Runenschwert
gelogen.
Wir gingen zu unserem Zeltlager zurück. Der Ziegenjunge wich nicht von meiner Seite und hatte seine Hand fest am Saum meines Kettenhemds, doch ich dachte nur an Svala, an ihre roten Wangen, an ihre Lippen, und wie sie mit einem kleinen Pfiff eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht blies.
» Wunderbar«, hatte sie gesagt.
Die ganze Nacht konnte ich den Geruch der Rumman-Frucht nicht aus der Nase bekommen – und als wir endlich in unser bescheidenes Lager stolperten, offenbarten die Götter uns den Preis dafür, dass man eine Hexe getötet hatte. Der Mann, dem ich befohlen hatte, auf Martin aufzupassen, beichtete, dass er für einen Moment aus dem Zelt geschlüpft war – wirklich nur für einen Moment –, um zu pissen, denn der Gefangene war ja gefesselt.
Als er zurückkam, war der Mönch verschwunden.
KAPITEL 11
Das Klappern der hölzernen Ziegenglöckchen und das Blöken der Kamelkälber weckten mich aus meinem Traum, der zerstob wie Sprühnebel am Bug. Das Morgenlicht warf bereits Schatten hinter dem schützenden Felsen, wo wir gelagert hatten.
Die Männer wickelten sich gähnend aus ihren Umhängen, streckten sich und furzten. Zwei Feuer knisterten bereits, und Aliabu, unser Führer, warf feuchten Teig zwischen den Händen hin und her, um schließlich auf den heißen Steinen dünne Brotfladen daraus zu backen. Er grinste, sein Gesicht schien nur aus Augen und weißen Zähnen zu bestehen. In der Nähe hockte Finn an einem weiteren Feuer und rührte in einem Topf mit Haferbrei; er bevorzugte ein nordisches Frühstück.
Der kleine Eldgrim, in Kettenhemd und Robe, kam angeschlendert, als ich mich gerade aus meinem Umhang rollte und dabei endlich den verfluchten Stein fand, der mich die ganze Nacht gedrückt hatte.
» Du siehst aus wie ein Kamelarsch, Händler«, brummte er freundlich und hockte sich ächzend hin. Er reckte den Hals, um in Finns Topf zu schauen, und Finn drohte ihm mit dem Holzlöffel.
» Ausgerechnet du musst das sagen«, gab ich zurück, » du hast doch selber ein Gesicht wie eine zerknautschte Landkarte.«
Der Hirtenjunge brachte mir arabisches Fladenbrot und heiße Ziegenmilch, worüber einige der Männer sich amüsierten. Der Junge, noch immer blass und etwas wackelig auf den Beinen, hatte sich geweigert, bei Gisur und den anderen sechs zu bleiben, die wir als Wachen auf der Fjord Elk zurückgelassen hatten. Die Eingeschworenen bewunderten seine Tapferkeit und hatten ihren Spaß daran, mich zu necken, weil er mir nachlief wie ein treues Hündchen. Ich trank seine heiße Milch, musste aber die Fliegen ausspucken, die sich bereits zu dieser frühen Stunde auf alles Essbare stürzten.
Die meisten unseres Trupps waren schon beim ersten Morgengrauen wach geworden und hatten ihre Rüstungen angelegt, über die sie die wallenden Roben der Beduinen zogen. Die Helme ließen sie wie Töpfe vom Gürtel baumeln, stattdessen trugen sie Turbane, die auf fremdländische Art um den Kopf gewickelt wurden, eine Aufgabe, die Aliabu und seine Brüder Asil und Delim jeden Morgen für die gesamte Truppe übernehmen mussten.
Das war Aliabus Idee gewesen, auch die Handvoll Ziegen und Kamele, die unsere Ausrüstung trugen, denn dadurch sahen wir in dem Land, durch das wir zogen, fast wie echte Sarazenen aus. Zwar hatten wir bisher nicht viele andere Menschen gesehen, und die wenigen, denen wir begegnet waren, waren gleich davongerannt. Verwüstete Bauernhöfe, abgebrannte Häuser, Zerstörung und Tod – wie in jedem Krieg hatten die Schwachen den größten Schaden davongetragen.
Jetzt, acht Tage nachdem wir Antiochien verlassen hatten, waren wir an den Spähern von Miklagard vorbei, die die Gegend durchstreiften, und die beiden verwüsteten Bauernhöfe, die wir vorgefunden hatten, waren von den Sarazenen selbst zerstört worden, die sich inzwischen gegenseitig bekämpften. Ich dankte den Göttern, dass wir immerhin besser ausgerüstet waren als jemals zuvor.
Jarl Brand hatte sich als wahrhaft großzügig erwiesen. Vor versammelter Mannschaft – vor unseren und seinen eigenen Leuten und dem kläglichen Rest von Skarpheddins Gefolge – hatte er seine volle Unterstützung zugesagt und uns angewisen, dass wir uns von der Beute, die auf dem Schlachtfeld eingesammelt worden war, Speere, Äxte, Helme, Schilde und unschätzbar kostbare Kettenhemden aussuchen durften.
Es waren auch ein paar Schwerter darunter, aber deren Verteilung hatte er mir überlassen – die edle Geste eines Jarls, die auch nicht
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