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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zusammenfuhr und ein leises Wimmern ausstieß, ließ sie ihn
jedoch sofort wieder los und blickte entsetzt auf seine
Rechte hinab. Obwohl er die Hand nur für einen kurzen
Moment in die Glut gehalten hatte, hatten die Flammen
seine Haut geschwärzt und hier und da bildeten sich bereits große, hässlich nässende Brandblasen. Der Schmerz
schien jetzt, als er die Hand nicht mehr ins Feuer hielt, wie
eine Woge durch seine Arm zu rasen.
»Wahnsinn«, wimmerte Gwinneth. »Das … das ist doch
Wahnsinn!«
»Ich wollte das nicht«, murmelte Lancelot. »Bitte glaub
mir, Gwinneth. Ich … ich hatte nur Angst um dich, und
…«
Gwinneth legte ihm sanft Zeige- und Mittelfinger auf die
Lippen, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Ich weiß«,
sagte sie leise. »Es ist nicht deine Schuld.«
Erneut richtete sich Lancelot halb auf, machte aber jetzt
keinen Versuch mehr, die Hand ins Feuer zu strecken.
Vielleicht hatte Gwinneth sogar Recht, doch das machte es
nicht besser. Lancelot wusste, dass er sich niemals im Leben würde verzeihen können, was er getan hatte.
»Was ist nur aus uns geworden?«, fragte er.
»Vielleicht das, was wir von Anfang an waren«, antwortete Gwinneth. Sie sah noch einmal auf seine verbrannte
Hand hinab, dann stand sie auf und trat wieder ans Fenster. »Wir hätten niemals hierher kommen dürfen, Lancelot. Du nicht. Ich nicht. Artus nicht und vielleicht nicht
einmal Merlin. Keiner von uns. Wir haben den Menschen
dieser Welt nur Unheil und Leid gebracht.«
»Dann sollten wir vielleicht gehen«, sagte Lancelot.
Gwinneth wandte den Kopf und sah ihn ernst an. »Und
was wird aus Sean und den anderen?«
»Artus wird ihnen nichts tun. Er gehört nicht zu denen,
die ihren Zorn an Unschuldigen auslassen.«
»Nein«, antwortete Gwinneth. »Sicher nicht.« Sie blieb
noch einen Moment lang reglos so stehen, dann nickte sie
kaum merklich und sagte leise und mit einem bitteren,
traurigen Lächeln auf dem Gesicht: »Komm Lancelot.
Gehen wir nach Hause.«
    Sturm und Kälte empfingen sie mit eisigem Geheul, als sie
Tintagel durch das schmale Schlupftor auf der Rückseite
verließen. Um Haaresbreite hätte ihre Flucht geendet,
noch bevor sie richtig begonnen hatte, denn die Tür erwies
sich nicht als verschlossen – damit hatte Lancelot beinahe
gerechnet – sondern als zugemauert.
    Sean hatte ihm nichts davon gesagt, als er sich wegen
der zugesperrten Tür beschwert hatte, aber er hatte offensichtlich Vorkehrungen getroffen, um neuen etwaigen
Alleingängen vorzubauen. Wo Lancelot eine verschlossene Tür erwartete, da erhob sich eine frisch gemauerte
Wand aus roten Ziegelsteinen.
    Gottlob war die Arbeit ebenso schnell wie schlampig
ausgeführt worden. Trotz der pochenden Schmerzen, mit
denen die versengte Hand die Bewegung quittierte, zog
Lancelot das Schwert und hieb mit aller Gewalt auf die
Mauer ein. Schon zwei, drei Schläge der Runenklinge
reichten um einen der Ziegel herauszubrechen, und danach
war es nur noch eine Frage weniger Minuten, in denen er
das Schwert als Hebel benutzte, um die so entstandene
Lücke zu erweitern, bis sie schließlich groß genug war,
dass Gwinneth und er sich hindurchquetschen konnten.
Die Tür, die sich dahinter befand, war unverschlossen –
wozu auch? –, aber Lancelot zertrümmerte den Riegel
dennoch mit einem fast trotzigen Schlag des Runenschildes und sprengte sie dann mit einem Fußtritt auf.
    Das Schwert noch immer in der Hand und den Runenschild wieder am linken Arm befestigt, trat er als Erster
auf den schmalen Pfad hinaus und sah sich hastig nach
beiden Seiten um. Artus hatte bisher Wort gehalten und
seine Truppen die Festung noch nicht stürmen lassen, aber
das bedeutete nicht automatisch, dass er leichtsinnig wäre.
Lancelot an seiner Stelle jedenfalls hätte auch Männer auf
die Rückseite Tintagels geschickt, und sei es nur zur Vorsicht.
    Im Moment jedoch waren sie allein. Die Nacht war zu
dunkel, um weiter als ein oder zwei Dutzend Schritte sehen zu können, doch Lancelots Augen waren weitaus
schärfer als die eines normalen Menschen, so wie alle seine Sinne, und er spürte, dass sie allein waren. Im ersten
Moment war er keineswegs beruhigt, sondern eher misstrauisch – wenn es außer Gwinneth und Uther noch einen
Menschen auf der Welt gab, der mit Sicherheit um diesen
geheimen Ausgang und den Pfad hinunter zur Höhle des
Magiers wusste, dann Artus – aber es blieb dabei: Hier
war niemand.
    Er bedeutete Gwinneth mit

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