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Runenschwert

Runenschwert

Titel: Runenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Low Robert
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hinein, und ehe wir es verhindern konnten, wurde die hölzerne Doppeltür krachend zugeschlagen. Ich fluchte, weil die anderen schon viel zu sehr damit beschäftigt waren, die Toten auszurauben, als sich darum zu kümmern.
    Ich humpelte ins Licht des Feuers und sah, dass meine Hose zerrissen und blutig war. Sighvat trat zu mir.
    » Verwundet, Händler?«, fragte er grinsend, und ich sah ihn mürrisch an. Ein schöner Jarl, der wie eine kleine Rotznase seine verschrammten Knie betrachtet.
    » Wir müssen die da rausholen«, sagte ich und deutete auf die Kirche.
    Er überlegte einen Moment, betrachtete die dicken Balken und die mit Nägeln beschlagene Tür, dann sagte er: » Schöne Tür. Wird bestimmt gut brennen.«
    » Das wird aber auch alles andere drinnen in Brand setzen, auch das, was wir suchen«, erwiderte ich. » Es sollte mich freuen, wenn wir die Waffen und die übrige Beute woanders entdecken, aber ich an ihrer Stelle hätte alles dort versteckt.«
    » Stimmt«, sagte Sighvat nachdenklich. Er nahm seinen Lederhelm ab und kratzte sich den Kopf. Aus der Dunkelheit, von jenseits des Feuers, drangen Schreie und Stöhnen zu uns.
    » Ich wollte dir nur sagen, Orm«, sagte Bruder Johannes, der atemlos angetrabt kam wie ein erschöpfter Hirtenhund, » dass wir uns keine Sorgen mehr darum machen müssen, was wir mit Starkads Männern anfangen sollen.«
    Mit einer Kopfbewegung deutete er auf ein Haus hinter sich, ein Gebäude mit festen Mauern und einer Tür. Er führte uns hin. Nach den Abfällen davor zu urteilen, eine ehemalige Lederwerkstatt. Darin lagen Starkads Männer, elf blasse, nackte Leichen, blutüberströmt und von Fliegen umschwärmt.
    » Sie haben sie bis hierher gebracht, nur um sie zu töten?«, murmelte Sighvat ungläubig.
    » Nein, es war anders«, erklärte Bruder Johannes. » Sie haben sie kastriert, weil sie sie als Sklaven verkaufen wollten, aber sie haben es ungeschickt angestellt. Zwei sind gleich verblutet, aber die anderen haben sie hinterher losgebunden, wahrscheinlich, damit sie ihre Wunden versorgen konnten. Sie sind erwürgt worden, und einer ist an einer schweren Kopfverletzung gestorben.«
    Er richtete sich auf und wischte die Hände an seiner Tunika ab. » Wenn ihr mich fragt«, meinte er finster, » glaube ich, dass die, die es überlebt haben, sich mit ihren Lederfesseln gegenseitig erwürgt haben und der Letzte dann solange seinen Kopf gegen die Wand schlug, bis er auch tot war.«
    » Ist Starkad auch dabei?«, wollte Radoslaw wissen. Die Stille, die eintrat, war Antwort genug. Bedrückt starrten wir vor uns hin; ein metallischer Blutgeruch breitete sich aus, das Summen der Fliegen wurde immer lauter.
    Ihr Schicksal vor Augen hatten sie lieber den Tod gewählt. Einen Tod, der sie nicht nach Walhall bringen würde, sondern, da sie keine Waffen in den Händen hielten, auf direktem Weg nach Helheim. Besonders schlimm war es für den Letzten von ihnen, der sich selbst umgebracht hatte. Ein Mann, der nicht völlig unversehrt war, konnte nicht über die Regenbogenbrücke in die Halle der Götter eingehen, um dort auf Ragnarök zu warten. Auch ich hatte mich schon damit abgefunden, denn ich hatte zwei Finger meiner linken Hand verloren, und es war mein Wyrd, dass ich die Regenbogenbrücke nie sehen würde.
    Ich machte ein Abwehrzeichen, falls hier in der Dunkelheit irgendwo eine Fylgja lauerte, denn mit Hild hatte ich in Attilas Grabhügel bereits eine kennen gelernt. Zusätzlich bekreuzigte ich mich, aber Bruder Johannes war ohne zu zögern auf dem blutgetränkten Boden niedergekniet, um für die Seelen der Toten zu beten.
    Ich fragte mich, ob die Toten wohl Christus oder Odin gefolgt waren, denn wie mir schien, war der Christengott viel eher zur Vergebung bereit und würde sie in seine Halle aufnehmen, egal ob sie ihre Eier noch hatten oder nicht. Oder alle ihre Finger. Dann verscheuchte ich den Gedanken wieder, denn Walaskialf, Odins Halle, stand mir offen, und das genügte mir. Es gab viele Hallen und Paläste in Asgard, die tote Helden willkommen hießen, ob unversehrt oder nicht.
    Finn und die anderen kamen hinzu, und wir berichteten ihnen von der Tragödie, die sich hier abgespielt hatte. Damit war das Schicksal der Männer in der Kirche besiegelt, denn auch wenn Starkads Männer Feinde gewesen waren, sie waren Nordmänner gewesen und hatten so eine Behandlung nicht verdient.
    » Hier werden zu vielen Männern die Eier abgeschnitten, das gefällt mir nicht«, murmelte Kol. »

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