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Rune der Knechtschaft

Titel: Rune der Knechtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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hätte dem Ersten, der ihm Informationen brachte, eine Belohnung versprochen …
    Sie begriffen, dass der Emir in der Tat diese Strategie verfolgt hatte, als sie den Fuß ins nächste Dorf setzten, das zwei Tagesmärsche von der Südstraße, von der Tränenstadt und vom Joar - dem Fluss, der durch die Stadt floss - entfernt lag. Der erste Bauer, dem sie begegneten, erstarrte bei ihrem Anblick und wechselte dann nur wenige Worte mit ihnen, bevor er die Straße hinunter verschwand. Als sie die ersten Häuser erreichten, wandten sich Blicke ab, und Gespräche kamen abrupt zum Erliegen.
    Sie planten ihr weiteres Vorgehen, ohne haltzumachen. Marikani wollte keine Minute verlieren, um möglichen Boten keinen Vorsprung zu verschaffen. Sie waren bemerkt worden, daran konnte kein Zweifel bestehen, aber was sollten sie jetzt tun? Einen anderen Weg einschlagen? Das hätte eine neue Flucht und neuerliche Verfolgung bedeutet, der sie diesmal vielleicht nicht entkommen würden.
    Sie beschlossen, sich zu beeilen, und beteten darum, dass sie sich unter den Schutz des Bürgermeisters der Tränenstadt würden begeben können, bevor die Soldaten sie einholten.
    Eine Meile vor der Stadtgrenze bemerkten sie eine Gruppe von Männern hinter sich. Bauern, die rasch wieder verschwanden, sich aber bewusst hatten sehen lassen, wie um zu zeigen, dass ihnen der Rückweg versperrt war.
    Dann überquerten sie einen letzten Hügel und sahen die sprudelnden Fluten des Joar vor sich.
    Sie waren nicht mehr allein.
     
    Im Norden befand sich ein Trupp Reiter des Emirs und beobachtete sie. Auf einer Brücke wartete eine Delegation Adliger, die in die Farben der Tränenstadt gekleidet waren.
    Daneben trieb ein Boot auf dem Wasser des Flusses.
    Und alle Blicke waren auf sie gerichtet.
    »Wer sind diese Leute?«, flüsterte Mîn.
    Marikani nahm ihn sanft an die Hand. »Mach dir keine Sorgen. Alles wird gut werden.«
    Sie stiegen langsam den Hügel hinab.

KAPITEL 6
    Einige Schritte von der Straße zur Tränenstadt entfernt blieben sie, die Füße im Schlamm, stehen. Die Südstraße, die sie vor einer Ewigkeit überquert hatten, um in die Heide zu gelangen, setzte ihren Weg zur Stadt fort. Sie verlief weiter über eine breite Holzbrücke, die, wie Arekh wusste, mehrfach hatte wiederaufgebaut werden müssen, wenn sie vom Hochwasser oder den Launen des Flusses Joar zerstört worden war. Die Straße, auf der sie gekommen waren, führte weiter nach Osten, um sich dann in den Hügeln zu verlieren und sich in Feldwege aufzuspalten, die von den Bauern der Gegend genutzt wurden.
    Aber an diesem Ort bildete sie die Grenze zwischen dem Emirat und der Tränenstadt.
    Die Grenze. Es war eine seltsame Macht, die die Menschen ein paar Metern Erde und Kies verliehen hatten.
    Und die die Menschen ihnen jederzeit wieder entziehen konnten.
    Vor der Brücke wartete die Delegation. Zur Linken wiegte sich auf dem trägen Wasser des Flusses noch immer die rot und ockerfarben gestrichene Barke. An Bord waren etwa zwanzig Männer, die ebenfalls in rötliche, verwaschene Farben gekleidet waren. Nahe beim Mast war die Gestalt einen großen Mannes mit langem Haar auszumachen.
Er war mit verschränkten Armen und arroganter Miene auf einige Kisten gestiegen, als hielte er sich für überlegen und losgelöst von der Situation.
    Auch er wartete.
    Die Reiter des Emirs hatten sich aufmerksam an der Grenze postiert. Nur ihre Pferde tänzelten; das ein oder andere kurze Wiehern durchbrach die Stille.
    In die Delegation kam Bewegung. Der grauhaarige Sprecher, dessen orangefarbener Umhang schon von weitem zu sehen gewesen war, zog eine Schriftrolle hervor und entrollte sie. Er räusperte sich; in dem angespannten Schweigen war das Geräusch deutlich zu hören.
    »Aya Eola Taryns Marikani, offizielle Thronprätendentin von Harabec, Tochter der Ayini Eloïne aus dem schwarzen Blute des mächtigen Arrethas, dessen Wohlwollen wir erflehen - ich grüße dich.«
    Der Bürgermeister , begriff Arekh plötzlich. Nur er konnte Marikani als Gleichrangige begrüßen.
    Eine kurze Pause trat ein, und Arekh fragte sich, ob der Bürgermeister erwartete, dass Marikani ihn ihrerseits begrüßte. Wenn das der Fall war, hatte er sich verschätzt. Marikani rührte sich nicht. Sehr aufrecht stand sie da und wartete, den Blick starr auf das Gesicht des Mannes gerichtet.
    »Die Tränenstadt und Harabec haben immer fruchtbare und freundschaftliche Beziehungen miteinander unterhalten, und unter anderen Umständen

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