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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Fluss . Das Geräusch aus der Ferne. Das Wasser sprudelte aus der Wand am Ende der Höhle hervor und strömte nur für einige Sekunden offen hindurch, bevor es als reißender Strom durch eine breite Felsspalte in eine unbekannte Richtung stürzte, hinein ins Herz des rätselhaften Gebirges.
    »Helft uns!«, schrie Marikani und eilte auf den Stamm zu. Doch Arekh hatte die Kräfte, die zur Verfügung standen, bereits abgeschätzt. Zu viele Frauen und Kinder, zu wenige Männer in waffenfähigem Alter.
    Sie würden gegen eine Meute abgerichteter Hunde keine Chance haben.
    Die Barbaren waren so gut wie tot.
    Ein Löwenkopf. Ein lachender Löwenkopf war in den Felsen gemeißelt - direkt oberhalb der Öffnung, durch die das Wasser ins Herz des Steines floss …
    Einer der Barbaren begann angesichts von Marikanis Schrei zu lachen, und antwortete irgendetwas mit heiserer, unverständlicher Stimme. Einer seiner Gefährten packte Lionor, als wolle er ihr die Kleider vom Leib reißen.
    Eine Vergewaltigung? Das war nun wirklich nicht der rechte Moment dafür …
    Denn gerade jetzt brandeten die Hunde wie eine Welle in die Höhle. Der Barbar stieß Lionor von sich und zog sein
Schwert. Ringsum kreischten Frauen und Kinder vor Entsetzen. Der erste Krieger hob seine Klinge, schlug zu und stürzte, von vier Hunden zu Boden gerissen. Die übrigen Bestien griffen alle an, die ihnen im Weg standen, bissen, zerfleischten und zerfetzten alles, während weitere Angstschreie ertönten. Ein Hund griff Arekh an; er schleuderte ihn von sich, packte Lionor, die sich schreiend wehrte, und stieß sie und Mîn in den Fluss. Die eisige Strömung erfasste sie und wirbelte sie herum. Lionor hatte gerade noch Zeit, noch einmal aufzuschreien und die Arme auszustrecken, bevor sie erst zwischen den Felsen und dann im Loch verschwand. Mîn wurde seinerseits unter Wasser gezogen; der Löwe lachte auf seinem Stein; ein Hund riss einer Frau gleich neben Marikani die Kehle auf; Marikani drehte sich um und sah Arekh an; er packte sie am Arm und stieß sie vorwärts, so dass sie gemeinsam ins eiskalte Wasser fielen, das sie umfing, um sie ins Dunkel der Abgründe zu reißen.
     
    Schwärze.
    Eine Ewigkeit verging.
    Aufgeweichte Erde unter seinen Füßen.
    Eine leichte Strömung an seinem Bauch.
    Arekhs Gliedmaßen waren durchgefroren und schmerzten. Der Kopf tat ihm so weh, als hätte man ihm einen Schlag auf den Schädel versetzt.
    Er hörte jemanden neben sich husten; dann wimmerte jemand unsichere Worte. Es war vollkommen dunkel.
    Arekh wurde wieder ohnmächtig.
     
    Als er aufs Neue erwachte, ging es ihm noch schlechter; neben ihm wurde immer noch geredet. Ein Delirium, von Klagen unterbrochen. Arekh fror so sehr, dass er fast nichts mehr spürte. Seine Beine waren schwer wie Stein, und
einen Moment lang kam ihm der fürchterliche Gedanke, dass er gelähmt sei und deshalb hier - wo war »hier«? - vor Hunger und Erschöpfung sterben würde, während Schmerzwellen seinen Kopf wie Nadelstiche durchzuckten.
    Die Hand. Er konnte die Hand heben. Er beugte den linken Arm, stützte sich auf den Stein, stemmte sich ein wenig hoch, bevor er wieder zusammensackte.
    Der rechte Arm.
    Sich regen, bewegen, nicht liegen bleiben.
    Er robbte über den Steinboden wie ein Tier und bemerkte plötzlich, dass er noch immer die Augen geschlossen hatte.
    Trotz seiner Schmerzen zwang er sich, die Lider zu öffnen.
    Ein diffuses, weißliches Licht ging von einer Gesteinsader in der Felswand aus. Eine weibliche Gestalt saß mit angezogenen Knien darunter, den Blick starr auf Arekh gerichtet.
    Lionor.
    »Ich hatte einen Traum«, sagte sie; ihre Stimme hallte seltsam in der Felshöhle wider.
    Ihr bläulicher Blick war noch immer starr. Ihre Lippen zitterten.
    Arekh kehrte langsam in die Wirklichkeit zurück. Er sah Mîn, der ein Stückchen entfernt ausgestreckt auf dem Rücken lag. Der Jugendliche hatte die Augen geschlossen, wimmerte und redete im Schlaf. Eine weitere Gestalt lag neben Lionor. Marikani. Lionor hatte ihren Mantel zu einem kleinen Kissen gefaltet, auf dem Marikanis Kopf ruhte.
    Aber sie hatte Arekh nicht aus dem kalten Teich gezogen, durch den er gekrochen war.
    Der Zorn darüber wirkte wie ein Peitschenhieb auf ihn; es gelang ihm, auf die Beine zu kommen.
    »Ich hatte einen Traum«, wiederholte Lionor und sah
ihn noch immer mit glasigen Augen an. »Ihr habt … Ihr habt sie getötet.«
    »Wen?«
    »Marikani. In meinem Traum … habt Ihr sie getötet.«
    »Bei den

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