Haus am Platze, stolz merkte Wiglaf an, dass sie mit dem Toth unter einem Dach wohnen würden, unten gebe es eine Art Restaurant, das aber eigentlich eher ein Lokal für betreutes Trinken sei, da hätten sie gestern ihre Ankunft begossen. Wir verließen die Pizzeria, es regnete immer noch, und reihten uns in die lange Schlange am Ticketschalter ein (Wiglaf: «A snake in the rain»), während ich merkte, dass sich durch die Nässe langsam die Sohlen meiner Schuhe lösten. Bald hatten wir jeder sieben Karten, der erste Film sollte gleich beginnen. Es war merkwürdigerweise «Ein Mann geht durch die Wand» mit Heinz Rühmann, von Ladislao Vajda, einem anderen Ungarn, vielleicht sind hier ungarische Wochen? Egal, man fragte nicht, nahm den Film dankbar an, um sich irgendwo reinzusetzen, dem Regen zu entkommen, der Film

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