Runenschwert
großen unterirdischen Raum endete, der feucht und kalt war.
» Wo sind wir bloß?«, fragte Finn. Bruder Johannes sah sich um.
» Unter der Arena«, sagte er. » Hierher hat man früher vielleicht die Tiere zum Kämpfen gebracht. Dieser Teil wäre dann abgetrennt gewesen …«
Das glaubte ich nicht, denn ich roch Fäulnis und Feuchtigkeit und sah das riesige, rostige Rohr und das Rad daran. Als ich Bruder Johannes darauf aufmerksam machte, tat er einen leisen, überraschten Pfiff.
» Du hast recht, Orm. Hier unten war das Wasser, das sie brauchten, wenn sie die Arena zu einem See fluten wollten. Wenn wir uns umsehen, würden wir vielleicht auch noch die alten Pumpen finden.«
» See? Was für ein See?«, wollte Radoslaw wissen.
Bruder Johannes erklärte, dass die Männer früher auch gegen Wale oder Haie kämpfen mussten, oder sie kämpften vom Boot aus, und dazu konnte die Arena überflutet und in einen See verwandelt werden, hinterher ließ man das Wasser wieder ab. Radoslaw und Finn blieb der Mund offen stehen ob des Erfindungsreichtums der alten Römer.
Dann entdeckte Finn einen Mann, bei dem man Wetten abschließen konnte. Wie er ihn erkannte, weiß ich nicht, denn mit seinen Narben und der platten Nase sah er aus wie jeder andere hässliche Kerl. Finn sagte etwas zu ihm, zog dann ein paar Münzen heraus und gab sie ihm, dafür bekam er eine weitere Holzmarke. Dann entdeckte ich die abgesteckte Kampfbahn und die Eimer und Besen, die zum Wegspülen des Blutes bereitstanden.
Die Menschen liefen noch durcheinander und waren sogar nach oben auf die Galerie gestiegen, von wo aus die Pumpen und die Einlassventile bedient wurden. In dem unterirdischen Raum hallte es wider wie Bienengesumm. Dann wurde es lauter, und als Finn zu uns kam, hörten wir den Klang von schweren Ketten, die über den Boden geschleift wurden.
» Auf wen hast du gesetzt?«, fragte Radoslaw laut, um die plötzlich aufjubelnde Menge zu übertönen. Ein Mann trat vor und kündigte den ersten Wettkampf an, ein Kampf zwischen zwei Schwertkämpfern und niemand geringerem als … der Mächtigen Klinge.
Die Wände hallten wider vom frenetischen Gebrüll der Menge. Wieder das Schleifen der Ketten, und dann sah ich zwei Schwertkämpfer, die Fußknöchel mit kurzen Ketten gefesselt, außerdem auch mit etwa vier Fuß langen Ketten am Handgelenk miteinander verbunden. Sie trugen Lendenschurze, dazu altmodische griechische Helme mit Büscheln aus Pferdehaar. Ihre Ausrüstung bestand aus kurzen Schwertern und runden Schilden, und auf ihren Gesichtern sah man die Verzweiflung der Todgeweihten.
Ein Ausbilder, der nichts weiter als eine kurze griechische Tunika trug – offenbar wollte man die griechische Tradition hochhalten –, zerrte sie herein, und jemand schrie: » Zeigt uns einen guten Kampf, ihr Bastarde! Ic h ha be drauf gesetzt, dass ihr’s der Mächtigen Klinge zeigt!«
» Nicht, wenn die Nornen etwas mit diesem Wyrd zu tun haben«, lachte Finn, » denn ich habe auf die Klinge gesetzt. Ich glaube, seine Chancen stehen nicht schlecht, denn der Mann, der die Wetten annimmt, sagte, er sei ein geschickter Axtkämpfer, der gleichzeitig gegen zwei mit kurzen Schwertern kämpft. Das gewinnt ein guter Axtkämpfer immer.«
Es stank nach rußenden Fackeln, Schweiß und fauligem Atem. Die Mächtige Klinge betrat auf der anderen Seite den Kampfplatz, nackt bis auf den Lendenschurz, die Kette an den Fußgelenken und eine langstielige Dänenaxt.
Unter der langen, unordentlichen Haarmähne wirkten seine Schultern wie lebende Tiere, als er die Axt von einer Hand in die andere warf, sein ganzer Körper schien ein einziges Muskelpaket zu sein. Ich musste daran denken, was Kvasir einmal gesagt hatte: Er hatte sogar Muskeln in den Augenlidern.
» Das ist ja Botolf«, rief Finn aus und sah mich entsetzt an. » Der große Botolf.«
Sprachlos starrten wir ihn an. Es war Botolf. Den wir zuletzt vor zwei Jahren an Deck des letzten Langschiffs gesehen hatten, das den Namen Fjord Elk getragen und sicher vertäut im Hafen von Holmgard gelegen hatte. Und wenn er hier war … Ich sah mich um, vielleicht war die restliche Mannschaft ja auch hier, alle die, denen wir Nachricht geschickt und auf die wir in Miklagard gewartet hatten.
» Vielleicht würde der lanista ihn uns verkaufen?« Bruder Johannes’ Stimme klang unsicher.
» Was ist ein lanista?«, fragte Radoslaw und Bruder Johannes zeigte auf den Mann, der die Ketten der beiden Schwertkämpfer in der Hand
Weitere Kostenlose Bücher